Zumtobel:Dunkle Schatten im Lampenhaus

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Ein Brandbrief zahlreicher Führungskräfte deutet auf einen Machtkampf im Lampenkonzern Zumtobel hin.

Von Uwe Ritzer, München

Die einen sprechen sogar von einem Drohbrief an den Aufsichtsrat, andere nur von einer Petition. Einige sagen, das Papier mit den vielen Unterschriften führender Mitarbeiter sei ein Hilferuf, wieder andere sehen darin einen Aufstand gegen die Zustände beim österreichischen Lampenkonzern Zumtobel. Dort tobt offenkundig ein regelrechter Machtkampf zwischen der Gründerfamilie und weiten Teilen des Managements. An dessen Spitze steht ein bekannter deutscher Manager: Ex-Infineon-Chef Ulrich Schumacher.

Seit 1. Oktober 2013 führt er als Vorstandschef die Geschäfte der börsennotierten Zumtobel-Gruppe mit Sitz in Dornbirn in Vorarlberg. Ein Unternehmen, das zwar nicht so groß ist wie der Halbleiterhersteller Infineon, von dem sich Schumacher 2004 verabschiedete. Immerhin aber erwirtschafteten mehr als 6500 Zumtobel-Mitarbeiter im abgelaufenen Geschäftsjahr 1,3 Milliarden Euro Umsatz. 1950 als Familienunternehmen gestartet, hält der Zumtobel-Clan aktuell nur noch 35,5 Prozent am Unternehmen. Die Mehrheit der Aktien ist in Streubesitz; zudem sind einige Investmentfirmen beteiligt.

Diese Gemengelage bietet den Rahmen für das, was sich derzeit hinter den Kulissen des Unternehmens abspielt, das Einkaufszentren in internationalen Metropolen und hierzulande beispielsweise Repräsentanzen von BMW in Berlin und Frankfurt sowie die Fanwelt von Borussia Dortmund ins rechte Licht setzt. Für die anstehende Aufsichtsratssitzung haben knapp zwanzig Führungskräfte besagten Brandbrief geschrieben. Darin werden scheinbar harmlose strategische Verbesserungsvorschläge gemacht, aber eben nicht nur.

Es ist eine Aufforderung an die Gründer, sich aus dem Tagesgeschäft herauszuhalten

Ein Punkt des in englischer Sprache verfassten Schreibens, das der SZ vorliegt, enthält eine Selbstverständlichkeit - und genau das macht das Papier brisant: Der Organisationsaufbau, die Dienstwege und die Berichtslinien müssten unbedingt eingehalten werden, ebenso die Regeln der Corporate Governance, des korrekten Wirtschaftens also, schreiben die Manager. Es dürfe künftig keine Eingriffe von außen mehr geben. In einem anderen Punkt fordern sie "freedom to operate", Freiheit also um zu handeln.

Zumtobel-Kennern zufolge ist die Vorlage, die kein Vorstandsmitglied unterschrieben hat, eine Aufforderung an die Gründerfamilie, sich künftig aus den laufenden Geschäften stärker herauszuhalten. Der Vorwurf zielt vor allem auf Jürg Zumtobel, den 81 Jahre alten Sohn des Firmengründers, der erst vor wenigen Tagen für sein Lebenswerk mit dem "Ehrenpreis der Vorarlberger Wirtschaft" ausgezeichnet wurde. Im Unternehmen fungierte er von 1993 bis 2003 als Vorstandschef; seither steht der Industrieveteran dem Aufsichtsrat vor. Auch sein nur drei Jahre jüngerer Bruder Fritz, Vorstandsmitglied von 1974 bis 1996, gehört dem Aufsichtsgremium an.

Beide, so behaupten ihre Gegner, würden sich nicht auf ihre Rolle als Aufsichtsräte beschränken, sondern dem Management reinreden und so aktiv Einfluss nehmen auf das Unternehmen, von dem ihnen und ihren Familienangehörigen doch nur noch ein gutes Drittel gehöre. "Sie tun aber so, als gehöre ihnen der Laden ganz", sagt einer. Aber stimmt das? Eine Firmensprecherin richtete auf Anfrage aus, weder Aufsichtsratschef Jürg Zumtobel, noch Vorstandschef Schumacher oder sonstwer im Unternehmen wolle sich zu den Vorwürfen und dem Brief des Managements äußern.

Das Gerangel um Kompetenz ist nicht das einzige Problem der Firma

Insidern zufolge rumort es hinter den Kulissen schon länger; nun droht das Klima ganz zu kippen. In Kreisen der Familie werde der Brief der Manager als Affront verstanden, heißt es. Sollte die Initiative jedoch im Aufsichtsrat verpuffen, drohe ein Aderlass an Führungskräften, prophezeien Kritiker der Familie Zumtobel. Auch Schumacher könnte dann den Bettel hinwerfen. Außer ihm gehört dem Vorstand in Finanzchefin Karin Sonnenmoser eine weitere Deutsche an. Dritter im Bunde ist der gebürtige Südtiroler Alfred Felder, der als familiennah eingestuft wird. Im Februar 2018 wird mit Bernard Motzko ein weiterer Manager aus Deutschland in den Zumtobel-Vorstand wechseln.

Das aktuelle Kompetenzgerangel ist nicht die einzige Baustelle im Dornbirner Leuchtenhaus. In Deutschland sorgte 2016 der Kampf um ein Zumtobel-Werk im hessischen Usingen für Aufsehen, das erst nach längerem Arbeitskampf geschlossen wurde. 156 Beschäftigte verloren dabei ihre Jobs. Der Standort sei wirtschaftlich auf Dauer nicht tragfähig, hieß es zur Begründung. Erst nach einigem Hin und Her kam es zu einem Sozialplan für die betroffenen Mitarbeiter.

Mit einer ähnlichen Begründung kündigte Zumtobel nun vor wenigen Tagen an, auch einen Teil seiner Produktion am Stammsitz Dornbirn ins kostengünstigere Serbien zu verlagern. Konkret geht es um eine Fertigung der Zumtobel-Marke Tridonic. Betroffen von der Verlagerung sind österreichischen Medienberichten zufolge 270 Beschäftigte.

Ob Management, Aufsichtsrat und Familie bei alledem immer an einem Strang ziehen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Selbst langjährige Zumtobel-Mitarbeiter trauen sich das Verhältnis zwischen dem Führungspersonal, der Gründerfamilie und dem Aufsichtsrat nicht zuverlässig einschätzen. Die Verantwortlichen seien verschlossen, sagt ein Altgedienter. Womöglich kommt es nun zum Showdown der Schweigsamen.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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