Das Jesus-Foto:Muschelseidene Wahrheiten

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Mit Spaß am Mysteriösen illustriert ein Film die angebliche Herkunft einer Reliquie.

Arne Lieb

Ein Dorf in den italienischen Abruzzen beherbergt einen Schatz, ein leicht durchschimmerndes Tuch aus Muschelseide, auf dem von beiden Seiten das Gesicht eines jungen Mannes zu sehen ist.

Das "Schweißtuch der Veronika" in Manoppello. (Foto: Foto: Reuters)

Manche glauben, der junge Mann sei Jesus Christus, dessen Antlitz sich auf wundersame Weise in den Stoff geprägt hat. Damit wäre das Tuch also eine Art Jesus-Foto, so der etwas ungelenke Titel der Dokumentation von Friedrich Klütsch.

Die Reliquie bietet reichlich Erzählstoff für einen Film, wie ihn das ZDF derart seit 2001 anlässlich hoher Feiertage zeigt, mit dem Anspruch, wissenschaftlich korrekt über die christliche Kultur zu informieren. Legenden ranken sich um ihre Entstehung.

Im Fall des muschelseidenen Tuches meinen manche Gläubige, es handele sich um das Schweißtuch, mit dem die barmherzige Veronika Jesus auf dem Kreuzweg erfrischt hat. Andere glauben, es sei das Leichentuch Jesu. Unklar ist, wie das Tuch in das Dorf gelangte, wo es der Vatikan ignorierte, bis es Papst Benedikt im letzten Jahr auf einer Pilgerreise würdigte.

Der Film aber verheddert sich in dem Material, weil er keinen eigenen Standpunkt findet, sondern alle möglichen Positionen vorstellt, ohne zu werten oder einzuordnen.

Da stehen die Ergebnisse von Wissenschaftlern, die die Fadenstruktur untersuchen oder das Bild auf dem Tuch einer Kunstepoche zuzuordnen versuchen, neben den Theorien von glaubensgeleiteten Laienforschern, die zu beweisen versuchen, dass das Antlitz nicht von Menschenhand auf das Tuch gelangt sei.

Mit spürbarem Spaß an der prächtigen Illustration des Mysteriösen, an Spielszenen in alten Gemäuern bei Kerzenschein, werden Legenden erzählt, ohne dass man viel über den Konflikt um die Reliquienverehrung innerhalb der katholischen Kirche erfährt.

Der Nebel aus Wissen und Glauben, der das Tuch umgibt, ist nach verwirrenden knapp 60 Minuten nicht durchschaubarer geworden. Der Film rettet sich mit einem Kompromiss: Diese Reliquie ist ein von Menschen gefertigtes Kunstwerk, so viel ist bewiesen. Alles andere kann man glauben oder nicht.

Das Jesus-Foto oder das Geheimnis von Manoppello, ZDF, Karfreitag, 18 Uhr.

© SZ vom 4.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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