Wegen Raubkopien:Radikale Preissenkung bei CDs

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Universal Music erkennt die Zeichen der Zeit: Um die wachsende Flut von Raubkopien einzudämmen, senkt der Musikkonzern in den USA seine CD-Preise um ein Viertel und mehr. Die deutsche Musikindustrie setzt hingegen weiter auf die Justiz.

Von Andreas Oldag

(SZ vom 05.09.03) - "Praktisch alle" CDs würden künftig in den USA für 12,98 Dollar (12,04 Euro) angeboten, hieß es bei Universal. Ziel der neuen Strategie sei es, "die Musikfans in die Geschäfte zu bringen und die Musikverkäufe zu steigern". Bisher hatte UMG empfohlene Preise von 16,98 bis 18,98 Dollar.

Nach Zahlen des Internationalen Phonoverbandes (IFPI) kosten Raubkopien die Branche im Jahr 4,3 Milliarden Dollar (knapp vier Milliarden Euro).

Vor allem Kopien über das Internet machen der Branche zu schaffen. Die Verkäufe der Musikindustrie gingen im vergangenen Jahr weltweit um neun bis zehn Prozent zurück. In diesem Jahre erwartet die Branche nach US-Presseberichten einen Rückgang von zehn Prozent.

Gerichte und legale Internet-Angebote

Die deutsche Plattenindustrie setzt dagegen im Kampf gegen die Piraterie im Netz derzeit nicht auf die Preispolitik, sondern auf Gerichte und auf legale Internet-Angebote.

So will Universal Music Deutschland dem Beispiel in den USA zunächst nicht folgen. Firmenchef Tim Renner sprach von einer simplen und intelligenten Vereinfachung des Preissystems in den USA. "Die teilweise enormen Rabatte der großen Handelsketten werden abgeschafft und ein einheitlicher Preis für alle Händler auf geringerem Level, aber ganz ohne Rabatte, eingeführt", erklärte Renner. Preissenkungen auf dem deutschen Markt lehnte er zum jetzigen Zeitpunkt ab.

Zugleich appellierte der Musikchef aber an die Konkurrenz, die Preise flexibler zu gestalten. Der Konzern beobachte die Entwicklung in den USA sorgfältig. "Wenn sich das dortige neue System für den Handel, den Markt und das Haus Universal bewährt, gibt es keinen Grund, nicht auch in Deutschland über Veränderungen nachzudenken", erklärte Renner.

Universal Music, die zu Vivendi Universal gehört, steht in den USA nach eigenen Angaben für einen Marktanteil vor rund 30 Prozent. Das Unternehmen hat Interpreten von Eminem über t.A.T.u bis zu U2, Elton John und Sting unter Vertrag.

"Schreckliche Situation"

"Wir sind in einer schrecklichen Situation, dass unsere Musik gestohlen wird", meinte UMG-Chairman Doug Morris. Unter dem Dach von UMG firmieren Marken wie A&M, Island und Def Jam. "Unsere Marktanalysen besagen, dass die Konsumenten erheblich mehr kaufen, wenn die Preise gesenkt werden", erklärte Zach Horowitz, Vorstandschef von UMG.

Obwohl die großen Musikkonzerne - neben UMG auch EMI, Warner Music und Sony - ihre Preise in der Vergangenheit gelegentlich für bestimmte Sonderaktionen gesenkt haben, ist Universal jetzt der erste Anbieter, der mit einem radikalen Preisschnitt seit Einführung der CD in den frühen 80er Jahren vorangeht.

Branchenexperten fragen sich, inwieweit auch der Einzelhandel bereit sein wird, die Preissenkungen an die Kunden weiterzugeben. Bisher gibt es in den USA noch keine Reaktion aus der Branche.

Preisdruck dürfte weiter bestehen

Nach Ansicht von Analysten an der Wall Street wird der Preisdruck jedoch anhalten. Sie rechnen auch damit, dass Konkurrenten dem Beispiel von UMG folgen. "Es ist besser mehr Kunden zu haben, welche bereit sind, CDs zu kaufen, als die Leute durch eine Hochpreispolitik davon abzuhalten", sagt Josh Bernoff von Forrester Research. Michael Nathanson, Analyst bei Sanford Bernstein, meint, dass der Schritt von UMG überfällig gewesen sei. "Die Frage ist: Werden andere folgen. Ich denke, sie haben keine andere Wahl", so Bernstein.

Nach Meinung von Experten muss die Branche ihr gesamtes Geschäftsmodell ändern, um angesichts des Internet-Booms noch konkurrenzfähig zu sein.

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