Währungsmanagement:Lieber auf Nummer sicher

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Nicht mehr einsame Spitze: In Punkto Boni sind die US-Banken den europäischen Häusern längst wieder enteilt. Das setzt die Deutsche Bank unter Druck. (Foto: Thomas Lohnes/Getty Images)

Politische Handelsrisiken wirken sich auch an den Devisenmärkten aus. Firmen suchen daher immer häufiger nach Schutz, um Verluste zu begrenzen.

Von Norbert Hofmann

Vive la France, es lebe Europa", frohlockte Stefan Kreuzkamp, der Chef-Anlagestratege der zur Deutschen Bank gehörenden Deutsche Asset Management nach der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen. Der Etappensieg von Emmanuel Macron ist für ihn ein weiterer Hinweis darauf, dass der Vormarsch populistischer Parteien an Schwung verliert. Anlass zur Freude haben nicht nur Kapitalmarktstrategen, sondern auch deutsche Exporteure. Immerhin ist das Votum ein Signal dafür, dass Macron seine Gegnerin Marine Le Pen auch im Wahlfinale hinter sich lassen wird. Die rechtsextreme Kandidatin des Front National steht für die Abkehr von der EU, eine Rückkehr zum Franc und für Handelshindernisse. Allein schon der Gedanke daran ist für viele Firmenchefs ein Albtraum. Frankreich ist mit rund 101 Milliarden Euro der nach den USA wichtigste Abnehmer deutscher Waren. Eine Isolierung der ohnehin schon schwächelnden französischen Wirtschaft könnte die Nachfrage aus dem Nachbarland empfindlich dämpfen. Zudem zeigen politische Ereignisse wie die Frankreich-Wahl starke Wirkung an den Devisenmärkten. So sprang der Euro gegenüber dem Dollar dank Macron auf den höchsten Stand seit fünf Monaten.

Die Relation des Euro zur US-Währung wiederum gehört für die deutsche Wirtschaft zu den wichtigsten Größen im Außenhandel. Bei einem schwachen Euro müssen Abnehmer für deutsche Produkte weniger Dollar aufwenden und können entsprechend mehr kaufen. Ein starker Euro dagegen schmälert die Absatzchancen, macht dafür aber Importe billiger. Verändern sich die Währungsrelationen, fallen Erträge unter Umständen nicht so hoch aus wie geplant. Wer etwa eine Maschine im Wert von 100 000 Euro an einen US-Kunden auf Dollarbasis verkauft, kann bei einem Euro-Dollar-Kurs von 1,08 mit einem Zahlungseingang von 108 000 Dollar rechnen. Sinkt dagegen die Relation auf 1,03, gehen nur 103 000 Dollar ein. Kein Wunder, dass sich international agierende Firmen schützen wollen.

"Mittelständische Unternehmen sichern rund 70 Prozent ihres Währungsrisikos gegenüber den wichtigsten Absatzregionen außerhalb des Euro-Raums ab", sagt Harwig Wild, Devisenexperte des Bankhauses Metzler. Das betrifft vor allem die Handelsbeziehungen mit den USA und China sowie andere Staaten in Fernost. Üblicherweise nutzen Firmen dazu Devisentermingeschäfte, bei denen je nach Zahlungsziel für einen Zeitraum von drei bis zwölf Monaten von vornherein ein fester Wechselkurs für den Zahlungseingang festgelegt wird. Bei großen Anlagen und langfristigen Projekten sind auch Zeitspannen von mehr als einem Jahr möglich. Eine Alternative sind Optionsgeschäfte. Unternehmen schützen sich da gegen das Überschreiten bestimmter Grenzen der Währungsverhältnisse wie bei einer Versicherung durch die Zahlung einer Optionsprämie.

