Welteke-Nachfolge:Favorit Tacke

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Nach dem Rücktritt von Bundesbankpräsident Ernst Welteke konzentriert sich der politische Streit auf die Nachfolge. Als Favoriten Wirtschafts-Staatssekretär Alfred Tacke, Finanz-Staatssekretär Caio Koch-Weser und der bisherige Bundesbank-Vizepräsident Jürgen Stark gehandelt.

Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte vor dem Hintergrund von Berichten, die Bundesregierung habe sich bereits auf Tacke festgelegt, dass noch keine Vorentscheidung gefallen sei. Die Entscheidung werde "in angemessener Form und zeitnah" von den zuständigen Gremien getroffen werden.

Laut Focus haben sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und Eichel bereits auf Wirtschafts-Staatssekretär Alfred Tacke geeinigt.

Tacke gilt als langjähriger Vertrauter Schröders und wegen seiner umfangreichen Zuständigkeiten als "Superstaatssekretär". Der aus dem niedersächsischen Celle stammende Wirtschaftswissenschaftler ist bereits seit 1990 einer der engsten Mitarbeiter Schröders.

Vorlieben der Union

Während sich Vertreter der Regierungsparteien SPD und Grüne bei den Spekulationen um einen möglichen Kandidaten zurück hielten, äußerten CDU-Politiker ihre Vorlieben für Stark. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Dietrich Austermann, nannte Stark dafür geeignet, die Unabhängigkeit des Instituts zu behaupten. Parteipolitische Bedenken sollten bei dem als der Union nahestehend geltenden Stark zurückgestellt werden.

"Bei den Lösungen, die sonst im Gespräch sind, habe ich den Eindruck, es sind zweitbeste Lösungen", sagte Austermann im Deutschlandradio.

Vor einer Berufung Koch-Wesers warnte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Volker Kauder. Koch-Weser könne "die Lösung nicht sein", "der darf es nicht werden", sagte Kauder der FAZ. Die Union wolle die Bundesbank nicht in die Parteipolitik ziehen.

Koch-Weser wäre nach Kauders Worten jedoch eine "Parteibuchlösung". Die Union argwöhnt dem Bericht zufolge, dass Eichel den Rücktritt Weltekes betrieben habe, um ein Hindernis für den Verkauf von Goldreserven der Bundesbank zugunsten des Bundeshaushalts aus dem Weg zu räumen. Kauder sagte: "Wenn Koch-Weser Bundesbankpräsident wird, dann sind die Goldreserven in Gefahr." Denn von ihm stamme der Gedanke eines Verkaufs. Dann werde "der Ideengeber der Vollzugsbeamte".

Die Union drängt zudem weiter auf eine politische Aufklärung der Umstände des Welteke-Rücktritts. Eichel solle wie geplant am 28. April vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages Rede und Antwort stehen, sagte Austermann. Der Verdacht liege nahe, dass Eichel die Affäre für politische Zwecke genutzt habe.

Merkel bevorzugt unabhängigen Kandidaten

Dagegen verteidigte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß den Finanzminister. Die Union habe Anschuldigungen und Verdächtigungen frei erfunden, um Eichel zu schaden, sagte Poß dem NDR. "Das ist durchsichtig und das darf man der Union nicht durchgehen lassen." Tatsächlich habe Eichel sachlich reagiert.

Für einen unabhängigen Nachfolger sprach sich CDU-Chefin Angela Merkel aus. Sie sagte bei der Aufzeichnung der ZDF-Sendung "halb 12": "Eine Entscheidung, die die Einflussnahme der Bundesregierung auf die Bundesbank untermauern würde, fände ich nicht gut."

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz lehnt Tacke und Koch-Weser ab. Er sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, sie erfüllten nicht Vorschrift, wonach die Mitglieder des Europäischen Zentralbankrats in Währungs- oder Bankenfragen anerkannt und erfahren sein müssen. Merz sprach sich für eine Verkleinerung des Bundesbank-Vorstands von acht auf sechs Mitglieder aus.

Auch der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms wandte sich gegen eine Berufung von Koch-Weser oder Tacke. "Das wäre keine gute Lösung", sagte er der selben Zeitung. Eine solche Personalentscheidung "würde den Verdacht verstärken, dass die Regierung an der gezielten Kampagne gegen Herrn Welteke beteiligt ist", sagte Solms.

Die Bundesregierung darf im Einvernehmen mit dem Bundesbankvorstand einen Kandidaten vorschlagen. Ernannt wird er vom Bundespräsidenten.

Nach dem Rücktritt Weltekes wegen der Affäre um einen Hotelaufenthalt auf Kosten der Dresdner Bank waren neue Vorwürfe gegen Welteke bekannt geworden. Er soll 2003 eine Einladung von BMW zur Formel 1 nach Monte Carlo angenommen haben.

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