Weihnachstgebäck:Matcha sticht Printen

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Keine andere Firma verkauft so viel Weihnachtsgebäck wie Lambertz. Im warmen September hatten die Deutschen darauf zwar wenig Appetit. Trotzdem lief das Geschäft ganz gut. Denn das Unternehmen versteht es, sich zu wandeln.

Von Varinia Bernau

Für Martin Schulz sind Dominosteine der eigentliche Grund, warum er sich auf Weihnachten freut. Das hat der Europapolitiker, den manche schon als SPD-Kanzlerkandidaten sehen, kürzlich während eines Besuchs bei Lambertz offenbart. So erzählt es zumindest Hermann Bühlbecker. Der Mann führt das Lebkuchen-Unternehmen in neunter Generation - und hat Schulz natürlich darauf hingewiesen, dass er gerne schon etwas eher zu Dominosteinen greifen dürfe.

Darüber, dass schon im September in den Supermärkten Lebkuchen, Spekulatius und eben Dominosteine stehen, regen sich die Deutschen ebenso gerne auf wie über Verspätungen bei der Deutschen Bahn. In diesem Jahr, in dem sich die letzten Septemberwochen sommerlicher anfühlten als die meisten Tage im Juli, war die Empörung besonders groß - und das hat auch Lambertz gespürt.

Sorgen muss man sich um das Unternehmen, das so viel Weihnachtsgebäck verkauft wie kein anderes in Deutschland, wohl trotzdem nicht machen. Zum einen weil es 2015 etwas mehr als die Hälfte seines Umsatzes von 651 Millionen Euro auch mit Pralinen, Knabberzeug und Gebäck macht. Die werden das ganze Jahr über gekauft. Zum anderen weil Lambertz im Ausland zulegt. In Polen hat das Unternehmen eine eigene Produktion. Von dort aus versorgt es auch das Baltikum, Russland und Tschechien. Länder also, in denen mit Marmelade gefüllte und mit Schokoguss ummantelte Kuchen nicht nur zu Weihnachten geschätzt werden.

Franzosen und Australier sind mit solchen Leckereien zwar weniger vertraut, aber sie entdecken seit einiger Zeit die deutschen Discounter, die bei ihrem Siegeszug im Ausland die deutschen Spezialitäten gewissermaßen im Gepäck haben.

Der Ursprung des 1688 in Aachen gegründeten Unternehmens liegt in den Printen. Auch im Jahr 1978 hatte das Unternehmen noch nicht mehr im Angebot als die dunklen, mit Kräutern versetzten und recht harten Lebkuchen. Damals rückte Bühlbecker eher aus Zufall auf den Chefposten, weil er als einziger in der Familie Betriebswirtschaft studiert hatte. Er machte aus dem regionalen Spezialisten einen weltweit agierenden Süßwarenkonzern. Zu Lambertz gehören seit den Neunzigerjahren auch die süddeutschen Lebkuchenhersteller Weiss und Haeberlein-Metzger, seit zwei Jahren auch Dr. Quendt, bekannt für Dresdner Stollen und Russisch Brot.

Bio-Hafer-Cookies gehören mittlerweile zum Sortiment

Da es heutzutage aber nicht mehr nur um den puren Genuss geht, gehören sogar Bio-Hafer-Cookies mit Matcha-Tee zum Sortiment. Ein Balance-Akt ist das Buhlen um die hippe Kundschaft allemal. Denn in gut 80 Prozent von Lambertz' Produkten steckt Schokolade. Und die ist meist nicht vegan.

Nun, im Winter, mögen es die meisten aber traditionell: 900 Gramm Weihnachtsgebäck verputzt der Durchschnittsdeutsche. Am liebsten Lebkuchen, dann greifen sie zu Spekulatius, dicht gefolgt vom Stollen. Dominosteine werden weniger geschätzt. Vielleicht hoffen sie bei Lambertz auch deshalb auf Martin Schulz.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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