Wirtschaftswachstum:Regierung senkt Prognose für 2005

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Trotz der Reduzierung liegt die Schätzung noch immer eher am oberen Rand der Vorhersagen. Wirtschaftsforschungsinstitute gehen von 0,7 Prozent aus.

Die Bundesregierung hat ihre Hoffnungen auf einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung und einen Durchbruch im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit noch in diesem Jahr begraben.

Sie senkte am Freitag ihre Konjunkturprognose für 2005 von 1,6 auf 1,0 Prozent und schraubte ihre Erwartungen für den Arbeitsmarkt ebenfalls drastisch zurück. Da die neue Wachstumsvorhersage die Grundlage für die Steuerschätzung im Mai bildet, müssen Bund und Länder mit weiteren Mindereinnahmen in Milliardenhöhe rechnen.

Hoher Ölpreis bremst das Wachstum

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) gab sich bei der Bekanntgabe der überarbeiten Vorhersage weiterhin demonstrativ optimistisch. Die Reduzierung sei "kein Grund, mit dem Kopf unter dem Arm herumzulaufen", betonte er in Berlin.

Schon 2006 seien wieder 1,6 Prozent Wachstum in Sicht. Viele Signale ließen den Schluss zu, dass "die wirtschaftliche Belebung weitergeht und an Kraft gewinnt". Noch im Januar hatte Clement im Bundestag erklärt, die Chancen für einen Aufschwung und eine deutliche Besserung am Arbeitsmarkt seien "so günstig wie seit Jahren nicht mehr".

Der hohe Ölpreis und der Konjunkturknick zum Ende des vergangenen Jahres zwangen laut Clement die Regierung, die Schätzung abzuschwächen. Allein der rasant gestiegene Ölpreis koste Deutschland 0,25 Prozent Wachstum in diesem Jahr. Auch mit der neuen Prognose bewegt sich Rot-Grün noch immer eher am oberen Rand der Vorhersagen heimischer und internationaler Experten.

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute gehen von 0,7 Prozent Wachstum aus, die EU-Kommission von 0,8 Prozent. Die durchschnittliche Arbeitslosenzahl wird laut Clement dieses Jahr gegenüber 2004 um knapp 400.000 auf 4,77 Millionen steigen.

Dies basiere "fast ausschließlich" auf statistischen Effekten in Folge der Hartz-IV-Reform. In seinem im Januar veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht war Clement von einem Zuwachs um etwa 50.000 auf rund 4,43 Millionen ausgegangen, wobei er den Hartz-IV-Effekt mit 150.000 angab.

"Spitze Zahlen"

Trotzdem zeigte sich Clement in Sachen Arbeitsmarkt zuversichtlich. Für 2006 sagte er einen Rückgang der Durchschnittszahl um etwa 275.000 auf "knapp unter 4,5 Millionen" voraus. Mit dem Rückgang der Arbeitslosenzahl im April zeichne sich ab, "dass wir das schwierigste überstanden" und die Fünf-Millionen-Grenze "endgültig unterschritten" hätten, sagte er.

"Der Arbeitsmarkt ist auf dem Weg der Besserung - langsam, aber sicher." Die Hartz-IV-Reform werde mehr und mehr positive Wirkung entfalten. Die Institute sind auch beim Stellenmarkt pessimistischer als Clement. Sie prognostizierten eine Durchschnittszahl von 4,84 Millionen (2005) und 4,52 Millionen Arbeitslosen (2006).

Bei der Konjunktur kalkuliert die Regierung eventuelle Ausschläge nach oben und unten ein. Sie gab deshalb jeweils Spannweiten an, für dieses Jahr 0,75 bis 1,25 Prozent und für nächstes 1,5 bis 2,0 Prozent. Die "spitzen Zahlen" (1,0 bzw. 1,6) sind die ausschlaggebenden für die Haushaltsplanung.

Die Opposition machte - wie schon am Dienstag - die Regierung für die Wachstumsschwäche verantwortlich. Rot-Grün sei der "wirtschaftliche Chancentod", sagte CDU-Generalsekretär Volker Kauder. Der DGB nannte einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel "überfällig".

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