VW-Schmiergeldskandal:Sechs Personen, fünf Tage = 165.000 Euro

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Der frühere VW-Betriebsratschef Klaus Volkert reiste auf die Andamanen - und sein Arbeitgeber bezahlte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Michael Kuntz

Gesprächsthema Nummer eins in den Kantinen und Kasinos der Autoindustrie ist derzeit die umstrittene Reise auf die Andamanen von Klaus Volkert, dem ehemaligen Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates im Volkswagen-Konzern.

Für Gesprächsstoff bleibt gesorgt: Fast täglich dringen - von Unbekannten dosiert - neue Details an die Öffentlichkeit.

So flog Volkert nicht nur mit dem inzwischen geschassten Skoda-Personalvorstand Helmuth Schuster und dem fristlos entlassenen Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer auf die indische Inselgruppe.

Wie die Regionalzeitung Wolfsburger Nachrichten in Erfahrung gebracht haben will, wurden Volkert, Schuster und Gebauer von drei Frauen begleitet, "darunter Volkerts mutmaßliche brasilianische Ex-Freundin Adriana B. sowie F-Bel-Geschäftsführerin Dagmar Kalaskova".

Nach dem Vorbild Wolfsburgs

F-Bel ist jene tschechische Firma, an der Schuster und Volkert beteiligt waren. Sie hatte sich um den Umbau eines verwitterten Stadtpalastes in Prag beworben. Skoda wollte hier eine Hauptstadt-Repräsentanz errichten und diese mit einer kleinen Prager Autostadt verbinden - nach dem Vorbild am Konzernsitz in Wolfsburg.

F-Bel bewarb sich vergeblich. Schon deshalb hält man es im Umfeld von VW keineswegs für sicher, dass die Staatsanwälte hier jemals einen strafbaren Tatbestand zutage fördern werden.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen Schuster und Gebauer wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue. Sie sollen Geld mit Hilfe eines Geflechts von mindestens zehn Firmen in acht Ländern auf eigene Konten umgeleitet haben. Schmiergeld soll gezahlt worden sein.

Die Indien-Reise war Ende der vergangenen Woche Anlass für die Ausweitung der Ermittlungen auf Volkert wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Untreue. Die Staatsanwaltschaft hat bisher nur bestätigt, VW habe für die Reise eine sechsstellige Summe bezahlt.

Die Behörde überprüft, ob Geld, das VW für die Reise ausgegeben hat, mit dem Geschäftszweck vereinbar gewesen ist. Ein Sprecher: "Wenn Herr Volkert wissentlich eine so genannte Lustreise mitgemacht hat, die nicht von einem Geschäftszweck gedeckt ist, dann wäre das Beihilfe zur Untreue."

Als Betrag, der für die Andamanen-Reise beim Autohersteller abgerechnet worden ist, wurden zunächst 155.000 Euro genannt, nun sollen es sogar 165.000 Euro gewesen sein. Die Richtung stimmt, ist dazu in Wolfsburg zu hören.

"Die VW-Gruppe"

Dem Zeitungsbericht zufolge führte die Reise Anfang vorigen Jahres für fünf Tage auf die indische Inselgruppe der Andamanen im Golf von Bengalen. Im Hotel der Hauptstadt Port Blair sollen die Reisenden als VW-Gruppe gemeldet gewesen sein.

Von den etwa 200.000 Einwohnern der entlang einer Entfernung von 700 Kilometern verlaufenden 298 Inseln lebt etwa ein Drittel in der Hauptstadt Port Blair, einer ehemaligen Strafkolonie der Engländer.

Reisefachleuten ist es ein Rätsel, wie die VW-Truppe dort in so kurzer Zeit so viel Geld ausgeben konnte, selbst wenn sie First Class flog und luxuriös logierte.

Denn die Lebenshaltungkosten an sich sind auf den Andamanen niedrig: Touristenattraktion von Port Blair ist das frühere Gefängnis Cellular Jail. Hier gibt es täglich um 19.15 Uhr eine Ton- und Lichtshow. Der Eintrittspreis beträgt drei indische Rupien, das sind sechs Euro-Cent.

© SZ vom 26.08.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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