AKW-Störfälle:"Die Sicherheitskultur liegt im Argen"

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Nach dem Bekanntwerden einer weiteren Panne im Atomkraftwerk Brunsbüttel wächst der Druck auf Vattenfall . Die zuständige Ministerin schließt nicht aus, dem Unternehmen die Erlaubnis zum Betrieb des AKW zu entziehen.

Die für die Reaktorsicherheit in Schleswig-Holstein zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) sagte im NDR, sie scheue keine Schritte gegen den Konzern, "denn ganz offensichtlich liegt die Sicherheitskultur hier im Argen, und es muss sich etwas ändern".

Notfalls werde sie Vattenfall die Betriebserlaubnis entziehen. "Wenn die rechtliche Prüfung zu diesem Ergebnis kommt, dann würde ich keinesfalls zögern dieses zu tun."

Am Mittag wollten sich Vertreter des Sozial- und des Bundesumweltministeriums sowie von Vattenfall zu Gesprächen in Kiel treffen. Dabei geht es auch um die "Informationspolitik und Sicherheitskultur des Betreibers Vattenfall". Außerdem sollten die Abläufe in den beiden Atomkraftwerken detailliert besprochen und auch die Qualifikation des Personals diskutiert werden.

Im Atomkraftwerk Krümmel war am 28. Juni in einer Trafostation ein Brand ausgebrochen. Es hatte sich Kühlflüssigkeit entzündet. Der Betreiber Vattenfall verschwieg zunächst Bedienungsfehler des Reaktorpersonals. Kurz zuvor war zudem der Atommeiler Brunsbüttel an der Unterelbe nach einem Kurzschluss in einer Schaltanlage automatisch heruntergefahren worden.

Mit der Pistole auf der Brust

Drei Tage später, am 1. Juli, ging er wieder ans Netz. Wie sich am Wochenende herausstellte, kam es dabei gleich zwei Mal ebenfalls vermutlich durch Fehlbedienungen zu ungewollten Absperrungen im Reaktorwasserreinigungssystem. Trotz vorheriger Nachfragen des Ministeriums teilte Vattenfall das meldepflichtige Ereignis aber erst am 6. Juli mit.

Formal habe der Betreiber fünf Tage Zeit, um ein solches Ereignis zu melden, sagte Trauernicht. "Dennoch, da wir nachgefragt haben, wirft es ein weiteres Schlaglicht auf die Informationspolitik dieses Konzerns." Die Ministerin betonte, es seien inzwischen unabhängige Sachverständige im Einsatz, da sich die Atomaufsicht nicht auf die Informationen von Vattenfall verlasse.

Die Kritik der Grünen, dass sie Vattenfall nicht im Griff habe, wies Trauernicht zurück: "Ich habe noch letzte Woche mit dem zuständigen Geschäftsführer Dr. Bruno Thomauske ein Gespräch gehabt, wo ich ihm die Pistole auf die Brust gesetzt und deutlich gesagt habe, wenn er nicht ab sofort seine Informationspolitik verändert, dann wird das Konsequenzen haben." Er habe reagiert. "Seit Sonntag stehen alle meldepflichtigen Ereignisse im Netz."

Der Kraftwerksbetreiber Vattenfall Europe hatte am Wochenende versichert, er wolle die Öffentlichkeit künftig besser über Vorkommnisse in seinen Meilern informieren. Die jüngsten Fälle seien auf der Skala der meldepflichtigen Ereignisse mit 0 und damit gering einzustufen, sagte Vattenfall-Sprecher Ivo Banek. Sie hätten "keine relevanten betrieblichen oder sicherheitstechnischen Auswirkungen gehabt".

© sueddeutsche.de/AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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