In vielen Fernseh-Krimis sind die Mitarbeiter der Spurensicherung inzwischen genauso große Stars wie die Kommissare. Das liegt vor allem daran, dass die "Spusi" in ihren weißen Overalls und Kitteln mittels geheimnisvoller Apparate und Hightech-Methoden Beweise aus den unscheinbarsten Spuren destilliert.
Eine der ältesten dieser forensischen Methoden, das Auswerten von Fingerabdrücken, wird durch die Wissenschaft soeben mächtig aufgewertet: Mithilfe von Nanopartikeln, Massenspektrographen, Infrarotstrahlen und Farbprofilen entlocken Forscher dem scheinbar simplen Fingerabdruck weit mehr als das unverwechselbare Muster der Hautlinien. Sie weisen unter anderem nach, ob der Abdruck überhaupt echt ist und ob der Verdächtige mit Sprengstoff hantiert oder Drogen genommen hat.
Darauf hat sich zum Beispiel die Firma Intelligent Fingerprinting im englischen Norwich spezialisiert. Sie bietet Testkits an, mit denen die Polizei nicht nur den Fingerabdruck sichern, sondern zugleich feststellen kann, ob sein Urheber Kokain, Heroin, Methadon oder Cannabis konsumiert hat. An einem mobilen Gerät, das einen Drogentest durch Fingerauflegen ermöglicht, arbeitet das Unternehmen zurzeit. Die Linien der Fingerabdrücke, die dabei ausgewertet werden, bestehen schließlich aus einem Gemisch von Talg, alten Hautzellen, Salzen und Schweiß.
All das kann viel über die Physiologie des Menschen verraten, der die Spur hinterlassen hat. "Wir glauben, das erlaubt erhebliche Fortschritte in der Verbrechensbekämpfung", sagt David Russell, Firmengründer und Chemiker an der University of East Anglia.
Russell und sein Team haben im Labor Nanopartikel aus Gold mit Antikörpern umhüllt, die sich spezifisch an Stoffwechselprodukte der Drogen binden. In einem zweiten Schritt knüpften sie einen fluoreszierenden Farbstoff an die Partikel, sodass der untersuchte Abdruck farbig schimmerte. "Das ist der Beweis, dass diese Person die Droge genommen und verstoffwechselt hat", heißt es auf der Firmenseite. Das entstandene Bild war so klar, dass die Forscher sogar die Poren der Haut herausvergrößern konnten, schreibt Russell in einem aktuellen Überblicksartikel über seine und verwandte Methoden im Fachblatt Angewandte Chemie.
Stoffe, mit denen ein Verdächtiger nur hantiert hat, lassen sich mit anderen Methoden nachweisen. Graham Cooks von der Purdue-University hat dafür das sogenannte Desi-Verfahren entwickelt. Dabei wird der Fingerabdruck mit elektrisch geladenen Wassertröpfchen besprüht, die Chemikalien wie den Sprengstoff RDX aus dem Rillenmuster lösen. Die Tröpfchen werden dann in einen Massenspektrographen gesogen, der Moleküle sortiert und gesuchte Stoffe nachweist.
Im Prinzip ist eine ähnliche Analyse auch unter Beleuchtung mit Infrarot-Licht möglich. Dieses kann charakteristische Schwingungen in den Fettmolekülen des Talgs im Fingerabdruck auslösen, die von RDX-Rückständen verändert werden. Bilder zeigen dann zum Beispiel die Rillen des Abdrucks blau und Körnchen des Sprengstoffs rot.
Viele dieser und ähnlicher Techniken sind für den Einsatz im Polizeialltag allerdings noch nicht ausgereift. Entweder sind die Geräte groß und klobig, die Analyse zerstört die Fingerabdrücke oder sie müssen auf spezielle Materialien übertragen werden, bevor die Analyse gelingt. Immerhin jedoch konnten die Forscher neben Drogen und Sprengstoff bereits Kaffee, Nikotin sowie Schmerz- und Betäubungsmittel aus den Spuren isolieren.
Ein weiteres Ziel der Wissenschaft ist es, herkömmliche Fingerabdrücke präzise und schnell zu erfassen. Dazu fördert die Bundesregierung das Projekt " Digi-Dak", das von Jana Dittmann an der Universität Magdeburg koordiniert wird. Die Mitarbeiter richten hier eine spezielle Lampe mit einem sehr genau bekannten weißen Lichtspektrum auf die Fingerabdrücke. Obwohl diese mit bloßem Auge flach erscheinen, sind sie mikroskopisch gesehen eine Abfolge von Bergen und Tälern. Diese räumliche Struktur kann die Messapparatur aus verschiedenen Lichtfarben rekonstruieren, die ein bestrahlter Fingerabdruck erzeugt.
Das entstehende Bild ist so genau, dass sogar einzelne Schweißdrüsen sichtbar werden. So können Fingerabdruck-Experten ein selbst geschaffenes Problem lösen. Sie hatten gelernt, für Testzwecke standardisierte künstliche Fingerabdrücke auszudrucken. Nun wollten sie verhindern, dass diese mit echten Spuren verwechselt werden können. Das Digi-Dak-Projekt enthüllte: Die Rillen und Täler der gedruckten Fingerabdrücke waren zu uniform, um von Menschen zu stammen.