Chikungunya-Virus:Schmerzhaftes Souvenir

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Auf auf den Inseln im Indischen Ozean südlich des Äquators wütet ein von Medizinern CHIK abgekürztes Leiden. Inzwischen erkrankten auch deutsche Tropenurlauber an dem Fieber.

Werner Bartens

Bei einer 63-jährigen Frau aus München ist erstmals in Deutschland das wenig bekannte Chikungunya-Fieber nachgewiesen worden. Die Patientin war auf Mauritius erkrankt. Das schmerzhafte Gelenkleiden wird von Toga-Viren ausgelöst, Überträger sind meist Stechmücken der Gattung Aedes. "Wir haben das Virus identifiziert und konnten den Stamm sogar anzüchten", sagt Thomas Löscher, Leiter des Tropeninstituts der LMU München, wo die Patientin gleich nach ihrer Rückkehr untersucht wurde. Auch das Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg (BNI) bestätigte erste Erkrankungsfälle bei Tropenreisenden. "Es gibt mehrere positive Proben", sagt Barbara Ebert vom BNI.

Die Münchner Patientin war vom 25.Januar bis zum 13. Februar auf Mauritius gewesen. "Ein paar Tage vor dem Rückflug bekam sie Kopfschmerzen und wollte sich hinlegen", schildert ihr Begleiter den Beginn der Symptome. "Eine halbe Stunde später holte mich die Hotelkrankenschwester vom Strand und sagte, dass meine Freundin hohes Fieber habe." Bald darauf klagte die 63-Jährige über Gliederschmerzen, das Fieber stieg bis auf 39 Grad Celsius. Der Hotelarzt diagnostizierte nur eine Entzündung im Ohr. "Die wollten bestimmt verschweigen, dass es sich um Chikungunya handelt", vermutet der Partner der Erkrankten. "Dabei lief jeden Tag ein Mann im Schutzanzug durch die Hotelanlage und versprühte Insektengift."

"Lästig, aber nicht lebensbedrohlich"

Denn auf den Inseln im Indischen Ozean südlich des Äquators wütet das von Medizinern CHIK abgekürzte Leiden schon länger. Mauritius hat 206 Erkrankungsfälle registriert. "Am schlimmsten ist Réunion dran, nach langer Regenzeit wütet dort eine Epidemie", sagt Tropenmedizinexperte Löscher. Die zu Frankreich gehörende Nachbarinsel von Mauritius hat seit März 2005 mehr als 120.00 Fälle gemeldet. Das Gesundheitsministerium in Paris schätzt nach Hochrechnungen jedoch, dass auf Réunion mehr als 150.000 Menschen infiziert wurden. Davon sind mindestens 77 an Komplikationen der Erkrankung gestorben. In Frankreich werden Vorwürfe laut, die Regierung in Paris habe das Virus auf den fernen Inseln zu lange nicht ernst genug genommen. Mittlerweile sind auch mehr als 30 Touristen aus Frankreich infiziert.

"Eigentlich ist die Erkrankung zwar sehr lästig, aber nicht lebensbedrohlich", sagt Thomas Löscher. "Bei so vielen Infizierten wie auf Réunion kommt es aber manchmal zu Komplikationen wie Hirnhautentzündungen." Bisher seien die meisten Opfer Alte und Kinder. Auch auf Madagaskar, den Komoren und Seychellen wurden etliche Fälle gemeldet.

Chikungunya ist Kisuaheli und bedeutet "gebeugter Gang". Denn typisch für die Erkrankung sind neben Fieber und Schüttelfrost Muskel- und Knochenschmerzen. Besonders kleinere Gelenke an Händen und Füßen sind betroffen. Ähnlich wie bei Gicht kann das Gehen sehr schmerzhaft sein. Die Tropenkrankheit wurde erstmals 1952 in Tansania beobachtet.

Zu einer Infektion kommt es meist durch Stiche der Mücke Aedes aegypti, die auch Gelbfieber und Dengue-Fieber übertragen kann. Andere Aedes-Arten wie die auch am Gardasee beheimatete Aedes albopictus und die Malaria-Mücke Anopheles können ebenfalls CHIK verbreiten. Eine spezifische Therapie gibt es genauso wenig wie eine Impfung. Die Patienten werden symptomatisch mit schmerz- und entzündungshemmenden Mitteln behandelt.

Im Landesinnern fühlen sich die Moskitos wohler

"Urlauber in gefährdeten Regionen sollten sich rund um die Uhr vor Mücken schützen", rät Löscher. Denn Moskitos kommen nicht erst in der Dämmerung. Repellents, wie Mücken abwehrende Substanzen auf der Haut genannt werden, bieten Schutz - allerdings nur für zwei, drei Stunden. Dann sind sie verdunstet und sollten erneut aufgetragen werden. "Wenn man zusätzlich die Kleidung mit Insektiziden imprägniert, bietet beides zusammen viel Schutz", sagt Löscher. In offenen Quartieren solle man zudem unter Moskitonetzen schlafen und Räucherspiralen aufstellen.

Die Gefahr, am Strand gestochen zu werden, ist üblicherweise nicht so groß. Im Landesinnern fühlen sich die Moskitos wohler. Die Münchner Patientin vermutet, dass sie sich während eines Ausflugs auf eine Krokodilfarm im Süden der Insel angesteckt hat; dort sei sie von vielen Mücken gestochen worden.Derzeit liegt sie noch in einem Münchner Krankenhaus, ist aber schon wieder auf dem Weg der Besserung. Die Gelenke täten ihr immer noch weh, sagt ihr Partner. "Sie wird wieder vollkommen gesund werden", ist Infektionsexperte Löscher überzeugt. "Aber die Schmerzen können sich noch Wochen oder Monate hinziehen."

© SZ vom 28. Februar 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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