Woran Studenten tüfteln:Querdenker und Vordenker

Studenten denken nicht bloß an die nächste Prüfung: Mit innovativer Forschung arbeiten sie an kreativen Zukunftsprojekten. sueddeutsche.de zeigt die besten Ideen.

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Der Studentenwettbewerb "Generation D" ist ein bundesweiter Ideenwettbewerb, der zeigen will, dass Studentinnen und Studenten nicht bloß an die nächste Prüfung denken - sondern auch daran, wie sich dieses Land gestalten lässt. Bis zum 15. Juli haben Teams Zeit, ihre Vorschläge einzureichen. Wir zeigen schon vorab einige Projekte, an denen Hochschüler tüfteln.TU Chemnitz Das 0,04-Liter-AutoWie weit kann man den Verbrauch eines Fahrzeugs überhaupt runterschrauben? Sehr, sehr weit, wie das Team von "Fortis Saxonia" immer wieder feststellt. Seit 2004 versuchen die Studenten und Absolventen ein Auto zu bauen, das mit möglichst gar keinem Treibstoff möglichst weit fährt. Und sie haben Erfolg: Ihr zweites Gefährt, das Sax 2, nahm im vergangenen Jahr am Shell-Eco-Marathon teil, wo es gilt, eine 50 Kilo schwere Testperson möglichst sparsam zu befördern. Die Chemnitzer wurden Fünfte unter mehr als zweihundert Teilnehmern. Angetrieben wird ihr Gefährt von einer Brennstoffzelle, betankt wird es mit Wasserstoff. Wenn man den Energieverbrauch des Sax 2 umrechnet in das, was Benzin leistet, dann fährt es mit einem Liter Super 2552 Kilometer weit. Das macht 0,04 Liter auf 100 Kilometer. Inzwischen bauen die Studenten bereits am Sax 3. Das Ding muss noch leichter werden, neue Materialien, weniger Kabel, da geht noch was. Bis Mai wollen sie das Fahrzeug fertig haben: Dann steht der nächste Eco-Marathon an.(reo)

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Witten/Herdecke In acht Monaten um die Welt Das war eine nicht alltägliche Studienreise: Unterstützt von ihrer Universität und finanziert von Sponsoren, waren die Wittener Wirtschaftsstudenten Jan Holzapfel, Tim Lehmann und Matti Spiecker acht Monate in 25 Entwicklungsländern unterwegs. Sie führten Gespräche mit Unternehmern, die sich für soziale Gerechtigkeit und verträgliche wirtschaftliche Entwicklung einsetzten - etwa zur Lösung von Abfallproblemen, die Unterstützung von Straßenkindern oder den Erhalt von Küsten-Ökosystemen. Unterwegs berichteten die drei Reisenden via Internet von ihren Erlebnissen. Außerdem gab es Internet- und Video-Konferenzen mit Schulklassen aus ganz Deutschland, um junge Menschen für das Thema nachhaltige Entwicklung sensibel zu machen. Die "Expedition Welt", wie die Studenten ihr Abenteuer nannten, war nur der Auftakt zu einem anderen Projekt: Der Initiierung einer Stiftung mit dem Namen Welt:Klasse. Sie soll es deutschen Schülern ermöglichen, in Schwellenländern an Umwelt- und Sozialprojekten zu arbeiten.(stw.)

