Wohnungsmarkt:Kaufen oder mieten?

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Rechnet sich die Investition in ein Eigenheim oder ist Mieten doch günstiger? Die Entscheidung hängt vom Standort ab.

Simone Gröneweg

Kaufen oder mieten? Das ist die vielleicht wichtigste wirtschaftliche Frage, die man sich im Laufe seines Lebens stellt. Schließlich ist die Finanzierung einer eigenen Immobilie ein finanzieller Kraftakt. Und manchmal kann die Entscheidung für das eigene Haus auch zur nervlichen Kraftprobe werden.

(Foto: SZ Graphik: H. Ang.; Quelle: LBS)

Das musste jedenfalls Familie H. erfahren. Nach langem Suchen fand das Ehepaar mit zwei Kindern ein passendes Neubauprojekt in München. Nachdem die Finanzierung gesichert war, sollte das Bauen losgehen.

Verspätungen und Unterbrechungen

Der Generalunternehmer fing jedoch verspätet an, und dann wurden die Bauarbeiten über Monate hinweg immer wieder unterbrochen, weil die Handwerker vom Unternehmer kein Geld bekommen hatten.

Am Ende hatte die Familie zwar strapazierte Nerven - ins eigene Haus konnte sie trotzdem einziehen. Ob sich die Entscheidung gerechnet haben, ist noch unklar. "Der Kaufpreis war fair, wir konnten einziehen und zahlen jetzt keine Miete mehr", sagt die Ehefrau.

Mit etwas Glück gewinnt das Grundstück an Wert

Wenn sie Glück hat, ist das Grundstück, auf dem das Haus steht, in einigen Jahren viel teurer als zum Zeitpunkt des Kaufes. Immobiliengewinne liegen in der Regel an gestiegenen Grundstückspreisen.

Wer sich für eine eigene Immobilie entscheidet, sollte also darauf achten, dass das Haus oder die Wohnung am richtigen Platz ist. "Vor 20 Jahren konnte man ein Haus oder eine Wohnung kaufen, ohne sich großartig Sorgen über die Wertentwicklung zu machen. Das ist jetzt anders", sagt Tobias Just, Immobilienanalyst bei der Deutschen Bank.

Denn während in anderen europäischen Ländern die Immobilienpreise in die Höhe geschossen sind, hat sich in Deutschland wenig getan. Für den Euro-Raum errechnete die Europäische Zentralbank für das Jahr 2005 bei den Immobilienpreisen im Mittelwert ein Plus von 7,6 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es 7,2 Prozent.

Von solchen Wertzuwächsen können die Deutschen nur träumen. "2005 lag der Wertzuwachs bei deutschen Wohnungen bei null Prozent", sagt Just. Im Vorjahr seien die Preise im Mittel sogar um 0,5 Prozent gefallen. "Der Kauf einer Immobilie lässt sich in einem Punkt mit dem Kauf von Aktien vergleichen", so Just.

Nicht auf Verkauf angewiesen sein

Man sollte nicht kurz nach dem Erwerb darauf angewiesen sein, das Eigenheim wieder zu verkaufen. Seien die Preise dann niedriger, werde der Verkauf unter Umständen ein Verlustgeschäft.

Aber auch über einen längeren Zeitraum bleibt die Rechnung knapp. Generell gilt: Je teurer die Immobilie ist und je knapper die Eigenmittel sind, desto eher sind die Grenzen der Belastbarkeit erreicht. Bei der Überlegung pro oder kontra Eigenheim muss der Kaufinteressent auch bedenken, dass er das Ersparte zwischenzeitlich anlegen kann.

Abzahlung in 25 Jahren

Ein Beispiel: Ein Paar hat 50 000 Euro gespart. Würde es 150 000 Euro Kredit aufnehmen, könnte es sich in vielen Orten in Deutschland ein Haus kaufen. Läge der Kreditzins bei fünf Prozent und würden die beiden anfangs zwei Prozent pro Jahr tilgen, läge die monatliche Belastung bei 875 Euro. In 25 Jahren könnte das Darlehen abgezahlt sein.

Bei einer jährlichen Wertsteigerung von einem Prozent wäre die Immobilie dann 250000 Euro wert. Würde sich das Paar gegen ein Eigenheim entscheiden, könnten die beiden das Ersparte anlegen. Bei einer jährlichen Rendite von acht Prozent etwa in einem Aktienfonds würde das Endkapital 340 000 Euro betragen.

Immerhin: Wer sich derzeit überlegt, eine Immobilie anzuschaffen, trifft auf ein günstiges Umfeld. Das Zinsniveau ist niedrig. Zurzeit kostet ein Hypothekenkredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren etwas mehr als vier Prozent Zinsen; in den vergangenen 24 Jahren waren es im Durchschnitt mehr als sieben Prozent. Finanzielle Vorteile wie Mietersparnis und Wertsteigerung sind außerdem steuerfrei.

Letztlich hängt die Rentabilität der Immobilieninvestition aber vom Standort des Hauses oder der Wohnung ab. Die Tatsache, dass die Zahl der Menschen in Deutschland schrumpft, schlägt sich auch auf dem Immobilienmarkt nieder.

Stagnation im Osten

Die Entwicklung wird zunächst noch gebremst, denn die Zahl der Haushalte wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Das Problem ist aber, dass vor allem Teile des Ostens und auch die alten westdeutschen Industrieregionen von Stagnation und Schrumpfung betroffen sind. Experten sprechen vom Patchwork-Wohnungsmarkt: "Wohnungsleerstand und Wohnungsmangel treten gleichzeitig auf", sagt Hermann Adam, Immobilienexperte bei der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen.

"In Ostdeutschland könnten in 20 Jahren komplette Dörfer leer stehen", sagt Just. In anderen Teilen Deutschlands könnten die Immobilienpreise dagegen deutlich steigen. So glaubt das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut, dass bis 2020 unter anderem Süddeutschland, Bremen und Hamburg zu den Gewinnern gehören.

Grundsätzlich gilt: In wirtschaftlich starken oder wachsenden Städten dürften die Preise steigen. "Die Menschen zieht es in wirtschaftlich starke Gegenden. Schwächelt die Wirtschaft, wirkt sich das zwangsläufig auf den Immobilienmarkt aus", sagt Peter Rohland, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes für Wohneigentum und Stadtentwicklung.

Standortverlagerungen haben Folgen für den Immobilienmarkt

Die Region, in der man kaufe oder baue, sollte deswegen nicht nur von einem oder zwei Unternehmen abhängig sein, sagt Immobilienexperte Just. "Verlegt eine Firma ihren Standort ins Ausland, hätte das sonst gravierende Folgen für den regionalen Immobilienmarkt."

Wer Wohneigentum sucht, sollte aber nicht nur die Region, sondern auch Verkehrsanbindungen, Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten und Schulen in der unmittelbaren Umgebung prüfen. Experten erwarten noch einen weiteren Trend: Der Bedarf an seniorengerechten Objekten wird zunehmen. Wohnungen mit Fahrstuhl und Häuser ohne große Gärten würden deshalb in einigen Jahren mehr Chancen haben, heißt es.

© SZ vom 16.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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