Wirtschaft kompakt:Mit viel Schwung und einer Mahnung ins neue Jahr

Lesezeit: 6 min

Die deutsche Wirtschaft steht insgesamt gut da, der Sachverständigenrat warnt dennoch vor Steuersenkungen. Das Wichtigste in Kürze.

Die Zuversicht ist groß: Deutschland steht nach Ansicht der fünf Wirtschaftsweisen vor einem stabilen Aufschwung. Die Nachfrage im Inland und die Exportstärke dürften die Erholung nach der Wirtschaftskrise vorantreiben, erklärte der Sachverständigenrat. Für dieses Jahr rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,7 Prozent, für 2011 mit 2,2 Prozent. Deutschland habe 2010 "mit einer überdurchschnittlich starken Erholung den Weg aus der Krise gefunden", erklärte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Gutachten.

Deutschland steht nach Ansicht der fünf Wirtschaftsweisen vor einem stabilen Aufschwung. (Foto: dpa)

Die Wirtschaftsweisen gaben aber zu bedenken, dass die deutsche Wirtschaft im Krisenjahr 2009 noch "desaströs" um 4,7 Prozent geschrumpft sei. Dadurch habe sich das BIP zur Mitte des Jahres noch auf dem Niveau befunden, das zuletzt zum Jahreswechsel 2006/2007 erreicht worden war. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte nach Einschätzung der Wirtschaftsweisen dieses Jahr bei durchschnittlich 3,2 Millionen liegen und im kommenden Jahr auch im Schnitt unter drei Millionen fallen. Die Wirtschaftsweisen sind mit ihrer Wachstumsprognose aber optimistischer als die Bundesregierung und die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute.

Die Regierung rechnet für 2010 mit einem Wachstum von 3,4 Prozent und für 2011 von 1,8 Prozent. Die Institute sagten ein BIP-Plus von 3,5 Prozent und 2,0 Prozent voraus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich erfreut, dass "die Lage sehr viel optimistischer" aussieht als zuletzt noch angenommen. Trotzdem müsse Deutschland "den Haushaltskonsolidierungskurs fortsetzen", sagte sie bei Entgegennahme des Gutachtens. Dies werde durch die von der großen Koalition eingeführte sogenannte Schuldenbremse aber "quasi-automatisiert". Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, Deutschland sei "Wachtumslokomotive".

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) versprach angesichts der guten Lage Steuersenkungen noch in dieser Legislaturperiode. Vorrang habe zwar der Schuldenabbau, doch werde die Koalition auch "ein Stück Entlastung in der Mitte" vornehmen. Die Wirtschaftsweisen wandten sich jedoch gegen solche Forderungen. Für "nennenswerte Steuerentlastungen" seien in den kommenden Jahren "keine Spielräume vorhanden", sagte der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard. "Das geht nicht mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung zusammen."

Das Vertrauen der Deutschen in die soziale Marktwirtschaft ist nach einem Bericht der Berliner Zeitung auf ein Rekordtief gefallen. Nur noch 48 Prozent der Bundesbürger sind laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken der Meinung, die deutsche Wirtschaftsordnung habe sich bewährt. Das sei der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 1994, als sich noch 73 Prozent zur sozialen Marktwirtschaft bekannten.

Der Zeitung liegt die Auswertung der Umfrage vor. Die Unzufriedenheit mit der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zeigt sich danach auch am weitverbreiteten Gefühl, vom wachsenden Wohlstand ausgeschlossen zu sein. Nur gut ein Fünftel der Bundesbürger glaube, der Wirtschaftsaufschwung werde ihre persönliche Lage verbessern. Entsprechend meinten mehr als sieben von zehn Deutschen, es gehe hierzulande "eher nicht gerecht" zu.

Die Frustration macht dem Bericht zufolge auch vor der Demokratie nicht halt. Nach einer längeren Phase steigender Zufriedenheit zeigte sich nun erstmals wieder ein deutlicher Rückgang. Hatten sich im September 2009 noch 62 Prozent der Deutschen zufrieden mit der Demokratie gezeigt, ist es jetzt nur noch gut die Hälfte. Mehr als vier zehn Befragten äußern sich dagegen kritisch.