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Universität Bremen Cleverer Rollstuhl Rolland, der Rollstuhl, ist schon ziemlich intelligent: Er kann sich selbständig bewegen und in leeren Korridoren navigieren. Aber die Fortbewegung in Räumen mit Möbeln ist für ihn noch ein echtes Problem. Es zu lösen, darum bemüht sich das Projekt Rolland@Home am Fachbereich Informatik der Universität Bremen. Dort ist auch schon sein Nachfolger in Entwicklung, der "IntelligentWalker". Navigation auf engem Raum und bei beweglichem Mobiliar, die Interaktion mit häuslichen Geräten, zum Beispiel durch Sprachsteuerung - das sind die Herausforderungen, die die Studenten der Arbeitsgruppe "Kognitive Robotik" lösen wollen. Einfach gesagt, verlässt sich Rolland nicht nur auf den Menschen, sondern er macht sich selbst ein Bild von seinem Umfeld. Rolland soll Patienten mit Behinderungen, vor allem aber älteren Menschen ihre Mobilität zurückgeben. Die Menschen werden immer älter, aber alt soll nicht automatisch unbeweglich und abhängig bedeuten müssen. Service-Roboter liegen im Trend, und Rehabilitationsrobotern werden besonders gute Chancen nachgesagt.(mth.)

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European Business School Hausbau in Mississippi An der European Business School (EBS) im Rheingau wird Wert darauf gelegt, dass Studenten nicht nur ans Geld denken, sondern sich auch sozial engagieren. Genau das tut der von der Studentin Anja Thiessen initiierte Verein Make A Difference (MAD) mit inzwischen 80 Mitgliedern. Er wurde 2005 gegründet, nachdem eine Gruppe von Studenten eine Woche lang in einem Ghetto im Staat Mississippi an einem Haus für eine bedürftige Familie mitgebaut hatte. Es war nicht der letzte Arbeitseinsatz im Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Insgesamt haben die Studenten bereits elf Häuser miterrichtet. Durch die Arbeit würden die MAD-Mitglieder für Missstände sensibilisiert und zu sozialen Engagements motiviert, sagt Thiessen. Profiteure seien damit nicht nur die neuen Hausbesitzer, sondern auch die Studenten, die einen "nie zuvor erlebten Teamgeist" erfahren würden. MAD finanziert sich aus Beiträgen, Spenden und Aktionen wie Partys oder Kuchenverkauf. Zehn Euro kostet eine Arbeitsstunde. Langfristig werden Partnerschaften mit Firmen angepeilt.(haz.)

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RWTH Aachen Schulen für Südafrika Auch nach dem Ende der Apartheid sind viele Schwarze in Südafrika arm und arbeitslos. Ein Schlüssel zu einem besseren Leben ist die Bildung. Hier setzt "Montic" an, ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer europäischer Hochschulen zusammen mit dem gemeinnützigen österreichischen Verein S2arch. Studenten entwerfen und bauen gemeinsam mit einheimischen Schülern, Handwerkern und Freiwilligen in Südafrika Kindergärten, Bibliotheken und Schulen. Für die Primary School in Montic, einem Township von Johannesburg, haben Architekturstudenten aus Aachen bereits einen Kindergarten gebaut. In diesem Sommer errichten sie für das Ithuba Skills College eine Veranstaltungshalle für 150 Menschen. "Ithuba" ist Zulu und bedeutet Chance. Während der fünfjährigen Ausbildung am College erwerben Jugendliche handwerkliches und unternehmerisches Basiswissen, das sie auf die häufigste Art des Erwerbs vorbereitet: die Selbständigkeit. Heute sind bis zu 60 Prozent der Menschen aus den Siedlungen um Montic ohne Arbeit.(dom)

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Universität Mainz Migranten als Chance Lange wurde Migration in Deutschland einseitig und vor allem fremdenfeindlich diskutiert. Parolen wie "Das Boot ist voll" schürten die Ängste der Menschen vor einer Überfremdung des Landes. Niemand wollte die Potentiale sehen, die Migranten für ihre Gast- und ihre Herkunftsländer bieten. Um der Debatte über Migration durch wissenschaftliche Beiträge neue, positive Denkanstöße zu geben, entstand im Herbst 2006 auf Anregung von Professor Herbert Dittgen an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz die Arbeitsgemeinschaft Migration und Entwicklung. In ihr arbeiten Studenten der unterschiedlichsten Disziplinen zusammen. "Migranten sollten als Chance und nicht als Bedrohung erlebt werden", sagt AG-Mitglied Sebastian Herold. Im November veranstaltet die AG eine Konferenz. Die Gruppe arbeitet eng mit der AG Ruanda zusammen, und beiden gehört Gaspard Ngarambe an. Auf dem Wissenschaftsmarkt im September wird er einen Solarkocher präsentieren, der Menschen in Ruanda unabhängiger vom Brennstoff Holz machen soll.(haz.)

