Webportal für Frauen:Sex, Klamotten und Diäten

Lesezeit: 3 min

Gründer Andreas von Maltzan verdient mit womanweb.de viel Geld - auch wenn sich auf den Seiten oftmals nur Profanes findet.

Kristina Läsker

Es ist schwer zu sagen, ob Andreas von Maltzan mehr als 20 Minuten ruhig auf einem Stuhl sitzen könnte. Wahrscheinlich nicht. Alle paar Minuten springt der 42-Jährige auf, kramt in irgendwelchen Schubladen in seinem Büro, häuft Fotos und Papiere auf den Schreibtisch. "Da, alles Konzepte für Internetgeschäfte", sagt er und streicht die halblangen Haare zurück. "Hab ich im Studium geschrieben." Klar ist: Dieser Mann hat zwar keine Ruhe, aber einen Haufen Ideen.

Das wäre nicht weiter wichtig, wenn Maltzan nicht mit profanen Inhalten gut Geld verdienen würde. Im Jahr 2000 startete der Wahlmünchner ein Webportal für Frauen, das letztes Jahr 1,8 Millionen Euro umgesetzt hat. Weil im Netz alles englisch heißt, nannte er die Seite womanweb.de: Frauennetz.

Leichter Stoff für Frauen

Ob Liebe, Sex, Klamotten oder die dafür nötige Diät, auf rosa Hintergrund wartet leichter Stoff auf Zielgruppe Frau. "Wir bieten ein breites Spektrum von Kochen über Horoskope bis Fitnesstipps", sagt Maltzan. Also all das, was in jeder Frauenzeitschrift steht und was man nicht nochmal im Netz bräuchte.

Oder doch, wenn man es wie Maltzan clever vermarktet: Während der Printmarkt der Frauentitel nur leicht wächst, legt womanweb.de zu. Im März, so sagt er, hätten täglich knapp 28.000 Nutzer auf die Seite geklickt, vor einem Jahr waren es erst halb so viele. Etwa 30 Prozent der Nutzer seien Männer. "Die melden sich an, um nicht zuletzt Frauen kennenzulernen."

Maltzan betreibt mit seiner Firma Womanweb AG nicht nur diese eine Website - und das sichert ihm den Erfolg. Im Auftrag der Verlage Marquard Media aus der Schweiz und Jahreszeiten aus Hamburg gestalten seine Mitarbeiter insgesamt zwölf Portale im Internet.

Club von womanweb.de

Dazu gehören die Auftritte der Zeitschriften Cosmopolitan oder Joy ebenso wie die von Petra, Shape oder Für Sie. Alle Seiten sind verschieden, mal gelb und spießig, mal pink und poppig, doch sie haben eines gemeinsam: Nutzer können hier umsonst Mitglied in einem Club werden.

Und auf welcher Seite auch immer sie sich anmelden, sie landen in demselben Club von womanweb.de. So kommt die Firma mit ihren zwölf Auftritten zusammen auf mehrere hunderttausend ClubMitglieder und auf "die kritische Masse für Werbekunden".

Es gebe 350.000 registrierte Nutzer, sagt Maltzan. Das bedient zwei entscheidende Erfolgskriterien: Denn große Werber kommen nur zu großen Zielgruppen, und im Netz surfen alle Nutzer dahin, wo die anderen schon sind.

Werbung als Haupteinnahmequelle

Mit der "kritischen Masse" lockt Maltzan Konzerne wie Beiersdorf oder Procter & Gamble: Werbung ist die Haupteinnahmequelle für den Betrieb aus Unterföhring bei München. 60 Prozent der Umsätze werden für Anzeigen auf den Seiten gezahlt. Der Rest stammt aus E-Commerce, also Verkäufen übers Internet oder vorsortierten Werbemails.

Von den Zeitschriftenverlagen erhalten Maltzan und sein Mitgründer Markus Reichenberger kein Geld. Im Gegenteil: Sie müssen je nach Umsatz Geld an die Verlage ausschütten. "Wir nutzen eingeführte Marken und deren Fangemeinden."

40 festangestellte und freie Mitarbeiter bearbeiten die Frauenseiten. Das sind aber zu wenig Menschen, um sich genug pfiffige Inhalte auszudenken. Und so greift Maltzan auf das Hauptprinzip des Web-2.0 zurück: mitmachen. Statt selbst kreativ zu werden, lässt er die Clubmitglieder für sich arbeiten. "Etwa 50 bis 70 Prozent der Inhalte stammen von den Nutzern", sagt er.

Privates online stellen

Ob Fotos, Videos oder Artikel: Mitglieder können Privates auf die Seiten stellen. Das finden viele Fans toll, obwohl das Niveau meist niedrig ist. Es finden sich Bilder von hässlichen Ostereiern, Klatsch zu Deutschland sucht den Superstar, Tagebücher von Frauen, die besser geschwiegen hätten und humorlose Video-Clips. Zumindest die Fülle der Angebote findet selbst Maltzan kritisch: "Wir erschlagen die Nutzer mit den vielen Möglichkeiten."

Im letzten Jahr habe womanweb.de erstmals Gewinn abgeworfen, "etwa eine Viertel Million Euro". Davon haben auch die Mitarbeiter profitiert. 16 Beschäftigte halten Aktien, insgesamt 24 Prozent. Der Rest gehört Maltzan und Reichenberger. Bis 2010 möchten die beiden womanweb.de weiterbetreiben. "Dann suchen wir nach einem Ausstieg." Das könnte ein Börsengang sein oder ein Verkauf.

Und diese Einstellung eint den Betriebswirt mit vielen Internetpionieren: Es geht nicht darum, Firmen auf Dauer zu errichten. Die Internet-Pioniere probieren Ideen aus. Wenn eine gut geht, wird sie so lange verbessert, bis der optimale Moment zum Ausstieg gekommen ist. Und so sind die Unternehmer im Netz so flüchtig wie ihre Kunden. Sie bleiben, bis sich was Besseres findet.

Ideen zu Geld machen

Maltzan hat dieses Spiel schon öfter gespielt und schon mehrere Konzepte aus der Schublade zu Geld gemacht. Von 2003 bis 2006 hat der Mann, der seine Karriere zuerst mit einer Banklehre versuchte, die Dating-Plattform neu.de hochgezogen.

Als diese Beziehungsseite auf ihrem Höhepunkt war, verkaufte er sie für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag an Mitgründer Dirk Stroer. "Jetzt bin ich bin wohl eher vermögend", sagt er. Gelohnt hat es sich: 120.000 DM - "all mein Erspartes" - hat er bisher in seine Firmen investiert.

Ideen fürs Internet hat der unverheiratete Gründer schon in den ersten Berufsjahren entwickelt. Nach dem Studium arbeitete der Diplom-Kaufmann zunächst bei der Hamburger Werbeagentur Springer & Jacoby. Nach drei Jahren ging er zum Fernsehsender Pro Sieben, wo er den Einkaufskanal Home Shopping mit aufbaute.

Es folgten je zwei Jahre als Verkaufsleiter beim Deutschen Sportfernsehen - und als Marketingchef beim Frauensender TM3. Spätestens jetzt wurde klar: Andreas von Maltzan braucht die Frauen - zumindest zum Geld verdienen.

© SZ vom 16.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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