Zum Wochenbeginn:Härtetest für das Mautsystem

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Nach dem Wochenendfahrverbot dürften nun auf den Autobahnen bis zu eine Million Lastkraftwagen unterwegs sein. Verkehrsminister Stolpe und der Mautanlagen-Betreiber Toll Collect zeigen sich bislang zufrieden: "Es funktioniert".

Von Ulf Brychcy

An den beiden ersten Tagen des neuen Jahres hat das elektronische Lkw-Mautsystem seine Alltagstauglichkeit beweisen können. Der Start der nach einer Pannenserie wiederholt verschobenen Autobahnmaut verlief reibungslos.

Hier kann man die Gebühr bezahlen - die ersten Maut-Preller gingen bereits am Wochenende ins Netz. (Foto: Foto: dpa)

"Die Anlage funktioniert ganz normal, uns ist bisher nichts ungewöhnliches aufgefallen", sagte ein Sprecher von Toll Collect. Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) sagte bei einem Besuch des Call Centers von Toll Collect in Potsdam, dass am Neujahrstag rund 20.000 Lastwagen auf den deutschen Autobahnen unterwegs gewesen seien.

Technisch habe alles funktioniert, am ersten Tag seien etwas mehr als eine Millionen Euro an Mautgeldern eingenommen worden.

Härtetest am Montag

"Den Härtetest haben wir in der Nacht von Sonntag auf Montag", schränkte der Verkehrsminister allerdings ein. Am Samstag und Sonntag, den beiden ersten Mauttagen, galt zunächst noch für nahezu alle Lkw das Wochenendfahrverbot.

An einem normalen Werktag werden auf dem Autobahnnetz bis zu eine Million Lkw-Touren registriert. Stolpe erwartet zwar auch bei normalem Verkehrsaufkommen keine oder allenfalls geringe technische Schwierigkeiten. Probleme könnte es aber durch Lkw-Staus an den Grenzübergängen geben, wo viele ausländische Spediteure ihre Fahrstrecken zunächst an Mautterminals buchen werden.

Als kritische Punkte gelten unter anderem die Grenzübergänge Aachen-Süd nach Belgien und Holland, der Übergang in Kehl nach Frankreich, Frankfurt/Oder nach Polen und Kiefersfelden nach Österreich.

Drei Milliarden Euro erwartet

Stolpe betonte erneut, dass Mautpreller keine Chance hätten. Rund 500 Lkw-Fahrer hatten am 1.Januar versucht, die streckenabhängige Gebühr nicht zu zahlen. Dies entspricht einer Quote von 2,5 Prozent. "Uns ist so gut wie niemand entwischt", versicherte der Verkehrsminister. Das Kontrollsystem sei engmaschig.

Neben den rund 300 über die Autobahnen gespannten Überwachungsbrücken überprüfen bundesweit 560 Mitarbeiter des Bundesamtes für Güterverkehr in eigenen Fahrzeuge elektronisch die Mautpflichten der Lkw. Bei Prellerei drohen allein den Fahrern Bußgelder zwischen 75 und 20.000 Euro. Die Spediteure müssen ebenfalls zahlen. Ihre Strafen setzen bei 150 Euro ein.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums wies darauf hin, dass es vor zehn Jahren bei der Einführung der Autobahnvignette für Lkw eine Prellerquote von 20 Prozent gegeben habe.

Der Bund erwartet in diesem Jahr gut drei Milliarden Euro an Mauteinnahmen. Mindestens 2,4 Milliarden Euro sollen in den Ausbau von Straßen und Bahnstrecken fließen, 600 Millionen Euro erhält der Mautbetreiber Toll Collect. Für das Unternehmen, das mehrheitlich DaimlerChrysler und Deutscher Telekom gehört, beginnt nun die zweite Phase. Sämtliche Lastwagen, die ihre Streckengebühren über eine Mautbox in der Fahrerkabine abbuchen, müssen im Jahresverlauf erneut in die Werkstatt.

Dort wird der Mautcomputer ("On board unit") mit neuer Software überspielt. Erst dann können neu gebaute Autobahnabschnitte und Änderungen der Mautsätze automatisch berücksichtigt werden. "Erst dann haben wir den Auftrag des Bundes erfüllt", hieß es bei Toll Collect. In einem Jahr soll die Lkw-Maut, die derzeit durchschnittlich 12,4 Cent je Kilometer beträgt, auf 15 Cent erhöht werden.

Trotz des reibungslosen Starts streiten sich der Bund und die Toll Collect-Eigner DaimlerChrysler und Deutsche Telekom weiter um Schadenersatz. Der zweimal wegen technischer Pannen verschobene Starttermin hat in den Verkehrsetat ein Loch von fast 4,6 Milliarden Euro gerissen. Die Konzerne lehnen die Forderung des Bundes ab.

In einem Schiedsverfahren soll die Sache geklärt werden. "Wir wollen, dass das Schiedsgericht zügig darüber entschiedet", teilte das Verkehrsministerium mit.

© SZ vom 3.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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