AIDS-Therapie:Alte und neue Behandlungsansätze

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Der Vermehrungszyklus der HI-Viren bietet zahlreiche Angriffspunkte für Medikamente.

Sabine Olff

Das HI-Virus versuchen die Mediziner heute mit verschiedenen Medikamenten zu bekämpfen. Heilbar ist die Erkrankung nicht, aber zumindest gelingt es mit Hilfe der Therapie die Virusmenge stark zu reduzieren.

Die Impfstoffforschung ist nach wie vor ein schwieriges Unterfangen. Immer wieder entkommt der Virus der Immunabwehr (Foto: N/A)

In der Regel werden drei Wirkstoffe miteinander kombiniert. All diese Substanzen greifen in den Vermehrungszyklus der Viren ein und können hinsichtlich ihrer Angriffspunkte und Wirkmechanismen in drei Klassen eingeteilt werden.

Die Reverse Transkriptase

Mit der wichtigste Angriffspunkt für eine Therapie ist das Eiweiß Reverse Transkriptase. HI-Viren sind mit diesem Enzym ausgestattet - in menschlichen Zellen kommt es normalerweise nicht vor.

Die Reverse Transkriptase schreibt die Erbinformation der Viren (RNS) so um, dass sie zum menschlichen Genom (DNS) passt. Erst dann kann das Erbgut der Erreger in die Erbinformation der Wirtszelle eingebaut und mit Hilfe der menschlichen Zelle vermehrt werden.

Substanzen die diesen Schritt hemmen heißen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren. Mittlerweile gibt es auf dem Markt zwei unterschiedliche Klassen: Die einen werden als falsche DNS-Bausteine in die menschliche Zelle eingeschleust. Beim Umschreiben der RNS in DNS unterbricht der falsche Baustein den Prozess. Dementsprechend heißen diese Medikamente Nukleosidale Reverse Transkriptase Inhibitoren (NRTI).

Die neuere Substanzklasse, die so genannten Nicht-Nukleosidale Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI), blockieren die Reverse Transkriptase direkt.

Reifung der Viren blockieren

Während die Reverse Transkriptase ihre Funktion ganz am Anfang des Replikationsprozesses der Viren wahrnimmt, tritt das Protein Protease am Ende dieses Zyklus in Aktion. Das Enzym hilft beim Zusammenbau der einzelnen Viren-Bestandteile - wie Proteine und Erbinformation - zu infektiösen Erregern. Anschließend werden die reifen Viren aus der Wirtszelle ausgeschleust.

Substanzen, die die Wirkung der Protease blockieren, werden als Protease-Inhibitoren (PI) bezeichnet. Anders als die RT-Hemmer unterdrücken die Protease-Inhibitoren den viralen Reifungsprozess in bereits infizierten Zellen.

In der Regel werden bei der heutigen Therapie zwei Nukleosidale RT-Hemmer (NRTI) mit einem Protease-Inhibitor (PI) kombiniert. So wird die Neuinfektion der Zellen verhindert und die Virusproduktion in bereits infizierten Zellen unterbunden. Teils treten an die Stelle der PIs aber auch die direkten RT-Hemmer (NNRTI).

Fusionsinhibitoren

Das Umschreiben der viralen RNS in DNS und die Funktion des Enzyms Protease sind aber nur zwei von etlichen Stationen im Vermehrungszyklus der Viren, die sich als Angriffspunkte für eine Therapie eignen. Allerdings wurde bislang keine andere Substanzklasse für den Markt zugelassen.

Schon bald könnten aber die so genannten Fusionsinhibitoren Einzug in den Therapiealltag der HIV-Patienten erhalten. Diese Substanzen verhindern, dass die Viren an der Membran der Zielzellen andocken und mit ihr verschmelzen. Die Infektion könnte somit unterbunden werden.

Dasselbe Prinzip verfolgt ein Behandlungsansatz bei dem die Chemokinrezeptoren der Helferzellen blockiert werden. Diese Rezeptoren, auch Korezeptoren genannt, sind Eiweiße auf der Oberfläche der T-Zellen, die von den HI-Viren ebenfalls beim Andocken an die Zellen genutzt werden.

Allerdings geht mit der Blockade dieser Rezeptoren ein Problem einher: Sie spielen bei bestimmten Prozessen der körpereigenen Abwehr eine wichtige Rolle. Ihre Blockade könnte die Immunabwehr stören.

Eine weitere Wirkstoffklasse - die Integrationsinhibitoren - soll verhindern, dass die virale DNS in die Wirts-DNS eingebaut wird. Normalerweise übernimmt den Einbau das Enzym Integrase.

Schwieriges Unterfangen: die Impfstoffentwicklung

Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Aids-Erreger ist schwierig: Seine Wandlungsfähigkeit hilft dem Virus immer wieder der Immunabwehr zu entkommen.

Der winzige Erreger verändert ständig die Eiweissstrukturen seiner Hülle und beschäftigt so das Abwehrsystem mit Hunderten von Virusvarianten. Bisher scheiterten daher alle Versuche, durch eine Impfung mit Bestandteilen der Virushülle den Körper zur Produktion von schützenden Antikörpern anzuregen.

Einer von vielen Ansätzen ist daher nach Eiweissabschnitten zu suchen, die in ähnlicher Form auf möglichst vielen Virus-Subtypen vorkommen. Mit einem Gemisch solcher Proteinstücke wurden Rhesus-Affen bereits erfolgreich geimpft.

Ob und wann es aber jemals einen Impfstoff gegen das HI-Virus geben wird, lässt sich momentan nicht absehen.

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