Zwei Großtransaktionen:Milliarden-Rochade bei Siemens

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Gleich zwei Paukenschläge bei Siemens: Der Konzern trennt sich für einen Milliardenbetrag von seinem Automobilzulieferer VDO, gleichzeitig soll der Medizintechnikhersteller Dade Behring übernommen werden.

Der Siemens-Konzern verkauft seinen Automobilzulieferer VDO für 11,4 Milliarden Euro an Continental. Zugleich wollen die Münchner den US-Medizintechnikhersteller Dade Behring für sieben Milliarden Dollar (5,1 Milliarden Euro) übernehmen, wie der Konzern am Mittwoch im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung in München mitteilte.

"Wir haben ein hervorragendes Ergebnis erzielt", erklärte der neue Siemens-Chef Peter Löscher zu dem Verkauf von VDO.

Der Konzern habe alle Varianten sorgfältig abgewogen und "die beste Perspektive für die Mitarbeiter, Kunden und unsere Investoren gewählt." "Wir werden Siemens fokussierter, weniger komplex und schneller machen", sagte Löscher.

Zielsetzung

Der Verkauf von VDO unterstütze die Zielsetzung des Konzerns, sich verstärkt auf die Bereiche Energie und Umwelttechnik, Automatisierungstechnik sowie Gesundheit ausrichten zu wollen. "Wir haben bereits in der jüngeren Vergangenheit erheblich in diese Felder investiert. Auch künftig werden wir hier voranschreiten", sagte der Konzernchef.

Die Vorbereitungen für den erwogenen Börsengang von VDO würden eingestellt, hieß es. Der Vollzug des Verkaufs an Continental stehe allerdings noch unter dem Vorbehalt der Freigabe durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden und werde im laufenden Kalenderjahr erwartet.

Die erwarteten Nettosynergiepotentiale würden ab 2010 bei mindestens 170 Millionen Euro pro Jahr liegen.

140.000 Beschäftigte weltweit

Zusammen erzielen Continental und Siemens VDO den Angaben zufolge auf der Basis von 2006 einen Jahresumsatz von rund 25 Milliarden Euro und zählen knapp 140.000 Beschäftigte weltweit. Damit rücke Continental weltweit unter die Top-Fünf der Automobil-Zulieferindustrie vor.

Siemens VDO allein kommt auf etwa zehn Milliarden Euro Umsatz. Von den weltweit rund 53.000 VDO-Mitarbeitern sind 20.000 in Deutschland beschäftigt. Die größten Standorte liegen in Regensburg (6000 Beschäftigte), im hessischen Babenhausen (2400) sowie in Würzburg (1500).

Zuletzt hatte es einen Bieterwettstreit zwischen Continental und dem US-Konkurrenten TRW, hinter dem der US-Finanzinvestor Blackstone steht, gegeben. Siemens hatte zunächst einen Börsengang der Sparte favorisiert, aber einen Verkauf nicht ausgeschlossen.

Mehr Geld als bei Börsengang

Jüngst hatte sich angedeutet, dass ein Verkauf für Siemens deutlich mehr Geld bringen könnte, als ein Börsengang.

In einer ersten Stellungnahme begrüßte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) den Verkauf von VDO an den Continental-Konzern.

"Bei der Übernahme von VDO durch Continental werden von allen diskutierten Modellen die meisten Arbeitsplätze gesichert", sagte Wulff am Mittwoch nach Bekanntwerden der Verkaufsentscheidung.

"Die Entscheidung ist gut für die Siemens AG, gut für die Arbeitsplätze und gut für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen." Die Continental AG werde mit dieser Entscheidung als einer der weltweit größten Automobilzulieferer-Unternehmen weiter gestärkt, sagte Wulff.

"Führende Position im Gesundheitsmarkt"

Die Übernahme des Medizintechnikherstellers Dade Behring sichere Siemens zusammen mit den Zukäufen der Diagnostiksparte von Bayer und der US-Firma Diagnostic Products im vergangenen Jahr eine führende Position im Gesundheitsmarkt, sagte Löscher.

Der Chef von Dade Behring, Jim Reid-Anderson, erklärte, gemeinsam seien beide Konzerne herausragend positioniert um das breiteste und leistungsstärkste Spektrum an diagnostischen Produkten und Dienstleistungen weltweit anzubieten. "Wir sind stolz drauf, Teil des weltweit ersten voll integrierten Diagnostikunternehmens zu werden", sagte Reid-Anderson.

Einen Tag früher als geplant veröffentlichte Siemens seine Zahlen für das dritte Geschäftsquartal. Der Konzern hat seinen Gewinn von April bis Juni um 54 Prozent auf 2,065 Milliarden Euro gesteigert.

Der Umsatz legte um 8 Prozent auf über 20 Milliarden Euro zu. "Die Ergebnisse von Siemens im dritten Quartal zeigen, dass das Unternehmen auf dem richtigen Weg ist", sagte Löscher.

"Konzernumbau gut gestartet"

Der Konzernumbau sei gut gestartet. Trotz eines Verlustes von 371 Millionen Euro beim Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks legte das operative Ergebnis um 22 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro zu. Auch der Auftragseingang des von einer Korruptionsaffäre gebeutelten Konzerns stieg kräftig, um 13 Prozent auf über 22 Milliarden Euro.

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