Zugespitzte Lage:Intershop droht das Ende

Lesezeit: 2 min

Dem Software-Unternehmen Intershop droht die Zahlungsunfähigkeit. Der einstige Börsenstar des Neuen Marktes verfügt kaum noch über finanzielle Mittel.

Ulf Brychcy

(SZ vom 04.07.03) - Weil die Umsätze weiter abstürzen und die Verluste nach oben schnellen, wurde ein erneuter massiver Stellenabbau angekündigt, 220 Mitarbeiter müssen gehen.

Intershop-Hochhaus in Jena: Ein stolzer Firmensitz, aber hinter der Fassade wird mit Hochdruck gerechnet. (Foto: dpa)

Die Lage bei Intershop, dem einstigen ostdeutschen Vorzeigeunternehmen, hat sich dramatisch zugespitzt. Intershop-gründer und Vorstandschef Stephan Schambach und sein Finanzvorstand Jürgen Schöttler arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, um die drohende Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. "Wir glauben, wir können es abwenden", sagte Schöttler der Süddeutschen Zeitung.

Zwei Sofortmaßnahmen wurden eingeleitet, deren Erfolg jedoch ungewiss ist.

Mittel frei bekommen

Zunächst muss die angeschlagene Software-Firma für den normalen Geschäftsbetrieb dringend benötigte Mittel frei bekommen.

Intershop verfügt aufgrund des fortlaufenden Geschäftseinbruches nach eigenen Angaben nur noch über liquide Reserven in Höhe von 10,5 Millionen Euro (Stand 30.Juni) - und das bei einem für 2003 prognostizierten Jahresverlust (Ebitda) von rund 20 Millionen Euro.

Sieben Millionen Euro der ohnehin schon dünnen Liquiditätsdecke seien derzeit fest gebunden, mithin nicht greifbar, sagte Schöttler.

Mietgarantien

In Verhandlungen mit der Commerzbank, die einst den Börsengang von Intershop begleitet hatte, sollen fünf Millionen Euro rasch frei gemacht werden. Dabei geht es um Mietgarantien für das Intershop-Hochhaus in Jena, dem langfristig angemieteten Firmensitz.

Die Verhandlungen sind kompliziert, weil neben der sicherheitsgebenden Bank auch der Turm-Vermieter überzeugt werden muss. "Wir arbeiten an einer Lösung", betonte der Finanzchef: "Wir sind uns aber im klaren, was wir machen müssen, falls es uns nicht gelingt." Die Insolvenz ist dann offenkundig unvermeidlich.

Als weitere Notmaßnahme baut das Unternehmen erneut erheblich Stellen ab; jeder zweite der noch 445 Mitarbeiter muss gehen. "Die Kosten müssen ganz rasch nach unten gefahren werden", sagte Schöttler.

Geschäftsstellen werden verkauft

So sollen die verbliebenen Vertriebs- und Geschäftsstellen im europäischen Ausland an die dortigen Manager verkauft werden, rund 100 Stellen fallen dann weg.

In Jena dürften 100 Arbeitsplätze gestrichen werden. Hier soll eine Beschäftigungsgesellschaft gegründet werden, damit die Mitarbeiter ihr Unternehmen möglichst freiwillig, rasch und ohne kostentreibende Abfindungen verlassen. "Das Land Thüringen hilft uns", sagte Schöttler, ohne genauere Angaben zu machen.

Intershops Überleben hängt allerdings von weiteren Maßnahmen ab. "Wir benötigen Investoren", sagte der Finanzvorstand. Seit einem Jahr sucht Intershop-Gründer Schambach, der 19,2 Prozent an seinem Unternehmen hält, finanzielle oder strategische Investoren - bislang ohne jeden Erfolg.

Schon seit zweieinhalb Jahren auf Talfahrt

Intershop befindet sich nun schon seit zweieinhalb Jahren auf Talfahrt. Die von Schambach mehrfach angekündigte Wende ist immer wieder ausgeblieben.

"Die Lage ist nun dramatisch", sagte ein leitender Mitarbeiter. Das zweite Quartal ist so schlecht gelaufen, dass Intershop seine Prognosen erneut deutlich nach unten korrigieren musste. Statt des erwarteten Jahresumsatzes von 45 Millionen Euro wird nur noch mit 20 bis 25 Millionen Euro gerechnet.

Der Markt für Informationstechnologie liege am Boden, die Kunden hielten sich mit Investitionen in das Internet zurück, teilte Intershop mit.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: