Vorwurf gegen Konzerne:"Heute erpresst Siemens, morgen Daimler, übermorgen MAN"

Lesezeit: 1 min

Der frühere Vorsitzende der IG Metall, Franz Steinkühler, hat die Versuche von Großunternehmen kritisiert, während der Friedenspflicht laufender Tarifverträge die Lohnkosten zu senken. Seine Gegenstrategie: Tarifverträge ohne feste Laufzeit.

"Heute erpresst Siemens, morgen erpresst Daimler, übermorgen erpresst MAN, dann kommt BMW und jeder beruft sich auf den anderen, weil er nicht möchte, dass die Konkurrenz billigere Lohnkosten hat", sagte Steinkühler in einem Interview des Hamburger Magazins stern.

Die IG Metall müsse sich überlegen, ob sie in Zukunft nicht Tarifverträge ohne feste Laufzeiten mit Friedenspflicht abschließen soll. "Dann kann jeder Arbeitgeber jeden Monat nachverhandeln, und die IG Metall kann das auch. Dann herrscht wieder Waffengleichheit."

Steinkühler attackierte die Drohung der Arbeitgeber, die Produktion ins Ausland zu verlagern. Man tue jetzt so, als ob die Lohnkosten die Welt bewegten, dabei machten sie nur einen Anteil von 20 Prozent aus, sagte Steinkühler dem stern.

Angesichts des herrschenden Wettbewerbs um niedrige Lohnkosten müsse man sich fragen: "Wann fordern die Arbeitgeber die Zulassung von Kinderarbeit?".

Schwache Position der Gewerkschaften

Bei fünf Millionen Arbeitslosen seien die Gewerkschaften zwar erpressbar. "Aber die IG Metall muss sich auch ein paar Fragen stellen, um nicht heillos ins Hintertreffen zu geraten", rät der ehemalige IG-Metall-Chef. "Es gibt auch Möglichkeiten, aus einer schwachen Position heraus Widerstand zu leisten."

Das bei DaimlerChrysler Ende vergangener Woche verabschiedete 500- Millionen-Euro-Sparpaket ist laut Steinkühler das Ergebnis einer Erpressung.

"Die Belegschaft in Sindelfingen weiß doch genau, dass sie die Kosten bei Mitsubishi in Japan und andere Abenteuer bezahlt hat", meinte Steinkühler. Dass ausgerechnet diese Belegschaft jetzt bluten müsse, führe zu einer Minderung der Loyalität gegenüber dem Unternehmen, "und das ist nicht produktivitätssteigernd". "Hundertprozentige Hingabe kann ein Unternehmen, dass die Leute so behandelt, nicht mehr erwarten."

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: