Der Urvater aller Roboter:Automatisch seit 2000 Jahren

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Bereits der antike griechische Ingenieur und Mathematiker Heron hat einen programmierbaren Roboter gebaut. Eingesetzt wurde das Gerät ausgerechnet im Theater.

Wolfgang Blum

Wann der erste programmierbare Roboter gebaut wurde? Vor 20 Jahren? Oder vor 50? Weit gefehlt, sagt Noel Sharkey.

Der Professor für Künstliche Intelligenz und Robotik in Sheffield, der an einem Buch über die Geschichte der Roboter arbeitet, schreibt die Erfindung Heron zu.

Der griechische Ingenieur und Mathematiker lebte vor etwa 2000 Jahren in Alexandria und ist noch heute berühmt für seine Konstruktionen.

Er hat automatische Türen für Tempel entwickelt, hat ein Gerät gebaut, das nach Einwurf einer Münze Weihwasser spendete, und den Heronsball, einen Vorläufer der heutigen Wärmekraftmaschinen.

Was der britische Autor Sharkey als Urvater aller Roboter bezeichnet, war ein dreirädriger Wagen für Theateraufführungen. Gesteuert wurde er über ein ausgeklügeltes System mit Seilen. "Herons Art, mit Seilen zu programmieren, war einzigartig in der Geschichte", sagt Sharkey.

Den Antrieb des Theaterwagens besorgte ein Gewicht, das an zwei Seilen in einem hohlen Zylinder aufgehängt war. Die Seile wurden um die Vorderachse des Gefährts gewickelt. Sank das Gewicht, wurde das Seil auf der Achse abgewickelt - das Gefährt kam vorwärts. Um ihn längere Zeit fahren zu lassen, musste das Gewicht entweder aus großer Höhe oder gebremst fallen.

Heron entschied sich für Letzteres und füllte den Zylinder mit Weizenkörnern. Die Körner rannen aus einem Loch im Boden des Zylinders langsam heraus. Das auf ihnen liegende Gewicht sank dadurch verzögert und hielt den Wagen eine ganze Weile in Bewegung.

Pflöcke bestimmen die Fahrtrichtung

Um nicht nur geradeaus fahren zu können, trennte Heron die Vorderachse in zwei Teile und wickelte um jede Hälfte eines der beiden Seilenden. Die Aktionen des Vehikels ließen sich programmieren, anhand kleiner Pflöcke, die in den Achsenabschnitten steckten.

Um einen solchen Pflock konnte Antriebsseil herumgeschlungen werden, was die Fahrtrichtung des Wagens änderte. Weil der Teil der Achse für kurze Zeit in Gegenrichtung lief drehte das Gefährt eine Kurve. Passierte das auf beiden Achsenabschnitten gleichzeitig, begann der Wagen sogar rückwärts zu fahren.

Heron konnte seinen Theaterwagen auch anhalten und danach wieder losfahren lassen. Dazu klebte er mit Wachs eine leere Seilschlaufe an die Achse. War das Seil bis zu dieser Stelle abgewickelt, wurde es vom Wachs losgerissen und das Gewicht sank so lange, ohne den Wagen anzutreiben, bis das lose Stück Seil verbraucht war. Herons Ideen seien "so elegant, dass sich mir die Haare im Nacken aufstellten, als ich sie las", schwärmt der Forscher Sharkey.

Grundlage einer einfachen Programmiersprache

Den Theaterwagen bezeichnet er als programmierbaren Roboter, weil er selbstständig über die Bühne rollte und sich seine Fahrt durch das Einschlagen von Pflöcken und das Legen der Seile im Vorhinein festlegen ließ. "Ein Programm ist einfach eine Reihe von Anweisungen, die einer Maschine vorschreiben, was sie tun soll", argumentiert der englische Robotiker. Herons Seilkonstruktion bilde die Grundlage einer einfachen Programmiersprache, ergänzt Sharkey.

In seinem Buch, das von der Konstruktion von Automaten handelt, beschreibt Heron, wie die Seile genau zu schlingen sind, um den Theaterwagen Kreise beschreiben oder ihn in Schlangenlinien vorwärts kurven zu lassen. "Die verschiedenen Möglichkeiten, ihn zu programmieren, erscheinen endlos", urteilt Sharkey.

Schon zu Herons Zeit existierte allerdings eine lange Tradition von Maschinen im Theater. Seine Vorgänger hätten ihre Konstruktionen aber nicht genau genug beschrieben, damit man sie nachbauen konnte, schreibt Noel Sharkey in seinem Buch, das demnächst erscheint.

Schon Aristoteles hatte im vierten vorchristlichen Jahrhundert über automatische Puppen und Kinderwagen berichtet. Möglicherweise ist der erste programmierbare Roboter daher sogar noch älter als 2000 Jahre.

© SZ vom 24.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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