Wegfall des Steuerprivilegs:Was kommt nach der Lebensversicherung?

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Die Lebensversicherer haben den absehbaren Wegfall des so genannten Steuerprivilegs gelassen aufgenommen. Branchenvertreter zeigten sich sogar erleichtert über den Kompromiss, auf den sich Bund und Länder geeinigt haben.

Von Martin Reim

Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag hatte einen Kompromiss beschlossen, wie Auszahlungen von Kapital-Lebensversicherungen künftig besteuert werden.

(Foto: Foto: AP)

Demnach ist der so genannte Ertragsanteil von Verträgen, die ab Anfang 2005 abgeschlossen werden, in voller Höhe der Steuer unterworfen. Dieser Ertragsanteil ist die Summe der Überschüsse, die das Unternehmen seinen Kunden während der Vertragslaufzeit zuweist.

Einzige Ausnahme in der Neuregelung ist, wenn der Vertrag nach dem 60. Geburtstag des Versicherungsnehmers endet und mindestens zwölf Jahre lang gelaufen ist. Dann ist nur die Hälfte des Ertragsanteils zu versteuern.

Steuervorteile laufen aus

Bislang galt das so genannte Steuerprivileg — die Auszahlungen blieben gänzlich unversteuert. Dies bleibt bestehen für Verträge, die bereits laufen oder noch bis Jahresende abgeschlossen werden. Der Bundestag wollte die Vorteile noch weiter einschränken.

Die unionsgeführten Länder im Bundesrat hatten ein entsprechendes Gesetz jedoch in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass der Bundesrat auf seiner nächsten Sitzung am 11. Juni dem Kompromiss zustimmen wird.

Aus Sicht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft stellt der Kompromiss eine "deutliche Verbesserung" im Vergleich zu den vom Bundestag beschlossenen Regelungen dar.

Lebensversicherungen schlechter gestellt

Allerdings sei bedauerlich, dass Vorsorge per Lebensversicherung nun schlechter gestellt sei als bislang. Eine Verbandssprecherin fügte hinzu, die Auswirkungen für die Branche seien "voraussichtlich nicht dramatisch".

Bis Jahresende sei wegen des Auslaufens der Steuervorteile sogar eine "verstärkte Nachfrage" zu erwarten.

Eine Sprecherin der Marktführerin Allianz Leben erklärte, ihr Haus wolle von sofort an "Last-call-Aktivitäten" starten und bis Jahresende jene Kunden, "für die es passt", von einem Abschluss nach alten Konditionen überzeugen.

Man rechne deshalb in den kommenden Monaten mit einem "starken Absatz". Anschließend könne die klassische Kapital-Lebensversicherung bei Kunden, die vor allem aufs Steuersparen ausgerichtet seien, an Attraktivität verlieren.

Alternativen für private Basisvorsorge

Doch habe man bereits "attraktive Produkte" für die neue private Basisvorsorge entwickelt. Der GDV-Sprecherin äußerte sich für die gesamte Branche in ähnlicher Richtung.

Beide zielten dabei auf die so genannte Rürup-Rente ab, die Teil des Gesetzespakets ist. Der Name ist dem Volkswirtschaftsprofessor Bert Rürup entlehnt, von dem die Vorschläge stammen.

Es handelt sich um eine private Rentenversicherung neuen Typs. Sie bietet zwar kein Kapital-Wahlrecht — der Kunde kann also bei Ablauf nicht entscheiden, ob er eine einmalige oder eine regelmäßige Auszahlung wünscht.

Wenn aber ein Vertrag diese und einige weitere Kriterien erfüllt, sind die Prämien ab Anfang 2005 zu einem guten Teil von der Steuer absetzbar.

Neuer Impuls

"Wir glauben, dass dies der Versicherungsbranche einen neuen Impuls geben kann", sagte die Allianz-Sprecherin weiter. "Und wir wollen die ersten sein, die am Markt durch Angebote und Beratung überzeugen können."

Andere Unternehmen sehen die Rürup-Rente weniger optimistisch. So meint Gerhard Panzer, Chef des Münchner Lebensversicherers LV 1871: "Das Produkt müsste vom Gesetzgeber wohl attraktiver gemacht werden, um die Kunden wirklich zu interessieren." So halte er eine Übertragbarkeit der angesparten Ansprüche auf Angehörige für notwendig.

Bisher ist vorgesehen, dass alle Ansprüche verloren gehen, wenn der Versicherungsnehmer stirbt. Nach Angaben Panzers wird sich sein Haus zunehmend auf den Vertrieb von Rentenversicherungen alten Typs verlegen.

Einer der Gründe: In dem Gesetzespaket ist festgelegt, dass der Steuersatz für monatliche Auszahlungen im Vergleich zu den heutigen Sätzen sinkt.

In der Frage, ob der Abschluss einer traditionellen Police bis Jahresende opportun ist, gibt es bei gegensätzliche Meinungen bei Experten.

Manfred Poweleit, Herausgeber des Finanz-Informationsdienstes map-report, rät zu einem solchen Schritt, weil er die Kapital-Lebensversicherung für ein "vergleichsweise sehr gutes Produkt" hält.

Der unabhängige Versicherungsberater Rüdiger Falken rät dagegen grundsätzlich von solchen Policen ab. Sie seien "zu langfristig angelegt, zu unflexibel und zu unrentabel". Im Vergleich dazu sei der Steuervorteil vernachlässigbar, meint Falken.

© SZ vom 28.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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