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TU Dresden Wie aus dem G ein H wird Russen tun sich mit der deutschen Sprache schwer: Buchstaben wie das H kennt das kyrillische Alphabet nicht, und so wird aus Hamburg erst einmal Gamburg. Deshalb machte sich Oliver Jokisch vom Institut für Akustik und Sprachkommunikation der Technischen Universität Dresden auf die Suche: Zusammen mit anderen Wissenschaftlern, Studenten und zwei Unternehmen arbeiten sie an einer Lehrmethode, Aussprachefehler mit Hilfe des Computers zu analysieren und zu verbessern. Die Sprachschüler können dabei auf eine audiovisuelle Datenbank mit Sprachmustern deutscher und russischer Muttersprachler zurückgreifen. "Vor allem Sprachwissenschaftler, künftige Germanisten und Doktoranden sind vom Azar-Programm überzeugt", sagt Jokisch. "Auch der von unseren Partnerfirmen vertriebene Sprachtrainer wird immer beliebter." Angespornt vom Erfolg arbeiten die Dresdner schon am nächsten Projekt: Euronounce widmet sich mittel- und osteuropäischen Sprachen. "Künftig", kündigt Jokisch, "werden wir uns auch mit Englisch befassen."(uhl)

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Universität Karlsruhe Ingenieure ohne GrenzenDass die "Ärzte ohne Grenzen" weltweit freiwillig medizinische Hilfe leisten, ist weithin bekannt. Aber kaum jemand kennt die Mitglieder der Gruppe "Engineers without Borders" (EWB) an der Universität Karlsruhe, die vor vier Jahren gegründet wurde. Bau-, Wirtschafts- und Chemie-Ingenieure, aber auch Geologen lassen sich vom gleichen Grundgedanken leiten wie die Ärzte: Ihr Ingenieurwissen wollen sie in der Dritten Welt zur Verfügung stellen für Projekte, die die Menschen dort voranbringen. So bauten die "Ingenieure ohne Grenzen" im Alter zwischen 19 und Ende 20 zusammen mit den Slumbewohnern im indischen Hyderabad eine hygienisch einwandfreie Wasserver- und -entsorgungsanlage. In Sri Lanka bauten sie eine Brücke über einen Fluss, sodass die Bauern ihre Felder jetzt ganzjährig bestellen können. Und zusammen mit brasilianischen Studenten konstruierten sie ökologische Modellhäuser aus Kunststoffmüll, die die Einwohner einer Armensiedlung in Curitiba im Bundesstaat Paranà leicht nachbauen können.(dad)

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TU München Kolibri im Testbetrieb Es läuft gut. Der Prüfstand, den die Studentengruppe Hummingbird der TU München am Lehrstuhl für Flugantriebe in Garching aufgebaut haben, funktioniert reibungslos. Bald wird das Triebwerk TJ-67 LS eingebaut, dann können die Versuche beginnen. An der kleinen Turbine probieren die Studenten aus, wie sich auch an größerem Gerät der Wirkungsgrad steigern, die Emissionen senken und Abgasenergie in den Prozess zurückführen lassen. "Der effizientere Einsatz von Energie ist ein großes Zukunftsthema", sagt Doktorand Nikolaus Spyra, er betreut das Projekt. Die Studenten haben sich nach dem englischen Wort für Kolibri benannt, weil das Triebwerk klein ist und sein Surren an den Vogel erinnert. Rund zwei Dutzend Studenten arbeiten an dem Projekt, sie wollen auch ein Triebwerk entwickeln. Die TJ-67 LS ist noch geliehen, von der Firma Alfred Frank. Auch das gehört dazu: Die Studenten müssen sich Sponsoren suchen - auch Ingenieure müssen wissen, was Kostenverantwortung ist, sagt Spyra.(etd)