Das europäische Disneyland bleibt für den weltgrößten Medien- und Unterhaltungskonzern ein Sorgenkind. Obwohl der Freizeitpark bei Paris im abgelaufenen Geschäftsjahr rund 15 Millionen Besucher zählte, musste die Betreibergesellschaft Euro Disney einen Verlust von 39,9 Millionen Euro verbuchen. Die Ticketverkäufe seien um drei Prozent eingebrochen, teilte das Unternehmen mit.

Vor allem aus Großbritannien, Belgien und den Niederlanden seien in dem Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr weniger Besucher in Europas größten Freizeitpark gekommen. Der Umsatz konnte dennoch um 3,7 Prozent auf 1,28 Milliarden Euro gesteigert werden. Hintergrund waren unter anderem ein Immobiliengeschäft und höhere Pro-Kopf-Ausgaben der Besucher im Park und den angeschlossenen Hotels. Im Geschäftsjahr 2008/2009 hatte der Nettoverlust noch 55,5 Millionen Euro betragen.

Um neue Gäste anzuziehen, eröffnete das Disneyland Paris vor wenigen Wochen mit dem "Toy Story Playland" einen neuen Themenpark. Bis 2015 soll ein ökologisches Dorf folgen. Der Ort "Les Villages Nature de Val d'Europe" (Die Naturdörfer im Europatal) wird nach den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung in Form von Pfahlbauten um einen künstlichen See und Lagunen entstehen.

Bislang hat das 1992 eröffnete Disneyland Paris erst in einem einzigen Geschäftsjahr schwarze Zahlen abgeworfen. Es gehört zu mehr als 50 Prozent der US-amerikanischen Walt Disney Company.

Mit neuen Leitungen auf dem Boden der Ostsee sollen die Stromnetze von Deutschland und Skandinavien verbunden werden. "Wir wollen den Nukleus für ein Ostseenetz schaffen", sagte der Geschäftsführer des nordostdeutschen Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, Boris Scheucht, der Financial Times Deutschland. Hinter 50Hertz steckt mehrheitlich der belgische Netzbetreiber Elia. Ziel sei, nicht nur die in der Ostsee geplanten Offshore-Windparks an das Festland anzubinden, sondern mit Deutschland, Dänemark und Schweden auch Strommärkte miteinander zu verbinden.

"Wir betreten technisch, regulatorisch und politisch Neuland", sagte Scheucht. Für den Wettbewerb auf dem Strommarkt sei das Ostseenetz ein Gewinn. "Für den deutschen Verbraucher wirkt die Kopplung an die günstigen nordischen Strommärkte preisdämpfend".

50Hertz plant, bis 2012 zunächst die auf deutschen Gewässern entstehenden Windparks Baltic 1 und Baltic 2 an das Festland anzubinden. Bis 2016 werde man die deutschen Windparks mit dem dänischen Windpark Kriegers Flak 3 verbinden, dessen Realisierung absehbar ist. Ob und wann Schweden sich an das Ostseenetz anschließt, hängt demnach davon ab, ob das Land den Windpark Kriegers Flak 2 in schwedischen Gewässern baut.

Das Pilotprojekt an der Ostsee, das nach der Region Kriegers Flak benannt ist, gilt als Vorbild für spätere Planungen in der Nordsee. Die Gesellschaft 50Hertz hatte in diesem Jahr die deutschen Stromleitungen von Vattenfall übernommen.

Der Essener Baukonzern Hochtief will Presseinformationen zufolge mit einem umfassenden Umbau seinen Börsenwert steigern und so den Angriff der spanischen ACS abwehren. Im Zentrum des Umbaus stehe eine deutliche Verschlankung der Essener Holding sowie die Konzentration der bislang sechs Unternehmensbereiche auf zunächst vier und langfristig drei, berichtet die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post unter Berufung auf Finanzkreise. Der Konzern wollte den Bericht nicht kommentieren.

