Die Internationale Raumstation ISS:Die Raumstation - ein Selbstläufer

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Jeanne Rubner

(SZ vom 29.1.1998) Wenn heute in Washington D.C. Minister und Raumfahrt-Chefs zahlreicher Länder die Internationale Raumstation per Unterschrift besiegeln, dann ist die Menschheit erst einmal um 100 Milliarden Dollar ärmer. Soviel wird es kosten, die Insel im All zu bauen und etwa zehn Jahre lang zu betreiben. Ein paar Milliarden sind freilich schon ausgegeben, doch den Hauptteil der Summe werden die beteiligten Länder noch aufbringen müssen.

Als Wunderwerk verkauft

Die Station, die sieben Astronauten Platz für Experimente bieten soll, wird derzeit von der US-Raumfahrtbehörde Nasa als Wunderwerk verkauft. Doch bislang hat das Wunderwerk vor allem durch Verzögerung und explodierende Kosten von sich reden gemacht. Ursprünglich sollte die Station schon seit 1992 den Globus umrunden, acht Milliarden Dollar waren für Bau und Entwicklung vorgesehen. Mit weiteren Verzögerungen ist zu rechnen, denn der Terminplan des Space Shuttles, das Teile der Station ins All hieven soll, ist äußerst eng.

Financiers überfordert

Verschiebungen wird es wohl auch deshalb geben, weil die Raumstation ihre Financiers überfordert. Die Russen leiden bekanntermaßen unter chronischem Geldmangel. Aber auch die Nasa muß sparen und hat bereits zahlreiche andere Projekte zugunsten der Raumstation geopfert. Die Stimmung in den USA ist keineswegs enthusiastisch.

Vision - Nüchtern betrachtet

Aber die Vision? werden manche fragen. Die faszinierende Vision, 400 Kilometer über der Erde im kargen All eine kleine menschliche Kolonie zu haben - soll die gar nicht mehr zählen? Sicher übt das größte Gemeinschaftsprojekt der Technikgeschichte eine gewisse Faszination aus. Doch nüchtern betrachtet fällt es gegen die - vor 25 Jahren wahrlich spannenden - Reisen zum Mond ab: Es gibt bereits eine (kleinere) Unterkunft im All, die russische Mir, die seit über zehn Jahren ihre Runden dreht.

Die internationale Station würde mehr Platz für Experimente bieten, heißt es, doch mittlerweile glaubt kaum ein Forscher mehr an die großartigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sich im All sammeln lassen, an Superkristalle oder hochfeste Materialien. Man beteiligt sich vielmehr, weil die anderen mitmachen, und weil die Raumfahrtagenturen sich selbst am Leben halten wollen. Das Projekt ist zum Selbstläufer geworden, den niemand stoppen kann.

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