Wissenschaftliche Studie:Heimliche Börsenstars

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Schon alleine der Name einer Firma kann darüber entscheiden, ob deren Aktien an der Börse steigen oder fallen.

Sebastia Herrmann

An der Börse werden Aktien gehandelt und Banalitäten ausgetauscht. "Kauf im Mai und bleib dabei", ist so eine Weisheit. Im Englischen scheint das Gegenteil zu gelten: "Sell in may and go away."

Kommentatoren sprechen dann von Börsenpsychologie oder Parkettgeflüster. Kurz gesagt: Den rationalen Investor, der Informationen kühl prüft, eine Entscheidung trifft und damit immer gute Ergebnisse erzielt, den gibt es nicht.

Die amerikanischen Psychologen Adam Alter und Daniel Oppenheimer von der Universität Princeton berichten nun von einer weiteren Facette, die zum Bild des irrationalen Spekulanten passt:

Einfacher Name, höherer Kurs

In der Online-Ausgabe des Fachmagazins Proceedings of the National Academy of Sciences schreiben sie, dass offenbar allein der Name einer Firma, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, die Entwicklung des Kurses beeinflusst: Je leichter er sich aussprechen lässt, desto besser entwickelt sich kurzfristig der Kurs.

Für ihre Studie ließen die beiden Psychologen zunächst Probanden fiktive Firmennamen danach bewerten, wie leicht sich diese aussprechen ließen: Dabei wurden Namen wie Aegeadux oder Queown als wesentlich komplexer bewertet, als Beispiele wie Barnings oder Vander.

Eine zweite Gruppe schätzte dann, wie sich die Aktienkurse der fiktiven Firmen entwickeln könnten. Wie erwartet, trauten sie Unternehmen mit einfachen Namen eine bessere Kursentwicklung zu als kryptisch klingenden Konkurrenten.

Informationen, die sich leichter verarbeiten und erfassen lassen, werden eben als positiver und auch glaubwürdiger bewertet, schreiben Alter und Oppenheimer, das gelte auch für Firmennamen.

Die Ergebnisse ihrer noch wenig aussagekräftigen Laborsituation ließ sich auch auf wirkliche Finanzmärkte übertragen. Dazu sammelten die Psychologen die Daten der Firmen, die zwischen 1990 und 2004 ihre Anteilsscheine an die New York Stock Exchange oder die American Exchange gebracht hatten.

Wieder bewerteten Probanden erst die Namen der Firmen auf ihre Einfachheit. Und wieder ließ sich ein Zusammenhang mit der Kursentwicklung feststellen. "Am stärksten war der Effekt direkt nach einem Börsengang", sagt Alter.

Hätte ein Investor für 1000 Dollar Aktien der zehn Firmen mit den griffigsten Namen gekauft, wären daraus binnen der ersten Handelswoche der Aktien 1155,70 Dollar geworden. Die Aktien mit den zehn kompliziertesten Namen waren nach dieser Zeit nur 1037,20 Dollar wert. Auch nach einem Jahr lagen die Kurse noch auseinander. Erst nach längerer Zeit würden sie sich annähern, schreiben die Psychologen.

Selbst Profis - institutionelle Investoren - ließen sich von Faktoren wie Firmennamen beeinflussen, glaubt auch Stephan Grünewald vom Kölner Rheingold Institut für qualitative Markt- und Medienanalyse.

"Informationen müssen gebündelt werden, um eine Entscheidung zu treffen, und dabei spielt auch der Name eines Unternehmens eine Rolle", sagt der Psychologe, der die unbewussten Ursachen von Kaufentscheidungen untersucht. Trotzdem: Niemand solle nun sein Investmentdepot nach dem Wörterbuch ausrichten, warnen Alter und Oppenheimer.

© SZ vom 31.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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