Zu viele Mitarbeiter:Volkswagen plant drastischen Stellenabbau

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Der Wolfsburger Automobilhersteller will trotz besserer Verkaufszahlen tausende Stellen in Deutschland streichen.

Der Volkswagenkonzern hat angesichts gigantischer Überkapazitäten vor allem am Stammsitz Wolfsburg den größten Personalabbau seit Jahren angekündigt: Der Autobauer will über Vorruhestand und Abfindungen mehrere tausend Jobs streichen.

VW habe an den deutschen Standorten, vor allem in Wolfsburg, "einen Personalüberhang in einer Größenordnung von mehreren tausend Mitarbeitern", sagte Konzernchef Bernd Pischetsrieder auf einer Betriebsversammlung in Wolfsburg.

Pischetsrieder hatte vor Wochen in einem Interview 6.000 Stellen als Größenordnung genannt. Der Spiegel hatte dagegen berichtet, VW wolle 10.000 der 103.000 Stellen in den westdeutschen Werken abbauen. Die VW-Aktie reagierte mit einem Anstieg von zeitweise weit über 2 Prozent. Mehrere Analysten begrüßten den geplanten Jobabbau.

Pischetsrieder erklärte vor tausenden VW-Arbeitern, es sei dem Konzern in diesem Jahr gelungen, den Absatz zu steigern. Trotzdem gebe es aber noch zu viel Personal bei VW. "Angesichts des weltweiten Wettbewerbsdrucks brauchen wir weit reichende Kostensenkungen in allen Bereichen. Das gilt auch für die Personalkosten", sagte der Vorstandsvorsitzende. Es komme darauf an, Wachstumsmärkte aus deutschen Werken profitabel bedienen zu können.

Betriebsbedingte Kündigungen bis 2011 ausgeschlossen

Nach dem geltenden Tarifvertrag sind bei VW betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahr 2011 praktisch ausgeschlossen. Daher kann der Konzern einen Stellenabbau nur auf freiwilliger Basis erreichen.

Die Marke VW steckt seit vergangenem Jahr in den roten Zahlen. Einer der Hauptgründe ist die Überkapazität, die nach Schätzungen des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer eine Million Autos pro Jahr beträgt. Das Hauptwerk Wolfsburg mit 50.000 Beschäftigten muss aller Wahrscheinlichkeit nach die Hauptlast des Stellenabbaus tragen, weil die dort angesiedelte Golf-Produktion bei weitem nicht ausgelastet ist. Einzelheiten des geplanten Stellenabbaus blieben zunächst offen.

Der Autobauer teilte nur mit, zum Stellenabbau würde Volkswagen die im Rahmen des Tarifvertrags verfügbaren Instrumente wie Vorruhestand durch Altersteilzeit nutzen. "Vorgesehen ist die Ausdehnung auf den Jahrgang 1951, bei Bedarf auch auf den Jahrgang 1952. Darüber hinaus wird Mitarbeitern individuell ein Aufhebungsvertrag angeboten." Diese Maßnahmen gelten für Mitarbeiter in allen Bereichen, auch Manager.

1000 Arbeitsplätze hängen am "Marrakesch"

Pischetsrieder sprach auch den Bau des geplanten kleinen Geländewagens Marrakesch an. Er sagte, mit einer Entscheidung, den kompakten Geländewagen in Wolfsburg zu bauen, könnten rund 1.000 Arbeitsplätze gesichert werden.

Vergangene Woche war Streit zwischen Arbeitnehmervertretern und Unternehmen ausgebrochen, als VW-Markenchef Wolfgang Bernhard eine Ultimatum an die Belegschaft stellte. VW werde den Marrakesch statt in Wolfsburg in Portugal bauen lassen, falls der Betriebsrat nicht bis zum 26. September niedrigere Arbeitskosten akzeptiere, sagte Bernhard. Das Werk Palmela in Portugal arbeite pro Wagen 1.000 Euro billiger, erklärte er. Die Gewerkschaft warf ihm daraufhin Wild-West-Methoden vor.

Pischetsrieder sagte, die Verhandlungen über eine Einigung liefen weiter. Ein Konzernsprecher machte klar, dass ein Scheitern der Verhandlung den Personalüberhang in Wolfsburg vergrößern würde.

Arbeitnehmer signalisieren Entgegenkommen

Gesamt-Betriebsratschef Bernd Osterloh signalisierte unterdessen Entgegenkommen. Doch auch der Konzern müsse nach weiteren Lösungen suchen, forderte Osterloh auf der Betriebsversammlung.

"Wir kämpfen für die Sicherung des Standortes. Weil wir die schwierigen Rahmenbedingungen und einen sich immer weiter verschärfenden Wettbewerb kennen, sind Belegschaft und Betriebsrat bereit, mit dem Vorstand und dem Management nach Lösungen zu suchen", sagte Osterloh.

Hierzu sei aber ein gemeinsame Vertrauensbasis nötig, "und diese wird ganz stark davon geprägt, dass bestehende Verträge und Vereinbarungen eingehalten werden", betonte Osterloh.

Anstelle von Drohungen erwarte die Belegschaft vom Management mehr Kreativität. "Wenn am Produkt keine Kosteneinsparung erzielt werden kann, dann muss nach weiteren Möglichkeiten gesucht werden. Diese Suche darf nicht auf eine Reduzierung der Personalkosten beschränkt werden und damit einseitig zu Lasten der Beschäftigten gehen."

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