Beben auf dem Mond:Der zittrige Mond

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Der Erdtrabant wird häufig von heftigen Beben erschüttert. Die Daten darüber konnten erstmals mit neuen Methoden ausgewertet werden.

Axel Bojanowski

Mondfahrer haben stets gründliche Vorkehrungen getroffen, um ihren Ausflug unversehrt zu überstehen. An Schutzkleidung haben sie gedacht, an Sauerstoff, Proviant und Energiereserven. Nur für den Fall, dass der Boden auf dem Mond beben könnte, gab es niemals Vorkehrungen. Der Mond galt als frei von starken Erschütterungen, schließlich stoßen auf dem Erdtrabanten keine tektonischen Platten aneinander wie auf der Erde.

In vier Jahren soll eine Mission wieder Beben-Sensoren auf den Mond bringen, um das Innere des Trabanten zu erforschen. (Foto: Foto: ddp)

Schwächere Bewegungen hielten die ersten Mondfahrer dennoch für möglich. Sie wollten die Schwingungen nutzen, um über den inneren Aufbau des Mondes Aufschluss zu erlangen. Deshalb brachten die Apollo-Missionen von 1969 bis 1972 fünf Beben-Sensoren auf den Mond. Eine fiel nach ein paar Wochen aus. Mit Sonnenlicht betrieben, sendeten die anderen vier bis 1977 jedes Ruckeln zur Erde. Das Erstaunen war groß, als die Anzeigen der Messgeräte bis auf Stärke fünf ausschlugen - es gab sie also doch: Mondbeben.

Die Beben waren jedoch rätselhaft. Sie schienen ausschließlich auf der Vorderseite des Mondes aufzutreten. Auf der erdabgewandten Seite registrierten die Sensoren hingegen keine Erschütterungen. War diese Ungleichmäßigkeit der Platzierung der Messgeräte geschuldet? Die Apparate standen ausschließlich auf der erdzugewandten Seite, so dass ihnen entfernte Beben entgangen sein könnten. Doch auch andere Ursachen für die seismische Ruhe auf der Mondrückseite schienen denkbar. Waren die Erdbeben vielleicht deshalb so ungleichmäßig verteilt, weil das Mondinnere asymmetrisch aufgebaut war? Die Bodenkruste ist auf der Mondrückseite fast doppelt so dick. Womöglich gebe es ähnliche Asymmetrien im Inneren des Trabanten, spekulierten die Wissenschaftler.

Eine Geophysikerin hat die Bebendaten nun mit neuen Methoden überprüft. Wahrscheinlich bebt auch die Rückseite des Mondes, berichtete Stefanie Hempel vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR nun auf der Jahrestagung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft in Kiel.

Die Daten der Beben auf dem Mond haben in etwa die gleiche Qualität wie sehr alte Musikaufnahmen, was ihre Deutung erschwert. Ähnlich wie Musik auf alten Schallplatten von Rauschen übertönt wird, ließen die Daten vom Mond kaum erkennen, wo die Erschütterungen stattgefunden hatten. Mit Hilfe moderner Auswertungsverfahren gelang es Stefanie Hempel und Martin Knapmeyer vom DLR aber nun, den Mondbeben auf die Spur zu kommen und die betroffenen Gebiete einzugrenzen.

Meisten Beben wohl von Gezeiten ausgelöst

Die Hälfte aller Beben könnte sich auf der Mondrückseite ereignet haben, sagt die Geophysikerin. Ihre Ergebnisse könnten bei der Planung kommender Mondmissionen helfen. In vier Jahren soll eine internationale Mission wieder Beben-Sensoren auf den Mond bringen, um das Innere des Trabanten zu erforschen.

Die Apollo-Daten erlauben bereits einen Einblick in den Mond. In rund 1000 Kilometer Tiefe liegt offenbar die fragilste Zone des Mondes. Dort ist das Gestein teilweise geschmolzen. Das schließen Experten aus den registrierten Stößen: Bebenwellen, die sich seitwärts fortpflanzen, können diese Zone offenbar nicht durchdringen. Seismologen deuten das als klares Zeichen für das Vorhandensein von Flüssigkeit.

Die weitaus meisten Beben haben sich in 700 bis 1200 Kilometer Tiefe ereignet. Die Mehrzahl dieser Erschütterungen würden wohl von Gezeiten ausgelöst, berichtet Peter Janle, Planetenforscher an der Universität Kiel. Die meisten Mondbeben haben sich stets dann ereignet, wenn der Mond der Erde am nächsten stand. Wie der Mond auf der Erde in den Ozeanen Ebbe und Flut erzeugt, dehnt umgekehrt auch die Schwerkraft der Erde den Mond.

Anscheinend fungiere die teilweise flüssige Zone im Mondinneren wie ein Gummischarnier, so Janle. Die fragile Region sei besonders beweglich, sie dehne sich im Zug der Gezeiten. In umliegenden Tiefen baue sich Spannung auf. "Bricht das Gestein, bebt es auf dem Mond", sagt Janle. Flachere Beben auf dem Mond können zerstörerisch sein. Sie entstehen durch Abkühlung des Mondes, erläutert Janle. Der spröde Untergrund dämpft Erschütterungen weniger als auf der Erde.

© SZ vom 26.03.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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