Appetitzügler:Depressionen statt Diät

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Abnehmpräparate scheinen eine verlockende Option im Kampf gegen das Übergewicht zu sein. Doch sie helfen kaum und können eine unangenehme Nebenwirkung haben.

Stefan Hartl

Körpergewicht runter, Selbstbewusstsein rauf, das ist der Wunsch vieler Menschen. Der Weg zu schlankem Körper und starker Persönlichkeit kann so beschwerlich sein, dass der Griff zu rezeptpflichtigen Appetitzüglern eine verlockende Option ist.

Diätpillen helfen kaum. (Foto: Foto: iStock)

Doch Wissenschaftler um Diana Rucker von der University of Alberta in Kanada zeigten kürzlich, dass Abnehmpräparate wie Orlistat, Sibutramine und Rimonabant kaum helfen ( British Medical Journal, online).

"Die meisten Patienten bleiben trotz Medikamenten übergewichtig", sagt Rucker. Pro Behandlungsjahr beobachteten die Mediziner im Durchschnitt eine Gewichtsabnahme von weniger als fünf Kilogramm. Die Wirkmechanismen der drei untersuchten Präparate unterscheiden sich - ihre wenig überzeugenden Ergebnisse ähneln sich hingegen.

Depressionen und Angstzustände

Rimonabant scheint außerdem Depressionen und Angstzustände auszulösen.

Der Wirkstoff ist in Deutschland unter dem Handelsnamen Acomplia auf dem Markt, hergestellt wird die Arznei von Sanofi-Aventis. Das Mittel hat im September vergangenen Jahres die EU-Zulassung erhalten. Wissenschaftler um Robin Christensen von der Universität Kopenhagen haben den Wirkstoff genauer untersucht ( The Lancet, Bd. 370, S. 1706, 2007).

Das Ergebnis der Metaanalyse lautete: 4,7 Kilo Gewichtsreduktion nach einem Jahr werden mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen erkauft. Viele Patienten litten unter depressiven Verstimmungen oder Angstzuständen und "brechen die Therapie ab", sagt Christensen.

Georg Kojda von der Universität Düsseldorf plädiert deshalb dafür, Rimonabant sehr zurückhaltend einzusetzen und den psychischen Zustand der Patienten regelmäßig zu überprüfen. Das Mittel hemmt den Rezeptor für Cannabinoide im Gehirn. Dabei würde auch die Aktivität von Nervenzellen verändert, die das Glücksempfinden steuern, erklärt Kojda.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA entschied kürzlich, dass für Rimonabant detailliertere Sicherheitsinformationen und Studien mit größeren Patientengruppen nötig seien. "Wir haben den Antrag auf Zulassung in den USA zurückgezogen, um die Ergebnisse laufender Studien abzuwarten", sagt eine Sprecherin von Sanofi-Aventis.

In Europa wird Rimonabant derzeit bei etwa einer viertel Million Patienten eingesetzt. Etwa 25 Prozent davon leben in Deutschland. Das Medikament wird als Life-Style Medikament eingestuft. Die Behandlungskosten, etwa 100 Euro im Monat, übernehmen die Krankenkassen darum nicht.

© SZ vom 22.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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