Warenhauskrise:Karstadt-Mitarbeiter wehren sich gegen Lohnverzicht

Lesezeit: 2 min

Die Arbeitnehmer von Karstadt sind trotz der Krise ihres Unternehmens nicht zu "vorschnellen" Kompromissen bereit. Bevor über Verzicht geredet werde, müsse das ganze Sanierungskonzept auf den Tisch.

Betriebsrat und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wollten sich am Montag in Kassel auf eine gemeinsame Strategie für die Gespräche mit der Leitung des Essener KarstadtQuelle-Konzerns an diesem Dienstag in Frankfurt/Main festlegen.

Eine Karstadt-Betriebsrätin deutet beim Treffen der Tarifkommission und des Gesamtbetriebsrates von Karstadt in Kassel auf einen Anstecker. (Foto: Foto: dpa)

Die Arbeitnehmer wehren sich dagegen, dass 77 kleinere Warenhaus- Filialen von insgesamt 181 Häusern ausgegliedert und verkauft werden sollen. Auf dem Spiel stehen insgesamt 30.000 von 100.000 Arbeitsplätzen bei KarstadtQuelle.

Am heftigsten betroffen ist im Konzern der Warenhausbereich. Aber auch im Versandhandel sind Einschnitte geplant.

Der Gesamtbetriebsrat fordert Zugeständnisse auch von der Unternehmensleitung. "Die sollen ein Konzept auf den Tisch legen, über das man reden kann", sagte Gesamtbetriebsratsmitglied Heinrich Gigler am Montag in Kassel.

"Unstimmige Forderungen"

Bisher habe es lediglich unstimmige Forderungen der Firmenleitung gegeben. Schon 2006 wolle Karstadt wieder schwarze Zahlen schreiben, während die Arbeitnehmer für eine viel längere Zeit Opfer bringen sollten.

"Wir wollen erreichen, dass die Arbeitsplätze, Standorte und Einkommen gesichert werden", sagte ver.di-Vorstandsmitglied Franziska Wiethold. "Über Zugeständnisse reden wir erst, wenn die Karstadt-Führung erklärt, inwiefern sie bereit ist, Arbeitsplätze und Standorte zu sichern".

Signale angemahnt

Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit, Rainer Wend (SPD), forderte vom KarstadtQuelle-Vorstand, auf die Belegschaft zuzugehen.

"Wir sitzen in einem Boot" - dieses Signal müsse deutlicher kommen, als das bisher geschehen sei, sagte Wend am Montag im DeutschlandRadio Berlin. Außerdem müsse auch das Management bereit sein, mindestens im gleichen Umfang Beiträge zu leisten zur Sanierung des Unternehmens wie die Beschäftigten.

Unterdessen warnten Politiker von SPD und Union vor einer Eskalation des Konflikts. Der Vorsitzende der CDA, Hermann-Josef Arentz, sagte der Bild-Zeitung (Montag), die Drohungen des Karstadt-Aufsichtsrats, bei Streik Insolvenz zu beantragen, seien nicht hinnehmbar.

"Ich warne die Arbeitgeber, weiter Öl ins Feuer zu gießen und die Beschäftigten zu erpressen", sagte Arentz.

Der Nachrichtenmagazin Der Spiegel schreibt in seiner jüngsten Ausgabe zur Frage, dass die Gewerkschaft ver.di gar auf Streik setzen könnte: ""Dann wäre Schluss", heißt es düster aus dem Aufsichtsrat."

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner forderte die Karstadt-Manager ebenfalls auf, eine Eskalation zu verhindern. "Drohungen dieser Art helfen nicht weiter", sagte Brandner der Zeitung. Um eine Lösung für den angeschlagenen Konzern zu finden, seien stattdessen faire Verhandlungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern nötig.

"Nach hinten gucken nicht hilfreich"

Der neue Vorstandschef von KarstadtQuelle, Christoph Achenbach, räumte unterdessen Management-Fehler ein. "Wir haben eine Reihe von Fehlern gemacht, aber es ist nicht hilfreich, nach hinten zu gucken, wenn man über Lösungen nach vorne nachdenkt", sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung Sabine Christiansen.

Eine pauschale Kritik am Management ließ Achenbach aber nicht gelten. Im Versandhandel habe das Unternehmen bereits in den vergangenen Jahren "stark internationalisiert und spezialisiert".

"Druck von außen extrem groß"

Anders beurteilte Achenbach die Situation bei den Warenhäusern. Die schlechten Zahlen seien "schon länger zu sehen gewesen". Er warf seinen Vorgängern im Amt vor, dass sie "einfach nicht den Mut hatten zu reagieren, weil der Druck von außen auch extrem groß ist, Warenhäuser da zu lassen, wo sie heute sind, sich nicht von den Flächen zu trennen. Da hat man einfach ein bisschen Angst gehabt, die harte Aktion zu fahren."

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: