Zweikampf Boeing - Airbus:Der kleine Bruder ist der große geworden

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Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS strotzt vor Selbstbewusstsein. Auf Jahre hinaus sei der frühere Marktführer Boeing im Zivilflugzeugbau auf Platz zwei verdrängt. Nun will EADS auch im Geschäft mit Tankflugzeugen angreifen. Die Europäer wollen selbst in den USA zum Zuge kommen.

Von Karl-Heinz Büschemann

(SZ vom 05.12.2003) — "In den nächsten sechs bis zehn Jahren werden wir die Nase vorn haben," sagte Rainer Hertrich, Co-Vorstandschef der EADS, mit Blick auf den amerikanischen Boeing-Konzern.

Bei einem Pressegespräch in München versicherte Hertrich, die EADS sehe die Probleme des Konkurrenten, der in den vergangenen Tagen in erhebliche Management-Turbulenzen gestürzt war und sich von seinem Chef Phil Condit getrennt hat, nicht mit Schadenfreude.

Man dürfe die Krise auch nicht überbewerten: "Boeing ist nicht schwach und nicht tot." Der US-Wettbewerber werde "mittelfristig wieder eine starke Marktposition haben".

Der europäische Zivil-Flugzeugbauer Airbus, der zu EADS gehört, hat im zu Ende gehenden Jahr mit 300 Passagierflugzeugen zum ersten Mal mehr Maschinen ausgeliefert als der US-Wettbewerber, der es auf 280 Maschinen gebracht habe.

Militärgeschäft wird ausgebaut

Hertrich sagte aber auch: "Es gibt keine Krise bei Boeing, es gibt eine Krise in der Luftfahrt." Die weltweite Konjunkturflaute, die Anschläge des 11.September 2001 und weitere Terroranschläge sowie die Lungenkrankheit Sars hatten den Flugreiseverkehr einbrechen und die Verkäufe von neuen Verkehrsflugzeugen zurückgehen lassen.

Boeing habe in früheren Jahren rund 600 Flugzeuge ausgeliefert und müsse deshalb jetzt die Stückzahlen drosseln. Bei EADS dagegen habe man nur die Pläne für den Zuwachs begraben müssen. EADS hatte für 2003 den Absatz von 450 Flugzeugen erwartet. Für das kommende Jahr rechnet Hertrich wieder mit einer Verkaufszahl von etwa 300 Flugzeugen. EADS verfüge derzeit über das größte Auftragsbuch der Branche.

Um sich von den Konjunkturzyklen des Zivil-Geschäfts unabhängiger zu machen, setzt EADS stärker auf militärische Aufträge. "Das Verteidigungsgeschäft wird unser Wachstumstreiber sein", sagte Hertrich. Das werde "ein neues Standbein".

Das Unternehmen hatte im Jahr 2002 einen Umsatz von 30 Milliarden Euro. "Die Vision eines 40 Milliarden-Unternehmens ist nicht mehr fern." Große Hoffnungen setzt das Management in den Markt für Tankflugzeuge.

Der EADS-Chef ist zuversichtlich, dass der erwartete 18-Milliarden-Euro-Auftrag über Tankflugzeuge für die britische Luftwaffe zustande kommen werde. Selbst auf dem US-Markt hat Hertrich Hoffnungen, in diesem Segment zum Zuge zu kommen. "Wir werden großflächig in den Tankermarkt gehen", so Hertrich.

Der Hauptmarkt für diese von Passagierflugzeugen abgeleiteten Militärflieger sei der der USA. "Wir rechnen uns da gute Chancen aus." Die US-Regierung hatte nach einer Skandalserie bei Boeing und dem darauf folgenden Rücktritt des Unternehmenschefs die Bestellung von 100 Tankflugzeugen bei Boeing einstweilen gestoppt.

Eine klare Absage erteilte Hertrich dem MAN-Konzern, der einen Abnehmer für seine verlustreiche Tochtergesellschaft MAN-Technologie sucht, die Teile für die Ariane-Raketen baut.

Die Aussage von MAN-Konzernchef Rudolf Rupprecht, wenn sich kein Käufer finde, werde der Bereich geschlossen, dann werde aber die Ariane-Fünf-Rakete nicht mehr fliegen können, nannte Hertrich "eine Drohung", die er sehr ernst nehme. Er sagte aber: "Wir haben kein Interesse an MAN-Technologie." Stattdessen arbeite man intensiv an einer Ersatzlösung.

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