Der Kuckuck kommt zu spät:Alle Nester sind schon voll

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Dank Klimawandel kommen viele Zugvögel früher aus den Winterquartieren zurück. Der Kuckuck allerdings schert sich nicht darum - das könnte ihm zum Verhängnis werden.

Hanno Charisius

Das Frühlingslied "Alle Vögel sind schon da..." kann man heute getrost ein paar Wochen früher anstimmen als noch vor Jahrzehnten.

Hier hat es noch geklappt - ein junger Kuckuck lässt sich von einem Teichrohrsänger füttern. (Foto: Foto: dpa)

Der Klimawandel bewirkt, dass die Zugvögel inzwischen zeitiger aus ihren Winterquartieren gen Norden fliegen. Nur ein paar scheren sich nicht um die Veränderung - unter ihnen der Kuckuck, vom Naturschutzbund Nabu zum Vogel des Jahres 2008 gekürt. Er reist heim wie gewohnt. Und das könnte ihm zum Verhängnis werden, warnen Vogelschützer.

"Wenn der Kuckuck seine Eier in fremde Nester legen will, dann kommt er zu spät", sagt Anne Schneider vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Bayern.

Weil der Brutparasit weder vom Nestbau noch von der Brutpflege Ahnung hat, legt er seine Eier heimlich in die Nester anderer Vögel. Seine Wirtsvögel, so nennen Experten die unfreiwilligen Zieh-Eltern, könnten aber schon mit dem Brüten beschäftigt sein, wenn der Kuckuck wie gewohnt erst Mitte April anreist. Für das Kuckucksweibchen wäre es dann unmöglich seine Eier unbemerkt ins fremde Gelege schmuggeln.

Plausibles Bedrohungsszenario

Die Bedrohung des Kuckucks durch den Klimawandel sei zwar noch nicht im einzelnen untersucht worden, sagt Wolfgang Fiedler, Leiter der Vogelwarte Radolfzell, die zum Max-Planck-Institut für Ornithologie gehört. Doch sei das Bedrohungsszenario, das Verbände wie der Nabu zeichnen, durchaus plausibel.

"Bislang ist das nicht mehr als eine Hypothese", sagt auch Nabu-Vogelschutzexperte Markus Nipkow. In den vergangenen zehn Jahren sei der europäische Kuckucksbestand zwar um 25 Prozent geschrumpft. Welchen Anteil das träge Rückreiseverhalten des Kuckucks daran habe, sei aber unklar.

Doch wisse man, dass es zu solchen "Desynchronisationen" zwischen dem angeborenen Verhalten einer Art und veränderten Umweltbedingungen kommen könne.

Ein Beispiel dafür liefert der Trauerschnäpper, der wie der Kuckuck in Afrika überwintert. Er kommt zwar inzwischen etwa zehn Tage früher in den Norden, und doch trifft er zu spät in seinen angestammten Brutgebieten ein, um das Nahrungsangebot - überwiegend Raupen - noch optimal für seine Jungen nutzen zu können.

Vom Aussterben sei der Kuckuck trotz des drastischen Rückgangs derzeit nicht bedroht, sagt Nipkow. Ornithologe Wolfgang Fiedler findet es nachvollziehbar, dass Nabu und LBV etwas Aufmerksamkeit für den Vogel des Jahres erzeugen wollen.

Außerdem sei es wichtig, auf solche komplizierten Zusammenhänge hinzuweisen. Kommt dann ein Kuckuckweibchen wirklich zu spät, um noch ein unbewachtes Nest für seine Eier zu finden, müsse es sie irgendwo ablegen. Das hieße, dass ihr Gelege "ganz sicher keine Chance zum Überleben habe".

© SZ vom 10.04.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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