Wachstumskurs:Bertelsmann prüft Einstieg ins Mobilfunkgeschäft

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Der Medienkonzern denkt über eine eigene Marke nach, will aber kein Netz betreiben. Dies wurde auf der Jahrespressekonferenz bekannt.

Von Ulf Brychcy

Bei der Bilanzvorlage in Berlin überraschte Bertelsmann-Chef Thielen mit einer klaren Aussage zu seiner Nachfolgeregelung. "Der Aufsichtsrat hat sich bereits damit beschäftigt", sagte der 62-jährige Manager, der seit Sommer 2002 Vorstandsvorsitzender ist und im August 2007 sein Amt abgeben will.

Bei Bertelsmann geht es wieder aufwärts. (Foto: Foto: ddp)

Der Nachfolger komme aus dem eigenen Haus. "Wir haben sehr gute Leute im Konzern. Es wäre von außen verdammt schwer, diese zu übertreffen", stellte er fest. Die Entscheidung werde im ersten Quartal 2007 verkündet. Namen nannte Thielen nicht. Die Kandidaten rekrutieren sich aber aus dem Bertelsmann-Vorstand.

Zuvor hatte sich Finanzvorstand Siegfried Luther zum Börsengang geäußert, der erstmals im Mai 2006 möglich ist. Sein Unternehmen sei vorbereitet, der Minderheitseigner Groupe Bruxelles Lambert (GBL) des belgischen Investors Albert Frère könne dann sein Anteilspaket von 25,1 Prozent verkaufen.

Kein Interesse an GBL-Anteilen

"Mir sind aber keine Signale bekannt, dass GBL an die Börse gehen wird", sagte der 60-jährige Luther, der aus Altersgründen zum Jahresende aufhört. Er schloss aus, dass der Medienkonzern die Anteile erwerben wird. Der Kaufpreis sei zu hoch, die notwendige Verschuldung würde "alles weitere eingrenzen". Die Familie des Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn will die mit GBL vereinbarte Rückkaufoption ebenfalls nicht nutzen.

Zudem gab der Medienkonzern bekannt, über eine eigene Mobilfunkmarke nachzudenken. Allerdings wolle Bertelsmann kein eigenes Netz betreiben, sagte Hartmut Ostrowski, Chef der Mediendienstleistungstochter Arvato während der Jahrespressekonferenz. Das Unternehmen sei auf alle vier Mobilfunkbetreiber in Deutschland - T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 - zugegangen. Einige seien flexibler als andere, sagte Ostrowski lediglich.

"Wir schalten einen Gang höher"

Thielen kündigte für den Konzern einen Wachstumskurs an. "Wir haben im vergangenen Jahr wieder Gas gegeben, jetzt schalten wir einen Gang höher", sagte er. Dies gelte für alle sechs Unternehmensbereiche.

Der Vorstandschef kündigte für dieses Jahr zwei bis drei größere Akquisitionen an: "Wir verhandeln mit Übernahmekandidaten." Finanzchef Luther nannte einen finanziellen Spielraum von 1,5 Milliarden Euro, "den wir jederzeit investieren können."

Offenbar will sich Europas führender Medienkonzern (RTL, Stern, Buchclubs, Musik, Bücher, Druckereien) im Spiele-Bereich verstärken; die Games sollen über Internet und TV laufen. Außerdem plant Bertelsmann eine eigene Mobilfunk-Marke, um dort auch eigene Inhalte wie Klingeltöne, Videosequenzen und Musik zu zeigen.

Bertelsmann mit seinen 76.200 Mitarbeitern sieht sich in einer starken Verfassung. Der Konzernumsatz legte trotz des starken Euros und der zumeist schwachen Medienmärkte auf 17 (Vorjahr 16,8) Milliarden Euro zu.

Das operative Ergebnis (Ebit) erhöhte sich auf 1,43 (1,03) Milliarden Euro, der Jahresüberschuss nach Fremdanteilen schnellte auf 1,03 Milliarden Euro nach oben. Im Vorjahr waren es 154 Millionen Euro. Die Umsatzrendite (Ebit) zog von 6,1 Prozent auf 8,4 Prozent an.

RTL Group besonders erfolgreich

Thielen will diesen Wert bis spätestens 2007 auf zehn Prozent steigern. Besonders erfolgreich verliefen die Geschäfte bei der RTL Group (Ebit: 668 Millionen Euro), dem Dienstleister Arvato (310 Millionen Euro), der Musiksparte Sony BMG (162 Millionen Euro) und dem Buchverlag Random House (140 Millionen Euro).

Die Zeitschriftensparte Gruner+Jahr (G+J) enttäuschte, nur hier gab es einen Gewinnrückgang, und zwar um 23 auf 210 Millionen Euro. G+J-Chef Bernd Kundrun begründete dies mit hohen Investitionen in neue Titel und anhaltenden Problemen in den USA. "Wir werden aber nun ein starkes Wachstum zeigen", versprach er.

"Fusion mit Sony Music verläuft gut"

Das einst angeschlagene Musikgeschäft musste Restrukturierungskosten von 115 Millionen Euro verkraften, die in diesem Jahr im zweistelligen Millionenbereich liegen sollen. Die Fusion mit Sony Music laufe überplanmäßig gut, sagte Thielen.

Das Sorgenkind Direct Group habe die nachhaltige Ertragswende geschafft, der Gewinn ist mit 32 (4) Millionen Euro aber noch bescheiden. Bei den Buchclubs in Deutschland und England sind weitere Sanierungsschritte geplant.

© SZ vom 18.034.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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