Vor allem knappe Margen können unter Devisenveränderungen empfindlich leiden. "Der Blick auf die Relation von Gewinnerwartungen und Währungsrisiken zeigt, zu welchem Teil eine Absicherung der betroffenen Liquiditätsflüsse Sinn ergibt", sagt Wild. Ein Währungsmanagement könne Verluste begrenzen und vor extremen Ausschlägen schützen. Die Bereitschaft dazu, so Wild, hat im Zuge von Brexit, Trump und der anstehenden Wahlen in Europa zugenommen. Das spiegelt sich auch in den Preisen für die Absicherung wider. "Die Schwankungsbreite bei den Optionsprämien auf den Euro-Dollar-Kurs etwa ist kurz vor der Frankreich-Wahl auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen", sagt Wild.

Wie es mit der US-Währung weitergeht, hängt jetzt zu einem Gutteil von US-Präsident Donald Trump ab wie von der amerikanischen Notenbank Fed. Die vom Präsidenten angekündigten Steuersenkungen, staatlichen Investitionen in die Infrastruktur und eine Deregulierung des Bankensystems haben an den Märkten die Erwartung einer noch stärkeren US-Konjunktur geweckt. Prompt setzte auch der US-Dollar zu einem kurzen Höhenflug an. Gegenüber dem Stand vom Frühjahr 2014 hat der Euro im Zuge der lockeren US-Geldpolitik sogar schon rund 20 Prozent an Wert verloren.

Deutschen Exporteuren hat das zu besseren Absatzchancen verholfen. Die weitere Entwicklung ist mit dicken Fragezeichen versehen. "Dass Trump mit seinen Plänen im Kongress selbst im eigenen republikanischen Lager auf Widerstand stößt, hat für eine Gegenbewegung in Richtung schwächerer Dollar gesorgt", sagt Thu Lan Nguyen, Devisenanalystin bei der Commerzbank. Sie rechnet bis Ende September mit einer weiteren Aufwertung des Euro. Der Etappensieg Macrons in Frankreich stützt diesen Trend erst einmal. Und dann fordert ja auch der US-Präsident in schöner Regelmäßigkeit einen schwächeren Dollar und damit bessere Absatzchancen für die US-Wirtschaft ein.

Manche Firmen schließen ihre Geschäfte derzeit lieber in Renminbi ab

Die Volkswirte der KfW registrieren wegen der unsicheren Wirtschaftsbeziehungen zu Großbritannien und den USA bereits eine gedämpfte Investitionsbereitschaft. Umso mehr Hoffnungen ruhen auf dem Geschäft in Asien. Im jüngsten ZEW-PwC-Wirtschaftsbarometer China gehen zwei Drittel der deutschen Unternehmen wegen der Sorgen um den US-Markt von intensiveren Handelsbeziehungen mit China aus. Immer mehr deutsche Unternehmen schließen dabei Verträge auf Basis des Renminbi ab, um leichter Zugang zu Geschäften zu bekommen. Währungsveränderungen können sie über den Renminbi Clearing Hub in Frankfurt auch von Europa aus abschließen.

Die Devisenrisiken sind nicht zu unterschätzen. Nachdem die chinesische Regierung 2014 die Anbindung der Währung an den Dollar gelockert hat, befindet sie sich im Abwärtstrend. Dazu tragen das schwächere Wirtschaftswachstum, aber auch die Abwanderung von Kapital bei. "Chinesische Großanleger investieren nach der vorsichtigen Öffnung des Kapitalmarkts viel Geld im Ausland", sagt Analystin Nguyen. Dadurch entstehe Druck auf den Renminbi, der jedoch immer noch indirekt durch staatliche Eingriffe kontrolliert wird. Die Regierung orientiert sich dabei wiederum an einem Währungskorb, in dem der Dollar eine starke Bedeutung hat. "Je stärker die US-Währung sich entwickelt, desto größer wird der Abwertungsdruck auf den Renminbi und umgekehrt", sagt Nguyen. Ohnehin wickeln deutsche Unternehmen einen Gutteil ihres Chinageschäfts nach wie vor auf Dollarbasis ab. An den Auswirkungen der "Trumponomics" führt also auch im Handel mit Fernost kein Weg vorbei.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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