VW wird radikal:"Miserables erstes Quartal"

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Keine schöne Bilanzpressekonferenz - der Gewinn sinkt, der Golf 5 schwächelt. Volkswagenchef Pischetsrieder tritt deshalb auf die Notbremse: Mit Einsparungen in Milliardenhöhe und Stellenstreichungen will er den kränkelnden Riesen wieder auf Kurs bringen.

Europas größter Autobauer Volkswagen reagiert mit dem radikalsten Sparpaket seiner Geschichte auf die anhaltend schwache Autokonjunktur und den Gewinneinbruch 2003. Bis Ende 2005 werde VW insgesamt rund vier Milliarden Euro einsparen, doppelt soviel wie bisher geplant, sagte VW-Chef Bernd Pischetsrieder bei der Bilanzpressekonferenz des Konzerns am Dienstag in Wolfsburg. Zu bereits geplanten Einsparungen von 2 Milliarden Euro kämen zur Ergebnissicherung zusätzliche 2 Milliarden Euro dazu.

In Deutschland bis zu 2500 Stellen weniger

Weltweit will VW zudem rund 5000 Stellen streichen, davon 2000 bis 2500 in Deutschland. Gekürzt werden soll beim "indirekten Personal" im Automobilbereich - das ist das Personal, das nicht direkt am Band steht. Ziel sei eine Stellenreduzierung des indirekten Personals um weltweit effektiv 3,5 Prozent.

Dies solle durch die Vorruhestandsregelung in Deutschland und natürliche Fluktuation erreicht werden. Einen Einstellungsstopp oder Werkschließungen werde es aber nicht geben, sagte Pischetsrieder. VW hat derzeit insgesamt rund 335.000 Beschäftigte.

Sparpaket "For Motion"

Das Sparpaket "For Motion" mit sieben "Themenkreisen" sei in seiner umfassenden Form einmalig für Volkswagen, hieß es. Ziel sei es, Umsatz und Ertrag zu steigern, Kosten zu senken, Investitionen weiter zurückzufahren und die Kapitalbindung im Konzern weiter zu reduzieren.

Den prozentual höchsten Beitrag zur Ergebnissicherung leisteten Veränderungen bei den Produktkosten. So soll der Einbau gleicher Teile in unterschiedliche Modellreihen deutlich ausgeweitet werden. Damit ließen sich die Stückkosten verringern, ohne die "hohen Qualitätsstandards" zu gefährden.

Miserables erstes Quartal

Ins Jahr 2004 ist VW nach den Worten Pischetsreider schwach gestartet. Das erste Quartal werde auch im Vergleich zum Vorjahr "miserabel", sagte der VW-Chef. Neben der schwachen Marktlage belasteten einmalig Neuanläufe für Konzernfahrzeuge wie den Audi A6 oder den Skoda Octavia.

Die sich bislang abzeichnende schwierige Gesamtmarktsituation führe für VW außerhalb Chinas in diesem Jahr voraussichtlich nur zu einer leichten Steigerung des Absatzes. "Über die fünf Millionen Grenze beim Absatz werden wir aber sicher wieder kommen", sagte Pischetsrieder. Vorrangiges Ziel sei es aber, die Ertragskraft zu stärken. Dem müsse sich das Volumen "unterordnen".

Die Börse quittierte die VW-Aussagen in einem insgesamt negativen Bild mit kräftigen Kursabschlägen: Mit einem Minus von bis zu vier Prozent auf unter 38 Euro bildete das VW-Papier vormittags das DAX-Schlusslicht; im späteren Verlauf erholte sich der Kurs allerdings wieder etwas.

Modellpallette soll abermals breiter werden

Pischetsrieder kündigte an, VW wolle künftig in allen relevanten, lukrativen Nischen vertreten sein. So werde sich Seat bei der "Modelloffensive" mit neuen Autos in der Preisposition leicht nach oben entwickeln.

Die Marke Skoda biete im unteren Bereich der Preisskala eine Alternative etwa zu den asiatischen Wettbewebern. Außerdem will VW 2005 in Europa ein Auto in der Preisklasse "deutlich" unter 10 000 Euro einführen. Dessen brasilianische Variante, der Fox, sei bereits ein großer Erfolg.

Zum neuen Golf sagte Pischetsrieder, der Anlauf habe sowohl im Volumen als auch in der Produktqualität "neue Maßstäbe" gesetzt. Der Golf V fahre seit Jahresbeginn allen Wettbewerbern in den Zulassungsstatistiken davon. Allerdings habe sich VW "noch mehr vorgenommen". Seit Mitte Oktober seien bereits 210 000 neue Golf von den Bändern gerollt. Nach Anlaufschwierigkeiten bietet VW den Golf seit einigen Wochen mit einer Gratis-Klimaanlage im Wert von rund 1200 Euro an.

Wunsch für 2004: Leichte Verbesserung

Ungeachtet des verlangsamten Wachstums will VW 2004 das operative Ergebnis des Vorjahres von 2,5 Milliarden Euro vor Sondereinflüssen aber übertreffen. Angesichts des zunehmenden Preisdrucks, der schwachen Konjunktur und der ungünstigen Wechselkurse sei dies ein "durchaus anspruchsvolles Ziel", sagte Pischetsrieder.

2003 hatten hohe Anlaufkosten für neue Modelle, der starke Euro und die Sanierung des Brasilien-Geschäfts das operative Ergebnis nach Sondereinflüssen 2003 auf 1,8 Milliarden Euro (minus 62,6 Prozent) gedrückt. Der Umsatz stieg leicht auf 87,2 (Vorjahr: 86,9) Milliarden Euro. Weltweit lieferte VW 5,015 (4,984) Millionen Autos an Kunden aus.

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