Wilder Streik in Bochum:Rädelsführern droht fristlose Kündigung

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Weil in Bochum seit sechs Tagen die Bänder still stehen, fehlten der Nachtschicht in Antwerpen bereits Teile für die Produktion. Trotz Drohungen des Managements und scharfer Kritik aus der Wirtschaft setzten die Arbeiter ihren wilden Streik fort.

Nach einem Bericht der Tageszeitung Die Welt erwägt die Opel-Geschäftführung, fristlose Kündigungen gegen die Rädelsführer des Protests vor den Bochumer Werkstoren auszusprechen. Die Kündigung solle mit Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz begründet werden, schrieb die Zeitung unter Berufung auf informierte Kreise.

Weil die Arbeiter im Bochumer Werk seit sechs Tagen nicht mehr produzieren, drohen in Belgien Engpässe. (Foto: Foto: dpa)

Zunächst wolle Opel jedoch die Entwicklung beim heutigen europaweiten Aktionstag gegen den geplanten drastischen Jobabbau abwarten. In Bochum werden zu der Protestaktion über 10000 Menschen erwartet.

Die Demo soll vor dem Schauspielhaus Bochum in einer Kundgebung enden. Zu dem europaweiten Aktionstag gegen den von General Motors (GM) angekündigten Abbau von bis zu 12 000 der 63000 Stellen in Europa hatten Gewerkschaften und Betriebsräte aufgerufen.

Der Generalsekretär des Europäischen Metallgewerkschaftsbundes (EMB), Reinhard Kuhlmann, rechnet mit einer Teilnahme an den verschiedenen Veranstaltungen von rund 40 000 Beschäftigten. Es werde "Pressekonferenzen und Veranstaltungen vor den Werkstoren" geben, sagte er der "Netzeitung". Für den Vormittag ist eine Kundgebung in Rüsselsheim geplant. In Kaiserslautern wollen 2500 Arbeiter vorübergehend die Arbeit niederlegen.

In Bochum werden mehr als 10 000 Menschen zur Protestkundgebung erwartet. Im polnischen Gliwice (Gleiwitz) soll die Arbeit fortgesetzt werden, aber die Belegschaft über die Entwicklung in Deutschland informiert werden.

"Wilde Streiks sind unzulässig"

Die Beschäftigten des Werkes in Bochum setzten auch in der Nacht trotz aller Appelle zur Wiederaufnahme der Arbeit ihren Ausstand weiter fort. Durch die Produktionsausfälle wurden im belgischen Werk Antwerpen für die Nachtschicht die Teile knapp. Opel Belgien ist auf die Lieferung von Fahrzeugteilen wie Türen aus Bochum angewiesen.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) erklärte, er erwarte nun ein Signal des Vorstands. Die Arbeitsniederlegung halte er allerdings für falsch. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mahnte am Montagabend in Berlin zu einer Lösung am Verhandlungstisch.

Die großen Wirtschaftsverbände kritisierten den wilden Streik in Bochum als Gefahr für den Standort Deutschland. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte der Berliner Zeitung : "Wilde Streiks sind unzulässig und rechtswidrig. Sie gefährden den Standort Deutschland, führen zu einer Radikalisierung und schaden dem Betriebsfrieden."

Fahrplan für Verhandlungen

Unterdessen ließ die Opel-Geschäftsleitung Flugblätter verteilen, auf denen die Beschäftigten aufgefordert werden, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Bei den Verhandlungen in Rüsselsheim will die Arbeitnehmerseite vor allem Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verhindern.

Am Montagabend war nach zehn Stunden die erste Verhandlungsrunde über die Sanierung der deutschen Opel-Werke in Rüsselsheim zu Ende gegangen. Zunächst sollte nur ein Fahrplan für die schwierigen Gespräche entwickelt werden, hieß es. Die Unternehmensleitung will heute Details nennen.

Die Arbeitnehmerseite will bei den Verhandlungen Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verhindern. Gleichzeitig kündigten die Gewerkschaften allerdings an, einen Beitrag zu der von GM geplanten Kostenreduzierung von 500 Millionen Euro leisten zu wollen.

Spitzengespräch nicht ausgeschlossen

"Ich gehe davon aus, dass sich die Personaleinsparziele erheblich relativieren lassen", sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter Klaus Mehrens der Nachrichtenagentur dpa.

General Motors hatte vergangene Woche angekündigt, in Deutschland binnen zwei Jahren 10000 Stellen streichen zu wollen, davon jeweils 4000 in Bochum und Rüsselsheim.

An der ersten Verhandlungsrunde nahmen keine prominenten IG-Metall-Funktionäre teil, ein Spitzengespräch zwischen Opel und der Gewerkschaft wurde aber für die kommenden Tage nicht ausgeschlossen. IG-Metall-Vize Berthold Huber sagte der Stuttgarter Zeitung, dass die Verhandlungen über den Erhalt der Standorte am Donnerstag fortgesetzt würden.

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