Vorstandsgehälter:Die hartnäckigen Sieben

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Die Zahl der Dax-Unternehmen, die sich der Veröffentlichung ihrer Vorstandsbezüge verweigern, ist auf ganze sieben zusammen geschrumpft. Mit jedem weiteren Transparenz-Verweigerer, der umschwenkt, geraten die restlichen stärker in die Defensive.

Von Daniela Kuhr

Manchmal genügt schon das bloße Drohen mit Konsequenzen: Kaum hatte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries im vergangenen Jahr ein Gesetz zur Veröffentlichung der Vorstandsgehälter angekündigt, gaben die ersten Unternehmen nach.

Gegensätze bei der Commerzbank: Die Vorstandsbezüge werden kräftig erhöht. Zuvor wurden allerdings erst einmal die Betriebsrenten gesenkt. (Foto: Foto: dpa)

Wiesen bis dahin nur neun der 30 Dax-Konzerne die Bezüge ihrer Vorstandsmitglieder einzeln aus, so sind es mittlerweile 23. Einige wollen damit zwar erst im kommenden Jahr beginnen, und ein paar beschränken sich auch darauf, das Gehalt des Vorstandschefs offen zu legen; trotzdem dürfte die Justizministerin zufrieden sein.

Denn Zypries hatte von vornherein klar gemacht, dass sie die Transparenz nur im Notfall gesetzlich erzwingen will. Lieber wäre ihr, wenn die Konzerne die Gehälter freiwillig veröffentlichten.

Quote erreicht

Zwei Drittel der Dax-Unternehmen sollten es mindestens sein, damit sie von ihrem Gesetzesvorhaben Abstand nimmt. Diese Quote ist jetzt erreicht, sogar übertroffen. Die Zahl der Transparenz-Verweigerer ist auf ganze sieben zusammengeschrumpft: die Münchener Rück, Linde, Henkel, Fresenius Medical Care, DaimlerChrysler, BMW und BASF.

Und mit jedem weiteren, der umschwenkt, geraten die restlichen stärker in die Defensive. Dabei gibt es durchaus Argumente, die gegen eine Pflicht zur vollständigen Transparenz sprechen.

Da sind zunächst mal die Bedenken aus Gründen des Datenschutzes. Allzu leichtfertig werden sie häufig abgetan. Als der Bundestag 1994 die Pflichtangaben von Unternehmen konkretisierte, fügte er eine Vorschrift ein, die in der gegenwärtigen Diskussion komplett untergeht: Zwar müssen grundsätzlich die Bezüge des Vorstands insgesamt veröffentlicht werden; dies kann jedoch unterbleiben, wenn sich dadurch das Gehalt eines einzelnen Vorstandsmitglieds feststellen lässt - nachzulesen in Paragraph 286 des Handelsgesetzbuches.

Datenschutz

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Vorstand nur aus einer Person besteht oder wenn die Relationen der Gehälter bekannt sind. Der Gesetzgeber hielt diese Ausnahmeregelung für erforderlich, um dem Datenschutz zu genügen; das ergibt sich aus dem damaligen Bericht des Rechtsausschusses.

Wer heute dagegen solche Bedenken vorträgt, wird belächelt - wie Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber, der sich lange gegen die Transparenz gewehrt, schließlich aber doch nachgegeben hat.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, um das es hier geht, wurde 1983 vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil in den Vordergrund gerückt.

Dieses Recht steht nicht eigens im Grundgesetz, sondern ergibt sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht: Jeder könne grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob er personenbezogene Daten preisgibt, entschieden die Richter damals - und schufen damit letztlich ein neues Grundrecht.

Zwar kann der Gesetzgeber Grundrechte einschränken, aber nur, wenn dies zum Schutz öffentlicher Interessen erforderlich und der Eingriff verhältnismäßig ist.

Was ist das Ziel von Zypries' Anliegen? Letztlich will sie das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt stärken. Die Aktionäre, denen das Unternehmen gehört, sollen vor überzogenen Gehältern der Vorstände geschützt werden.

"Öffentliches Interesse"

Schon die Frage, ob das Bundesverfassungsgericht dies als "öffentliches Interesse" anerkennen würde, ist offen. Schließlich gibt es bislang keinen Beweis dafür, dass sich Aktionäre wegen mangelnder Transparenz von einem Unternehmen fern halten.

Gleiches gilt aber auch für die Frage, ob der Einzelausweis überhaupt geeignet ist, vor überzogenen Gehältern zu schützen. Der Blick nach Amerika lässt Zweifel aufkommen. Dort werden seit Jahren die Gehälter einzeln veröffentlicht, und trotzdem übertreffen sie die hiesigen um ein Vielfaches.

Dass der individuelle Ausweis sogar im Gegenteil ein Ansteigen der Bezüge zur Folge haben kann, zeigte sich in der vergangenen Woche bei der Commerzbank. Dort erhöhte der Aufsichtsrat die Gehälter der Vorstandsmitglieder um ein Drittel, um sie "den üblichen Größenordnungen bei Konkurrenten" anzupassen.

Je mehr, desto besser

Wenn Unternehmen die Bezüge einzeln veröffentlichen, bieten sie ihren Aktionären eine Zusatzinformation; je mehr Konzerne das tun, desto besser.

Dies kann jedoch nur auf freiwilliger Basis geschehen. Die von Zypries gesetzte Quote ist mittlerweile erreicht - ihr Gesetzentwurf müsste vom Tisch sein. Darüber aber sollten sich nicht nur die hartnäckigen Transparenz-Verweigerer freuen, sondern vor allem die Justizministerin. Denn es ist sehr fraglich, ob solch ein Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand gehabt hätte.

© SZ vom 01.02.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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