Wichtige Steuerurteile 2006:Blick nach Karlsruhe

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Beim Bundesverfassungsgericht sind zahlreiche Verfahren anhängig, die für Steuerzahler Verbesserungen bringen könnten. Unter anderem stehen die Erbschaftsteuer, Kontoabfragen durch Behörden und die Grundsteuer auf dem Prüfstand.

Daniela Kuhr

Erbschaftsteuer: In der zweiten Jahreshälfte wird sich das Bundesverfassungsgericht (BVG) endlich mit der Erbschaftsteuer befassen (Aktenzeichen 1 BvL 10/02). "Endlich" deshalb, weil das Verfahren bereits seit 2002 in Karlsruhe anhängig ist. Es geht zurück auf eine Vorlage des Bundesfinanzhofs in München (BFH). Das oberste deutsche Steuergericht hält einige Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes für verfassungswidrig. Die BFH-Richter durften das Gesetz jedoch nicht selbst kippen, denn die Frage der Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz ist ausschließlich Sache des Bundesverfassungsgerichts.

Der BFH bemängelt, dass Erbschaften sehr unterschiedlich besteuert werden, je nachdem was der Verstorbene hinterlässt. So werden etwa Betriebsvermögen, Immobilien oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen nur mit einem geringen Teil ihres Marktpreises berücksichtigt; bei Bargeld, Sparguthaben oder börsennotierten Wertpapieren wird dagegen der volle Wert angesetzt. Das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes verlange aber, "dass die Steuerpflichtigen rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden", meinen die BFH-Richter.

Zwischenzeitlich sah es so aus, als würden die Karlsruher Richter die Vorlage wegen Unzulässigkeit zurückweisen. Doch der späte Verhandlungstermin spricht nach Ansicht von mit dem Verfahren vertrauten Personen dafür, dass das Gericht sich nun doch inhaltlich mit der Sache befassen wird. Die Bundesregierung wartet bereits auf die Entscheidung.

Vor dem Hintergrund, dass jährlich für eine große Zahl von Unternehmen der Generationenwechsel ansteht, "werden wir die Erbschaftsteuer spätestens zum 1. Januar 2007 unter Berücksichtigung des zu erwartenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts reformieren", heißt es im Koalitionsvertrag.

Kontoabfragen durch Behörden

Rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist bei Immobilien: 1999 hatte der Bundestag den Zeitraum, in dem Gewinne aus dem Verkauf einer vermieteten Immobilie zu versteuern sind, rückwirkend von zwei auf zehn Jahre verlängert. Zahlreiche Immobilienbesitzer, die sich mit Verkaufsgedanken trugen, mussten damit plötzlich die viel längere Frist beachten.

Doch auch die Veräußerung einer Wohnung oder eines Grundstücks, bei dem die alte Zweijahresfrist längst schon abgelaufen war, wurde so wieder steuerpflichtig. Der BFH ist der Ansicht, dass der Vertrauensschutz der Bürger "das Änderungsinteresse des Gesetzgebers" in diesem Fall überwiegt. Ein Verhandlungstermin beim BVG steht noch nicht fest (Aktenzeichen: 2 BvL 2/04).

Grundsteuer: Seit dem 1. August ist in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde zur Grundsteuer anhängig (Aktenzeichen: 1 BvR 1644/05). Diese Steuer müssen Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung zahlen - unabhängig davon, ob sie die Immobilie vermieten oder selbst nutzen. Der Vermieter kann die Grundsteuer jedoch als Werbungskosten absetzen, was derjenige, der die Wohnung selbst bewohnt, nicht kann. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich im Wesentlichen dagegen, dass die Grundsteuer bei selbst genutzten Wohnungen die Substanz, also das Vermögen an sich, besteuert. Nach dem Urteil des BVG aus dem Jahr 1995 zur Vermögensteuer seien solche reinen Substanzsteuern aber nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt, argumentieren die Beschwerdeführer. Auch in diesem Fall steht ein Termin für die Verhandlung noch nicht fest.

Kontoabfragen: Seit dem 1. April können Finanzämter und andere Behörden sämtliche Konten eines Bürgers im Bundesgebiet ermitteln. Dabei erfahren die Beamten Kontonummer, Namen der Bevollmächtigten und das Eröffnungsdatum, nicht aber den Kontostand. Nach diesem dürfen sie nur bei konkretem Verdacht fragen.

Einen Eilantrag gegen das Gesetz hatte das BVG zwar abgelehnt, doch in dem Hauptverfahren werden die Richter noch entscheiden. Es sei angestrebt, in diesem Jahr in der Sache zu verhandeln, sagte eine Sprecherin des Gerichts (Aktenzeichen: 1 BvR 2357/04).

Steueramnestie: Das Verfahren geht zurück auf eine Vorlage des Finanzgerichts Köln. Der zehnte Senat dort hält die Besteuerung von Kapitalerträgen vor dem Hintergrund des Amnestiegesetzes vom Dezember 2003 für verfassungswidrig. Nach diesem Gesetz konnten Steuerhinterzieher zwischen Januar 2004 und März 2005 eine strafbefreiende Erklärung abgeben und gingen dann nicht nur straffrei aus, sondern erhielten auch noch einen deutlichen Rabatt auf ihre Steuerschuld. Ehrliche Bürger dagegen mussten ihre Kapitalerträge immer voll versteuern. Das verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot, meinen die Kölner Richter. Es sei unwahrscheinlich, dass die Sache 2006 entschieden werde, sagte die BVG-Sprecherin (Aktenzeichen: 2 BvL 14/05). Der BFH allerdings hatte jüngst in einem Urteil zu Kapitalerträgen keine verfassungsrechtlichen Bedenken wegen der Amnestie geäußert (Aktenzeichen: VIII R 90/04).

© SZ vom 2.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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