Laut Zeitung sollen mit der neuen Struktur ab 2012 pro Jahr 40 Millionen Euro eingespart werden. Im Zentrum der neuen Struktur wird unterhalb der Holding eine neue Aktiengesellschaft "Hochtief Europe AG" stehen, in der Hochtief sein Europageschäft bündelt. Damit will Hochtief einer Unterbewertung an der Börse entgegenwirken.

Die Opel-Mutter General Motors hat ihren Verlust in Europa verdreifacht. Im abgelaufenen dritten Quartal habe die Sparte vor Zinsen und Steuern (Ebit) ein Minus von 559 Millionen Dollar verbucht - nach 160 Millionen Dollar vor Jahresfrist, teilte der Konzern mit.

Im Gesamtkonzern habe es indes einen Gewinn auf Ebit-Basis von 2,3 Milliarden Dollar gegeben. Auch im vierten Quartal werde ein Gesamtgewinn erwartet, wobei aber die Wachstumsrate geringer als in den ersten drei Quartalen ausfallen werde. Den Umsatz für das dritte Quartal bezifferte GM mit 34,1 Milliarden Dollar.

Mit den Kennziffern bekräftigte GM in etwa seine vorläufige Zahlen für das dritte Quartal, die der Konzern schon am 3. November im Zusammenhang mit seinem geplanten Börsengang genannt hatte.

Allerdings gab es damals keine Details zu Europa. Die US-Regierung hatte GM 2009 mit 50 Milliarden Dollar Staatshilfen vor dem Bankrott gerettet und im Gegenzug die Kapitalbeteiligung bekommen. Mit dem jetzt geplanten Börsengang will GM einen Teil der Schulden zurückzahlen. Den GM-Angaben zufolge laufen die Geschäfte in Europa und bei Opel schlechter als zuletzt. Für die Marken Opel und Vauxhall wies GM für das dritte Quartal einen Absatz von 272.000 Fahrzeugen aus, nach 299.000 vor Jahresfrist. In den ersten neun Monaten sank der Absatz auf 881.000 von 944.000. Der Marktanteil von General Motors Europa ging im Quartal auf 8,9 zurück nach 9,0 Prozent vor Jahresfrist.

Google greift für die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter tief in die Tasche: Alle 23 000 Beschäftigte des Internet-Konzerns bekommen laut Medienberichten eine Gehaltserhöhung von zehn Prozent. Google-Chef Eric Schmidt habe die Anhebung zum 1. Januar in einer E-Mail angekündigt, berichtete unter anderem das Wall Street Journal. Zudem bekämen alle Google-Mitarbeiter weltweit einen Weihnachtsbonus von 1000 Dollar, berichtete das US-Blog "Silicon Alley Insider", das auch den vollen Text der Schmidt-Mail abdruckte.

Die Gehaltsanhebung könne Google bis zu eine Milliarde Dollar im Jahr kosten, überschlug das Blog. Von Google gab es nur einen ausweichenden Kommentar. "Während wir üblicherweise keine Stellung zu internen Angelegenheiten nehmen, glauben wir, dass eine wettbewerbsfähige Bezahlung wichtig für die Zukunft des Unternehmens ist", sagte ein Sprecher.

Den Berichten zufolge merkte Schmidt in der Mail an, Mitarbeiter- Befragungen hätten ergeben, dass für sie das Gehalt wichtiger sei als Boni oder Aktien. In der amerikanischen Tech-Branche vergeben Unternehmen traditionell oft Aktienoptionen oder erfolgabhängige Boni.

Viele frühe Google-Mitarbeiter sind dank ihrer Aktienpakete zu Millionären geworden. Auch über Gehälter hinaus gilt Google mit zahlreichen Leistungen für Mitarbeiter - von kostenlosen Snacks bis hin zu Friseur, Reinigung und Fitness-Studio in der Zentrale - als einer der attraktivsten Arbeitgeber in den USA. Inzwischen hat der Internet- Konzern die sozialen Leistungen aber etwas zurückgefahren. Und viele talentierte Software-Entwickler oder Manager sehen größere Zukunftschancen bei jüngeren Unternehmen - allen voran beim weltgrößten Online-Netzwerk Facebook.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/aum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: