Welthandelsgipfel:Kräftemessen zwischen Arm und Reich

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Beim Ministertreffen der Welthandelsorganisation in Cancún wird es nach allgemeiner Einschätzung zu einem Kräftemessen zwischen Arm und Reich kommen. Massive Zugeständnisse an die Entwicklungsländer verlangen auch Tausende von Demonstranten, die sich inzwischen in dem mexikanischen Badeort versammelt haben.

Von den reichen Industriestaaten wird verlangt, den ärmeren Entwicklungsländern einen besseren Marktzugang für deren Produkte zu ermöglichen. Ohne Kompromisse bei der Landwirtschaft droht die seit 2001 laufende neue Verhandlungsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) zu scheitern. Das wäre auch ein schlechtes Signal für die schwache Weltkonjunktur.

Konzessionen an die Entwicklungsländer, die zwei Drittel der 146 WTO-Mitgliedstaaten ausmachen, verlangen auch Tausende von Demonstranten, die sich um den mexikanischen Badeort versammelt haben.

Sie fordern aber auch den Schutz der Kleinbauern gegen eine allzu aggressive Öffnung der Märkte. Mehr als 3.000 Polizisten sollen die Demonstranten in Schach halten.

Das Jahr 2004 im Auge

In Cancún soll ein Zeitplan für weitere Gespräche festgelegt werden, um die 2001 begonnene Welthandelsrunde, bei der die Förderung der Entwicklungsländer im Mittelpunkt steht, Ende 2004 abschließen zu können.

Beobachter stellten in Cancún schon vor Beginn der Konferenz das gewachsene Selbstbewusstsein der Entwicklungs- und Schwellenländer in der WTO fest. "Sie schließen sich immer mehr in Gruppen zusammen und erhöhen den Druck", erklärte ein Delegierter.

Die Europäische Union und die USA bekräftigten ihre Bereitschaft zum Kompromiss. "Wir sind nach Cancún gekommen, um diesem Treffen zum Erfolg zu verhelfen", sagte EU-Agrarkommissar Franz Fischler. "Wir wollen herausfordernde Ergebnisse und offene Märkte", sagte der US- Handelsbeauftragte Robert Zoellick.

Vom Ergebnis der Agrarberatungen machen Länder wie Brasilien und Indien eine Zustimmung bei Themen wie dem Zollabbau für Industriegüter und der Wettbewerbspolitik abhängig.

Verhinderung künftiger Konflikte

Der Kampf gegen die Armut dient nach Ansicht von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul auch der Verhinderung künftiger Konflikte. "Es ist besser, Millionenbeträge jetzt zu investieren, als später Milliardenbeiträge für militärische Auseinandersetzungen oder den Wiederaufbau", sagte die Ministerin am Dienstag bei einem Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung in Cancún.

Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) kritisierte die Handelspolitik der USA. "Zu einem Zeitpunkt als die EU schon über eine Agrarreform beraten hat, haben die USA ihren Farmern im neuen Agrargesetz neue Subventionen in der Höhe von 173 Milliarden Dollar in den kommenden sechs Jahren verschafft", sagte Künast der Berliner Zeitung. Sie schlug vor, den 50 ärmsten Ländern absolute Zollfreiheit zuzubilligen.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sieht keinen unauflösbaren Widerspruch zwischen Umweltschutz und Freihandel. Es sei aber nötig, dass die WTO und die UN-Umweltorganisationen enger zusammenarbeiteten, sagte Trittin. Die deutsche Delegation wird von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) angeführt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnte, dass die Interessen des Südens in Cancún übergangen würden. Die britische humanitäre Organisation Oxfam zeigte sich besorgt, dass das System hoher EU-Agrarsubventionen in das WTO-Regelwerk übernommen werden könnte.

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