Zugverkehr:Vorstoß nach Frankreich

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Das Münchner Start-up Flixtrain will auch jenseits des Rheins Fernzüge betreiben - und schwingt sich zum Hauptkonkurrenten von Europas Staatsbahnen auf. Allerdings gibt es da noch ein Problem.

Von Leo Klimm, Paris

Flixmobility, die Muttergesellschaft des Fernbusanbieters Flixbus, attackiert die französische Staatsbahn SNCF in ihrem Kerngeschäft. Das Münchner Start-up will auf fünf Strecken in Frankreich Fernzüge betreiben. Dazu zählen Verbindungen von Paris nach Lyon und von Paris nach Brüssel - zwei Strecken mit hohem Passagieraufkommen, die für SNCF besonders wichtig sind. Flixmobility habe für die Marke Flixtrain Anträge gestellt, teilte die Regulierungsbehörde Arafer mit.

Flixmobility ist der einzige Anbieter, der SNCF auf den fünf Strecken, die Ende 2020 für den Wettbewerb geöffnet werden, herauszufordern wagt. Dabei war man bei SNCF selbst bis vor Kurzem davon ausgegangen, dass sich zumindest Trenitalia, die italienische Staatsbahn, um die Fernstrecken bewerben würde. Auch die Deutsche Bahn (DB) stellt keine Anträge; die Expansion in Frankreich scheint für sie - zumindest auf Fernstrecken - keine Priorität zu haben. Dabei war es die Deutsche Bahn, die lange Zeit aggressiv auf die Öffnung dieses verlockenden Markts pochte.

Mit dem Vorstoß in Frankreich positioniert sich Flixmobility auch im zweiten europäischen Kernmarkt neben Deutschland als der einzige private Akteur im Geschäft mit öffentlichem Fernverkehr - traditionell eine Domäne staatlicher Konzerne. Wie in Deutschland ist Flixbus in Frankreich heute schon der dominante Anbieter bei Fernbussen. Zurzeit übernimmt er in Frankreich auch noch die Rivalen Isilines und Eurolines. Als Konkurrent im Busgeschäft bleibt damit nur Blablabus, eine Firma, an der SNCF beteiligt ist.

Nun sollen Züge hinzukommen. Auch hier wendet Flixmobility ein Modell aus Deutschland an, wo das Unternehmen seit 2018 auf drei Strecken Billigzüge fahren lässt, etwa von Berlin nach Köln. In Frankreich macht es sich zunutze, dass Präsident Emmanuel Macron nach jahrelangem Widerstand von SNCF die Marktöffnung durchgesetzt hat. Für SNCF war das Fernstrecken-Geschäft mit dem berühmten Hochgeschwindigkeitszug TGV lange höchst einträglich. In den vergangenen Jahren geriet es aber durch Billigflieger unter Druck. Demnächst kommt der Wettbewerb der Flixtrain-Billigzüge hinzu.

Wie in Deutschland wird Flixmobility keine Hochgeschwindigkeitszüge anbieten, sondern langsamere Intercity-Verbindungen. Aus diesem weniger profitablen Segment hat sich SNCF nach und nach zurückgezogen. Intercitys lassen sich auch in Deutschland kaum rentabel betreiben. Vor Flixtrain versuchten sich schon mehrere DB-Konkurrenten vergeblich an diesem Geschäft. Flixmobility setzt in Deutschland wie in Frankreich darauf, dass sich dank des engmaschigen Zubringernetzes der eigenen Fernbusse mit den Zügen doch Geld verdienen lässt.

Noch hat Flixmobility in Frankreich nur Anträge gestellt. Man warte in dem Land genau wie in Schweden, wo es auch Pläne für Zugbetrieb gibt, die Rückmeldung der Behörden ab und werde "dann prüfen, ob der Flixtrain auch in diesen Märkten eingeführt werden kann", heißt es bei Flixmobility. Offenbar zweifelt man daran, dass es bei der Bearbeitung der Anträge fair zugeht. Es würde sich schlecht machen, sagt der Frankreich-Chef des Unternehmens der Zeitung Le Parisien, "wenn wir das Handtuch werfen, weil die Chancengerechtigkeit nicht geachtet wird". Das Misstrauen hat einen Grund: Die Vergabe der Schienentrassen erfolgt durch eine Tochterfirma von SNCF.

© SZ vom 21.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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