Zehn Jahre Motley Fool:Die Narren sind erwachsen geworden

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Die Mitarbeiter der Motley Fool Inc., für ihr ungestümes Temperament ebenso bekannt, wie für ihr finanzielles Know-how, feiern ihren zehnten Geburtstag bemerkenswert leise. Der Reifungsprozess war allerdings auch schmerzhaft.

Von Fritz Niemann

David Gardner, einer der "Narren"-Gründer muss sich auf Parties häufig fragen lassen "machst du eigentlich das Internet-Zeug noch?". Er macht.

Die Gründernarren: David und Tom Gardner (Foto: Foto: Motley Fool)

Gardner, sein Bruder Tom und ihre Narrenbande sind noch dabei und feiern dieses Jahr das zehnjährige Bestehen der Motley Fool´s.

Die in Alexandria, im US-Bundesstaat Virginia angesiedelte Firma ist heute merklich kleiner und - zum Bedauern eingefleischter Fool´s-Fans - wesentlich normaler, als zu den wilden New-Economy-Zeiten.

Den Kicker gibt es noch

Im zweiten Stock gibt es noch einen Tischkicker und im loftartigen Konferenzsaal kann man sich es in Sitzsäcken gemütlich machen, dennoch sind die Mitarbeiter ruhiger und einfach auch etwas älter geworden.

"Alle von uns haben Kinder", wie der 37-jährige David Gardner, selber dreifacher Vater, sagt "es geht nicht mehr darum, zu sagen, hey, bring deinen verrückten Kumpel mit ins Büro. Heute heißt es, hey, bring deine Kids mit".

Über ihre Umsätze schweigt sich die Firma aus, aber ihre Bosse betonen, dass die Geschäfte nach einem schmerzhaften Reifungsprozess heute gut laufen und dass Motley Fool in den letzten zwei Jahren Geld verdient hat. Sogar neue Mitarbeiter werden langsam wieder eingestellt.

Ende der Narrenzeit?

Im Katastrophenjahr 2001 haben die Finanzgurus über drei Viertel ihres Personals an die Luft gesetzt und standen heftig in der Kritik, weil sie eine Gebühr für ihre Online-Messageboards verlangten. Nur kurze Zeit später zogen die Lieblinge der Medien sich ein wenig aus der Öffentlichkeit zurück, was prompt zu Spekulationen über ein Ende der Narrenzeit führte.

Der Aufstieg von Motley Fool´s fiel mit der Welle der Do-it-yourself-Anleger zusammen, in der es möglich schien, dass jeder, der ein bisschen Bescheid wusste, innerhalb kurzer Zeit zum Nasdaq-Millionär werden konnte. Die Website der Narren, in einer unterhaltsamen und verständlichen Sprache gehalten, galt schnell als Einstiegslexikon für Jedermann zu dieser komplexen Welt.

Aber als die Märkte fielen, galt der riskante Online-Handel schnell nicht mehr als glamouröses Hobby. "Als die Blase platzte, platzte auch viel von dem Enthusiasmus, der eine Website, wie die der Motley Fool´s begleitete", so Rai Dhinsa von Jupiter Research.

Manche machen die Motley Fool´s auch mitverantwortlich für das Platzen der Blase an den Aktienmärkten, weil sie mit ihren Anlagetips die Werte von Aktien künstlich in die Höhe getrieben hätten.

1993 begann alles

Begonnen hatte alles 1993. Die Gardner-Brüder druckten einen Börsenbrief, der Kaufempfehlungen enthielt. Abonnenten waren vor allem Freunde ihrer Eltern und deren Kollegen. Die beiden Brüder waren zudem sehr frühe Internetadepten, die Online-Diskussionsforen anbaten.

Als 1994 dann America Online (AOL) den Content der Motley Fool´s in ihre Community aufnahmen, wurden die beiden schlagartig bekannt. Motley Fool schaffte es, in zwei Venture-Capital Runden knapp 60 Millionen Dollar zu ergattern, was Mitte der Neunziger eine rapide Expansion ermöglichte.

Filialen in Großbritannien und Deutschland wurden gegründet und mit Pat Garner, einem ehemaligen Coca Cola-Manager, ein erfahrener Industrieboss in den Vorstand geholt. Auf dem Höhepunkt gab es 400 Narren und Gerüchte über einen Börsengang.

Und den Mitarbeitern gefiel es, ein Narr zu sein. Wie Mike Cannon, ein später gefeuerter Motley Fool sagte "gab es keinen Tag, an dem ich nicht gerne zur Arbeit gegangen bin".

Limitiertes Gewinnpotential

Im Jahr 2001 wurde aber klar, das das Gewinnpotential für kostenlose Finanzinformationen sehr limitiert ist. In der Folge wurde die deutsche Filiale geschlossen und der Ex-Coca Cola Mann Garner verließ die Company wieder.

"Viel von unserem Spirit ist mit der Börse und deren Performance verbunden", so David Gardner. "deswegen hatten wir 2000 und 2001 einen extrem harten Arbeitsplatz."

Im April 2002 kehrten die Narren zu ihren aus Papier und Tinte bestehenden Wurzeln zurück.

Analog schlägt digital

In Zeiten der Digitalität mutet es bizarr an, dass eine Firma mit gedruckten Finanzinformationen Geld verdient, obwohl sie die gleichen Informationen im Internet kostenlos anbietet. Aber laut Motley Fool´s gibt es 36.000 Abonnenten ihres Börsenbriefes, den diese sich 200 Dollar jährlich kosten lassen.

"Die Leute denken nicht mal nach, ob sie Geld für ein gedrucktes Magazin ausgeben sollten, während sie auf die Frage, ob sie auch für ein Online-Angebot zahlen würden, mit ungläubigem Kopfschütteln reagieren", so David Gardner.

Neue Produkte geplant

Neben ihrem Börsenbrief bietet Motley Fool´s noch zwei andere Produkte an: einen Newsletter, der sich mit unterbewerteten Aktien und einen zweiten, der sich mit allgemeinen Finanzinformationen befasst. Weitere Produkte befinden sich in der Planungsphase.

Die Narren sind bei ihrer Mission geblieben: Menschen durch Aufklärung und Information dabei zu helfen, ihre finanzielle Lage zu verbessern. Aber sie sind heute weniger abhängig vom Internet, um bei der Erfüllung dieser Mission auch selber Geld zu verdienen.

Im Alter kommt die Reife

Neben ihren Börsenbriefen und Newslettern haben die Motley Fool´s zwölf Bücher veröffentlicht, schreiben in 244 Zeitungen eine wöchentliche Kolumne und haben in 120 Radiostationen eine wöchentliche Show.

"Unser Gefühl von Frieden und Stabilität ist heute viel größer, als zur Boomzeit", sagt Gardner. "wir sind nicht mehr so verrückt, wie früher und das fehlt uns schon manchmal. Aber in den schwierigen drei Jahren gab es keine Ruhe. Alle von uns sind ganz schön gealtert."

Die Narren sind reifer geworden - auch wenn dabei viel vom Esprit der wilden Zeiten verloren gegangen ist.

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