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Universität Stuttgart Fahren mit dem Wind Autofahren ohne einen Tropfen Sprit? Ohne Abgase und Umweltverschmutzung? Noch ist das Zukunftsmusik, aber die ersten Töne sind schon am Stuttgarter Lehrstuhl für Windenergie zu hören, dem ersten bundesweit. Ein Studententeam um Alexander Miller, einen 26-jährigen Diplomanden der Luft- und Raumfahrttechnik, konstruiert gerade das Ventomobil, eine Mischung aus Hubschrauber und Sportwagen. Es wird ausschließlich mit Windkraft angetrieben: Der zwei Meter große Rotor wandelt Wind in Bewegung um. Windenergie und Mobilität zusammenzubringen, das ist ein technisch anspruchsvolles Problem, an dem die Studenten seit November 2007 tüfteln. Noch sind nur Modelle aus Legosteinen zu besichtigen. Aber bis August muss der Prototyp fertig sein. Denn dann geht es in den niederländischen Küstenort Den Helder zum Wettbewerb "Aeolus Race". Dort soll das Ventomobil gegen sechs andere windbetriebene Gefährte auf einer drei Kilometer langen Teststrecke antreten - und natürlich gewinnen.(dad)

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Universität Greifswald Gemeinsame TöneWie hilft gemeinsames Musizieren, Vorurteile und Ängste gegenüber dem Fremden zu überwinden? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Vertrauen und der Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation zwischen jungen Deutschen und Polen? Nach Antworten suchen Nachwuchswissenschaftler und Studenten der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald innerhalb des Graduiertenkollegs "Kontaktzone Mare Balticum: Fremdheit und Integration im Ostseeraum". "Nach dem Wegfall der Grenzen und beim sich nun bildenden neuen Wirtschaftsraum in der Ostseeregion ist das Thema hochaktuell", sagt Martin Krieger, wissenschaftlicher Mitarbeiter im neugegründeten Zentrum für Forschungsförderung der Universität. So will die Uni mit dem Aufbau eines "Forschungs-Innovationssystems" den Wissenstransfer in die Praxis verbessern. "Die neue Datenbank soll den schnellen Zugriff auf die neuesten wissenschaftlichen Leistungen der Universität erleichtern", erklärt Krieger.(uhl)

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Leibniz-Universität Hannover Sonnenhungrig auf dem Dach Seit dem vergangenen Sommer bauen Studenten des Arbeitskreises Regenerative Energien in Hannover an einer Solaranlage auf dem Dach der Hauptmensa der Leibniz-Universität. Im Mai soll es mit der Installation der Solarmodule losgehen. Das Ziel lautet, 90 Photovoltaikmodule zu errichten, die dann jährlich ungefähr 17000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Ein Kohlekraftwerk würde für diese Menge Strom die Umwelt mit etwa 16 Tonnen Kohlendioxid belasten. Der Verein Ökostadt organisiert den Bau und die Verwaltung der Solaranlage, die Universität stellt den Raum zur Verfügung und sorgt für eine wissenschaftliche Einbindung. Schon mit 50 Euro kann sich jeder an dem interdisziplinären Projekt beteiligen und erhält dann 20 Jahre lang eine verlässliche Rendite. Die Uni will ihren Studenten mit dem Projekt "Sonnenhungrig" zukunftsorientiertes Denken vermitteln. Denn wissenschaftliches Engagement müsse sich nicht auf Forschung und Entwicklung beschränken, findet der Präsident Erich Barke.(mth.)

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