VW-Tarifverhandlungen:Zeichen einer Annäherung

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Die Gewerkschafter sehen nach den Warnstreiks Schwung in der Diskussion mit Volkswagen - und drohen doch mit weiteren Arbeitsniederlegungen. Unterdessen hat Bundespräsident Köhler eine schnelle Einigung im Tarifkonflikt angemahnt.

mth

Mit mehr Zuversicht als bisher sind IG Metall und Volkswagen am Montag in Hannover in ihre sechste Verhandlungsrunde gegangen. Beide Seiten versicherten, dass sie daran interessiert seien, auf dem Verhandlungswege und ohne Eskalation eine Lösung zu finden. Das Treffen wurde abermals von Warnstreiks begleitet.

In den Werken Braunschweig, Emden, Kassel und Salzgitter beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben mehr als 15.000 Beschäftigte an befristeten Arbeitsniederlegungen. Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Bezirksleiter Hartmut Meine, sagte in Hannover vor Beginn der Verhandlungen, er hoffe, der "Schwung aus den Warnstreiks" werde helfen, dass die Kontrahenten nun einen entscheidenden Schritt aufeinander zugehen würden.

Volkswagen optimistisch

Josef Fidelis Senn, der für Volkswagen die Verhandlungen leitet, äußerte sich ähnlich: Er sei optimistisch, dass man zusammen einen großen Schritt nach vorn machen könne. VW wolle zwar ein Ergebnis, könne aber nur ein "gutes Ergebnis" akzeptieren.

Es geht in den zuletzt festgefahrenen Verhandlungen um einen neuen Tarifvertrag für die 103.000 in den sechs westdeutschen Werken beschäftigten VW-Mitarbeiter. Das unter Ertragsdruck stehende Unternehmen will die Arbeitskosten bis 2011 um 30 Prozent beziehungsweise zwei Milliarden Euro senken und droht damit, andernfalls die für deutsche Standorte vorgesehenen Investitionen ins Ausland umzulenken. Personalvorstand Peter Hartz will eine Milliarde Euro Kostenersparnis bereits in den nächsten beiden Jahren generieren.

Die IG Metall ist von ihrer ursprünglichen Forderung nach vier Prozent mehr Lohn bereits deutlich abgerückt. Zuletzt hatte sie die Forderung halbiert. Ihr ist vor allem daran gelegen, eine schriftliche Beschäftigungsgarantie für die 103.000 Menschen zu bekommen. Hartz hatte in der vergangenen Woche in diesem Punkt Entgegenkommen signalisiert: VW wolle einen "Beschäftigungsatlas" präsentieren, in dem für alle Standorte festgeschrieben werde, welche Modelle dort gebaut und wie viele Mitarbeiter dafür benötigt würden.

IG Metall-Verhandlungsführer Meine kündigte an, dass es am Dienstag Warnstreiks in Wolfsburg und Hannover geben werde, falls die sechste Verhandlungsrunde keine Annäherung bringe. Nach Angaben eines Sprechers rechnete die Gewerkschaft damit, dass diesmal eine Weichenstellung aber möglich sein könnte.

Gewerkschaft will mit VW "innovative Lösungen" suchen

Der VW-Betriebsratsvorsitzende Klaus Volkert appellierte an die Verhandelnden, jetzt Ernst zu machen mit ihren Beteuerungen, die Arbeitsplätze zu sichern. Bisher hätten es bei VW immer beide Seiten verstanden, innovative Lösungen zu entwickeln, um die deutschen Standorte zu erhalten. Dieses Bestreben dürfe jetzt nicht aufgegeben werden.

Hartz warnte am Wochenende davor, dass länger andauernde Streiks negative Auswirkungen auf die Beschäftigung haben würden: "Wenn wir unser Konzept nicht durchsetzen können, geht die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland in den kommenden Jahren dramatisch zurück." Es gehe nicht um betriebsbedingte Kündigungen, sondern darum, dass frei werdende Stellen nicht wieder besetzt würden. Am Montag hatte sich auch Bundespräsident Horst Köhler in dem Konflikt zu Wort gemeldet.

"Ich denke, dass wir alle ein Interesse daran haben, das der Konflikt möglichst bald beigelegt wird", sagte er nach Agenturberichten auf einem Empfang im niedersächsischen Landtag. Das Ergebnis sei für ganz Deutschland als Automobil-Standort von Bedeutung.

© SZ vom 2.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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