Weltbank:Wolfowitz - ganz handzahm

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Einen Tag vor seiner offiziellen Wahl hat der künftige Präsident der Weltbank den Europäern versprochen, an der multilateralen Ausrichtung der Entwicklungsbank nichts ändern zu wollen. "Ich verstehe, dass ich eine umstrittene Person bin."

Nach einem Treffen mit europäischen Entwicklungspolitikern, die zugleich auch Gouverneure der Weltbank sind, sagte Wolfowitz am Mittwoch in Brüssel: "Ich freue mich darauf, mit Menschen im Geiste der Kooperation zusammenarbeiten zu können."

Der bisherige Vize-Verteidigungsminister, der in vielen europäischen Ländern als Vertreter eines neo-konservativen Unilateralismus gilt und dessen Nominierung durch US-Präsident George W. Bush kritisiert worden war, zeigte Verständnis für seine Kritiker.

"Keine Begeisterung"

"Ich verstehe, dass ich - um es milde auszudrücken - eine umstrittene Person bin", sagte Wolfowitz. "Aber ich hoffe, dass die Leute, wenn sie mich besser kennen lernen, verstehen werden, dass ich wirklich zutiefst an die Aufgabe der Bank glaube. Menschen zu helfen, die in Armut leben, ist eine noble Aufgabe." Die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sagte nach dem Gespräch: "Wir haben unsere Forderungen und unsere Verpflichtungen dargestellt. Und auf dieser Basis gehe ich davon aus, das er (Wolfowitz) bei seiner Wahl die europäische und auch die deutsche Unterstützung haben wird."

Zuvor hatte schon Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erklärt, auch wenn in Europa "keine Begeisterung" über Wolfowitz herrsche, so werde dessen Ernennung doch nicht an Deutschland scheitern. Er sei überzeugt, dass Menschen auch an ihrem Amt wachsen könnten.

Wolfowitz wollte sich nicht zu dem Pariser Wunsch äußern, ihm künftig einen französischen Vizepräsidenten zur Seite zu stellen. "Es ist sehr wichtig, dass die Führungsspitze der Bank die Tatsache widerspiegelt, dass dies eine multilaterale Institution ist", sagte er.

"Sie muss widerspiegeln, dass die Europäer der größte Einzelblock von Anteilseignern sind, aber sie muss auch die ganze Vielfalt der Bank widerspiegeln. Ich werde nach den besten Talenten in der ganzen Welt suchen." Wieczorek-Zeul sagte: "Insgesamt ist klar, dass möglichst die Anteilseigner auf den wichtigen Ebenen auch vertreten sein sollen. Und es ist auch heute deutlich geworden: Die Europäer haben mit einem Anteil von 30 Prozent ein wichtiges Wort bei der Weltbank, ihrer Struktur und ihrer Arbeit mitzureden."

Im Gegenzug für Lamy

In den vergangenen Wochen sagten EU-Diplomaten in Brüssel, Europa erwarte unter anderem, dass die USA nach der Zustimmung zu Wolfowitz den Wunsch, den Franzosen Pascal Lamy zum neuen Chef der Welthandelsorganisation (WTO) zu machen, unterstützen werden. Mittlerweile hat Frankreich einem Bericht von Le Monde zufolge zusätzlich Interesse an einem Stellvertreterposten bei der Weltbank angemeldet.

"Wir wollen, dass die Weltbank als multilaterale Organisation gestärkt wird", sagte Wieczorek-Zeul zur Haltung der Europäer. "Wir wollen die Orientierung auf globale Armutsbekämpfung."

Sie begrüßte, dass der künftige Weltbankpräsident versichert habe, er werde sein Amt unabhängig von den Wünschen der US-Regierung leiten. "Wir hatten das Gefühl, dass unsere Botschaft angekommen ist."

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