Zweifel an Zahlen:Verdi macht mobil gegen Telekom

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René Obermann hat seine erste große Bewährungsprobe als Telekom-Sanierer routiniert hinter sich gebracht. Doch die größten Herausforderungen warten noch auf ihn: Verdi droht mit Streik und zweifelt die genannte Zahl von 50.000 betroffenen Mitarbeitern an.

Die Deutsche Telekom will künftig rund 50.000 Mitarbeiter für weniger Lohn länger arbeiten lassen. Etwa so viele Beschäftigte sollten in die geplante neue Gesellschaft T-Service ausgelagert werden, sagte Telekom-Chef René Obermann am Donnerstag in Bonn.

Arbeitsplatzvernichtung, Zerschlagung und Lohndrückerei: Verdis über die Telekom ist groß. (Foto: Foto: dpa)

Der Schritt soll einen Teil zu den geplanten Milliarden-Einsparungen in den kommenden Jahren beitragen. Außerdem soll Geld beim Marketing gespart werden, indem das bisherige Markengewirr auf zwei Marken verringert werden soll.

Der Konzern will zudem in diesem Jahr eine neue Billig-Marke für Handys und DSL-Anschlüsse starten. Die Telekom räumte große Schwächen bei der Kundenbetreuung ein und gelobte rasche Besserung.

Zahlenspiele

Obermann sagte bei der Vorstellung der Bilanzzahlen, "49.000 oder 50.000" Mitarbeiter sollten zu T-Service ausgelagert werden. Die genaue Zahl hänge ab von den Verhandlungen mit den Gewerkschaften und der Zahl der Mitarbeiter, die sich um Wechsel-Stichtag am 1. Juli in den betroffenen Abteilungen befänden.

Zuvor war bei der Telekom von rund 45.000 auszulagernden Mitarbeitern die Rede gewesen. Die Gewerkschaften warnen allerdings schon seit geraumer Zeit vor der Auslagerung von 60.000 Beschäftigten.

In wieweit die Arbeitnehmer persönlich von den Sanierungsplänen betroffen sein könnten, bleibt daher auch nach den Ausführungen Obermanns offen. Verdi ist daher misstrauisch und geht weiterhin von bis zu 60.000 betroffenen Beschäftigten aus. "In den letzten Wochen war erst von 45.000 auszulagernden Mitarbeitern die Rede, jetzt sind es 50.000, und erst am Mittwoch nannte die Süddeutschen Zeitung 55.000 betroffene Mitarbeiter", sagte ein Verdi-Sprecher zu sueddeutsche.de.

"Zahlen-Hin-und-Her"

"Bei diesem Zahlen-Hin-und-Her entsteht der Anschein, dass die Telekom selbst noch gar nicht richtig weiß, wieviele Opfer ihr Sanierungsplan kosten wird. Wir glauben daher zunächst unseren Berechnungen und die enthalten höhere Zahlen", so der Verdi-Sprecher weiter.

In der neuen Gesellschaft T-Service sollen der technische Kundendienst und die Call-Center gebündelt werden. Die Telekom strebt an, die Mitarbeiter dort länger als bisher bei niedrigerer Bezahlung arbeiten zu lassen. Mit der Auslagerung sollten bis zu 900 Millionen Euro gespart werden.

Entschlackung

Insgesamt will die Telekom bis 2012 bis zu 4,7 Milliarden Euro einsparen. Dazu solle unter anderem das Marketing und die Werbung entschlackt werden.

Bisher koste das Marketing rund zwei Milliarden Euro jährlich, sagte Obermann. Künftig soll es daher nur noch zwei Dachmarken geben, nämlich T-Home für die Kommunikation zu Hause und T-Mobile für die Kommunikation unterwegs.

Außerdem kündigte die Telekom an, noch vor dem Sommer solle eine neue Billig-Marke für günstige Angebote in den Bereichen DSL-Anschlüsse und Mobilfunk starten.

Der Konzern strebt außerdem Zukäufe im Ausland im Mobilfunkbereich an. Obermann deutete an, dass die Telekom vor allem an Übernahmen in aufstrebenden Staaten interessiert ist. Der britische Mobilfunkriese Vodafone war kürzlich mit einer Milliardenübernahme in den indischen Markt eingestiegen.

Die Telekom kündigte außerdem an, sie suche für die Geschäftskunden-Sparte T-Systems einen Investor.

Service-Offensive

Telekom-Chef Obermann kündigte außerdem eine Offensive zur Verbesserung des Services an. So sollten künftig in mindestens 90 Prozent der Fälle die vereinbarten Termine den Kunden gegenüber eingehalten werden.

In vier von fünf Fällen solle der Kunde künftig schon beim ersten Kontakt mit der Telekom per Mail, Brief oder Telefon schon Hilfe für sein Anliegen erhalten.

Die Telekom hatte im vergangenen Jahr rund zwei Millionen Festnetz-Kunden verloren. Vier von zehn Telekom spielen einer Umfrage zufolge zur Zeit mit dem Gedanken an einen Wechsel zu einem der Wettbewerber.

Kunden bei Wettbewerbern zufriedener

Demnach sind nur 57 Prozent der Festnetzkunden zufrieden oder sehr zufrieden - bei den Wettbewerbern sind es dagegen 80 Prozent.

Wegen der schlechten Entwicklung des Deutschland-Geschäfts sank der Nettogewinn des Unternehmens im vergangenen Jahr von 5,6 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden Euro und damit um 43,4 Prozent. Der Umsatz im Inland sank um 5,0 Prozent auf 32,5 Milliarden Euro.

Dagegen verzeichnete die Telekom unter anderem dank ihres US-Geschäfts im Ausland einen Umsatzzuwachs von 13,6 Prozent auf 28,9 Milliarden Euro. Damit machte die Deutsche Telekom im vergangenen Jahr 47,1 Prozent ihres Umsatzes jenseits der deutschen Grenze.

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