VW vor Tarifrunde:IG Metall fordert vier Prozent mehr Lohn

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Bei den anstehenden Tarifverhandlungen mit VW scheint für die Gewerkschaft eher das Geld im Vordergrund zu stehen, während der Betriebsrat mehr auf Standortgarantien pocht. Die Konzernführung dagegen will die Arbeitskosten stark senken.

Von Meite Thiede

Stundenlang hatten Betriebsrat und IG Metall in der VW-Tarifkommission am Donnerstag um eine gemeinsame Formulierung ihrer Position gerungen. Beide Seiten hatten im Vorfeld erkennen lassen, dass sie in den bevorstehenden Verhandlungen mit VW unterschiedliche Schwerpunkte setzen wollten: Für die Gewerkschaft schien mehr Geld im Vordergrund zu stehen, für den Betriebsrat aber Standortgarantien. Jetzt hat man sich für eine Kombination entschieden.

In Gewerkschaftskreisen hieß es, beiden Seiten sei daran gelegen, einen engen Schulterschluss zu demonstrieren. "Diese Tarifrunde findet unter äußerst schwierigen Rahmenbedingungen statt", sagte Betriebsratschef Klaus Volkert nach der Tagung der VW-Tarifkommission. Die Automärkte seien schwach, "politisch bläst uns der Wind ins Gesicht".

Die Ziele der Arbeitnehmervertreter seien klar: "Wir wollen, dass unsere Arbeitsplätze langfristig zu guten Bedingungen gesichert sind und das Entgelt auch in der Zukunft stimmt."

Die Tarifkommission fordert jetzt Einkommenssteigerungen von vier Prozent und Arbeitsplatzgarantien für die 104.000 VW-Beschäftigten in den sechs westdeutschen Werken.

Dividende

Selbstverständlich hätten die Beschäftigten bei VW den gleichen Anspruch auf "akzeptable" Einkommenssteigerungen wie ihre Kollegen in der Metallindustrie, meinte Hartmut Meine, Verhandlungsführer der IG Metall. Die wirtschaftliche Lage bei VW sei zwar nicht rosig; "solange VW aber den Aktionären eine Dividende zahlen kann, haben auch die Beschäftigten Anspruch auf Teilhabe an den Gewinnen".

Am 15. September treffen sich IG Metall und Volkswagen zum ersten Mal, um über den neuen Haustarifvertrag zu verhandeln. Der derzeitige Vertrag endet am 30. September.

Personalvorstand Peter Hartz wird erst am kommenden Montag zu den Forderungen der Gewerkschaft Stellung nehmen. Seine Position hat er aber schon weitgehend festgelegt. Demnach ist Volkswagen der Meinung, dass die Arbeitskosten bis zum Jahr 2011 um 30 Prozent gesenkt werden müssen. Andernfalls könnten die Jobs in Deutschland nicht konkurrenzfähig bleiben, warnte Hartz. Was konkret er unter Arbeitskosten versteht, sagte er nicht.

Hartz ließ keinen Zweifel daran, dass neue Produktionen - etwa demnächst das Mittelklasse-Modell C1 - künftig konzernweit ausgeschrieben werden. Um in einem Hochlohnland wie Deutschland konkurrenzfähig zu bleiben, brauche man "die flexibelsten Systeme der Welt", hatte er gesagt.

Arbeitszeit, Entlohnung und Weiterbildung müssten flexibler werden. Er will, dass 30 Prozent des Lohns vom Ergebnis abhängig werden und plädiert für eine "demografische Arbeitszeit". Kosten der Weiterbildung will Hartz zwischen Arbeitnehmern und Konzern aufteilen.

VW hat 176.500 Mitarbeiter in Deutschland. Davon unterliegen aber nur 104.000 in sechs westdeutschen VW-Werken dem Haustarifvertrag, dessen Niveau etwa 20 Prozent über dem vergleichbaren Flächentarifvertrag der IG Metall liegt.

"Heißen Herbst" angedroht

Vor wenigen Tagen hatte Konzernbetriebsrat Volkert von einem "heißen Herbst" bei VW gesprochen. Streiks wolle er nicht ausschließen. Unternehmenskenner rechnen allerdings nicht wirklich mit einem Arbeitskampf bei VW.

Tarifverhandlungen verlaufen seit 1993, als Hartz Personalvorstand in Wolfsburg wurde, nach dem Konsensprinzip. Volkswagen konnte flexible Arbeitszeitmodelle, etwa die Vier Tage-Woche, einführen und so Massenentlassungen vermeiden.

Unterdessen sind im mexikanischen Puebla 10.000 Mitarbeiter des Volkswagen-Werkes in den Streik getreten. Sie fordern Gehaltserhöhungen von 8,5 Prozent, während die Geschäftsführung nur 4,45 Prozent anbietet. 60 Prozent der Mitarbeiter hätten dieses Angebot abgelehnt, hat die Geschäftsführung laut der Nachrichtenagentur Reuters mitgeteilt.

In Puebla produziert VW den New Beetle und den Jetta. Das Werk ist vor allem für den Export in die USA wichtig.

© SZ vom 20.08.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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