Wirtschaftsabschwung:Industrieländer taumeln in eine Rezession

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Nicht nur in Deutschland hat sich die Konjunktur dramatisch eingetrübt, auch für die gesamte Euro-Zone sowie USA und Japan gilt Alarmstufe Rot: Die OECD sieht die westlichen Industrieländer bereits in einer Rezession.

Konjunkturexperten schlagen Rezessions-Alarm: In den wichtigsten westlichen Industrieländern wird die Wirtschaft bis zum Jahr 2010 schrumpfen. Allein im laufenden Quartal rechnet die OECD im Euroraum mit einem Minus von 1,0 Prozent. Für die USA wird sogar ein Minus von 2,8 Prozent prognostiziert.

Gewickelter Flachstahl in Eisenhüttenstadt: Die Volkswirtschaften in den wichtigsten westlichen Industrienationen taumeln in eine Rezession. (Foto: Foto: ddp)

Davon geht die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus. 2009 werde die Wirtschaftsleistung im 30 Staaten umfassenden OECD-Raum im Fahrwasser der Finanz- und Immobilienkrise um 0,3 Prozent sinken, erklärte die Organisation in Paris. Für 2010 geht sie dann wieder von einem Wachstum von 1,5 Prozent aus.

In den 15 Ländern der Euro-Zone erwartet die OECD 2009 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent, bevor diese 2010 mit einem Zuwachs von 1,2 Prozent wieder auf Wachstumskurs gehen.

"Die Wirtschaft des OECD-Raums scheint in die Rezession einzutreten, und die Arbeitslosigkeit steigt in zahlreichen Ländern", erklärte die Organisation in ihrem Ausblick für die USA, Japan und die Euro-Zone. Für die USA sagt die OECD 2009 ein Schrumpfen des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,9 Prozent voraus und 2010 dann ein Wachstum von 1,6 Prozent. Bei Japan rechnen die Pariser Experten mit einem Rückgang um 0,1 Prozent im kommenden und einem Plus von 0,6 Prozent im übernächsten Jahr.

Deutschland in der Rezession

"Die Lage der extremen Finanzkrise seit Mitte September wird von kurzer Dauer sein, auf sie wird aber eine längere Periode von Finanzturbulenzen bis Ende 2009 folgen", hieß es in dem Bericht. Danach werde es zu einer "schrittweisen Normalisierung" kommen. Ein wichtiger Faktor für die Wirtschaftsentwicklung sei der Rückgang der Immobilienpreise in zahlreichen europäischen Ländern. Auf Basis früherer Preiszyklen werde diese Phase "noch lange dauern". Positiv wirken sich laut OECD dagegen sinkende Rohstoffpreise aus; die Inflation werde nach Spitzen im Sommer und einem Anstieg in diesem Jahr auf 3,3 Prozent 2009 schrittweise auf 1,7 Prozent zurückgehen und 2010 voraussichtlich bei 1,5 Prozent landen.

BIP fällt um 0,5 Prozent

Für die deutsche Wirtschaft liegen schon konkrete Zahlen vor, die das Abgleiten in eine Rezession faktisch bestätigen. Im Quartalsvergleich sei das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereinigt um 0,5 Prozent zurückgegangen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Ökonomen hatten zwar mit einem Rückgang gerechnet, diesen aber lediglich auf 0,2 Prozent veranschlagt.

Es ist das zweite Quartal in Folge mit einem Rückgang: Im zweiten Quartal war die Wirtschaftsleistung in Deutschland um 0,4 Prozent gesunken. Damit ist die gängige Definition einer Rezession erfüllt.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Analysten die derzeitige Lage in Deutschland einschätzen, und warum die fünf Wirtschaftsweisen auch für 2009 pessimistisch sind.

Die negativen Nachrichten stießen bei Fachleuten auf wenig Überraschung. "Wir haben es schwarz auf weiß, die Rezession ist da", sagte Sebastian Wanke von der DekaBank. Im dritten Quartal habe es Rekorde bei Ölpreis und Euro gegeben und zudem "die vierte Welle" der Finanzkrise. "Das hat der Wirtschaft ein Bein gestellt." Aber es werde zum Jahresende noch weiter bergab gehen. "Dann werden wir wohl noch schlechtere Zahlen sehen", betonte auch Commerzbank-Experte Ralph Solveen. Erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres werde sich die Konjunktur stabilisieren.

Eine Rezession sehen Ökonomen, wenn die Wirtschaft eines Landes mindestens zwei Quartale in Folge schrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst den Wert der im Inland erwirtschafteten Leistungen der Volkswirtschaft.

Im ersten Vierteljahr 2008 hatte die Wirtschaft in Deutschland noch deutlich um 1,4 Prozent zugelegt. Dies war allerdings unter anderem Folge des warmen Winters und des daher frühen Baubeginns gewesen.

Positive Impulse

Ein leichter Anstieg der privaten und öffentlichen Konsumausgaben habe im Vergleich zum Vorquartal für positive Wachstumsimpulse im Inland gesorgt. Bei stark zunehmenden Importen und sich abschwächenden Exporten sei vom Außenbeitrag aber eine negative Wirkung auf die BIP-Entwicklung ausgegangen.

Die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal 2008 wurde von 40,5 Millionen Erwerbstätigen erbracht, das waren 582.000 Menschen oder 1,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Insgesamt soll die Wirtschaft dank des starken Jahresauftakts laut Prognose der fünf Wirtschaftsweisen um rund 1,7 Prozent wachsen - das wäre etwas mehr als im langjährigen Trend. Nach den ersten drei Quartalen stehen laut Statistik 1,8 Prozent unter dem Strich.

Für 2009 sind die Wirtschaftsweisen dagegen pessimistischer und erwarten kein Wachstum mehr, sondern eine Rezession. Die Regierung hofft trotz Finanzkrise noch auf ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte dagegen zuletzt mit einem Minus von 0,8 Prozent ein besonders düsteres Bild für Deutschland gemalt. Als Gegenmaßnahme will die Bundesregierung mit einem Konjunkturpaket in den nächsten zwei Jahren Investitionen von insgesamt 50 Milliarden Euro anstoßen.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/Reuters/mel/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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