Vontobel:Kinder-Stiftung als Geldversteck

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Erst der Fall Hoeneß, dann ein dubioser Kunde aus New York: Die Bank Vontobel wickelte seltsame Geschäfte ab.

Von C. Boss, T. Plattner, München/Zürich

 - Das Bankhaus Vontobel aus der Schweiz stünde glänzend da, wäre da nicht der Fall Hoeneß gewesen. Der damalige Manager des FC Bayern München hatte bei Devisen-Spekulationen etwa 30 Millionen Euro an Steuern hinterzogen und musste ins Gefängnis. Seine Zockereien hatte Uli Hoeneß über Vontobel in Zürich abgewickelt. Die Bank kostete das 4,5 Millionen Euro Geldbuße. Dem Amtsgericht München zufolge hatte Vontobel die Aufsichtspflichten verletzt und es an einer angemessenen Überwachung mangeln lassen.

Jetzt taucht die Privatbank in den Panama Papers auf, neben vielen anderen Geldinstituten aus der ganzen Welt. Es geht um einen Ex-Kunden aus New York: Chetan Kapur, 42, in Zivilverfahren verurteilt wegen Betrugs, momentan in Haft. Kapur hatte als Finanz-Manager einst mehr als 500 Millionen Dollar an Kunden-Vermögen verwaltet. Manche Investoren verloren Geld und verklagten Kapur 2009 auf 3,7 Millionen Dollar. Sie seien getäuscht worden, so der Vorwurf. Mit diesen Geschäften hat Vontobel nichts zu tun. Die Bank führte aber den geleakten Panama-Dokumenten zufolge ein Konto für eine Stiftung mit dem wohlklingenden Namen "Family and Children Charitable Foundation". Gegründet worden war die Stiftung von der auf Briefkastenfirmen spezialisierten Kanzlei Mossack Fonseca, in Kapurs Auftrag. Die Stiftung diente dazu, Millionenbeträge in der Schweiz zu bunkern; offenbar, um das Geld vor Gläubigern zu verstecken. Die Analyse der Panama-Daten weckt den Verdacht, Vontobel habe ein Geldwäsche-Konstrukt eines Betrügers betreut und möglicherweise weggeschaut, statt die Behörden zu informieren. Die Bank widerspricht diesem Eindruck.

Vor einem halben Jahr, am 2. November 2015, verlangte ein Zürcher Richter von Vontobel die Sperre von 4,7 Millionen Franken auf dem Konto der Panama-Stiftung. Das geschah auf Betreiben der Investoren aus den USA, die Kapur verklagen. Als Begünstigten der Panama-Stiftung nannte die Schweizer Justiz der Bank Chetan Kapur. Hinter der "Foundation" steht inzwischen - dessen Bruder. Ob das Stiftungskonto noch besteht, ist nicht bekannt.

Das Konto bei Vontobel hatte Chetan Kapur im März 2011 eröffnet, als die Millionen-Klagen in den USA gegen ihn längst liefen. Die Stiftung wies von Anfang an Züge einer Tarn-Einrichtung auf. Kapur lieferte das Kapital, er kontrollierte alles, erteilte der Bank via Mossack Fonseca ständig Anweisungen und setzte sich gleichzeitig als Begünstigten ein. Diese Konstruktion hätte bei Vontobel erste Zweifel wecken können, doch die Bank blieb untätig. Selbst als die US-Börsenaufsicht SEC im November 2011 Kapur wegen Betrugs auf mehrere Millionen Dollar verklagte. Im Juli 2012 wurde der Geschäftsmann in New York verhaftet.

Kapur ließ anschließend die Stiftung auf seinen Bruder übertragen. Vontobel fragte nach dem Grund dafür. Kapur antwortete, er habe keine Zeit mehr, sich um die Stiftung zu kümmern. Um das viele Stiftungsgeld kümmert sich seither der Bruder. Als ein US-Gericht Chetan Kapur am 21. August 2013 zu einem Jahr Gefängnis verurteilte, verzichtete die Justiz auf eine zusätzliche Geldstrafe. Kapur hatte behauptet, er lebe von Almosen seiner Familie. Mitte 2015 nahm ihn die US-Justiz erneut in Haft. Vor einer Woche entschied ein Bezirksrichter, Kapur schulde der SEC und anderen Gläubigern mehr als 30 Millionen Dollar und müsse im Gefängnis bleiben. Kapurs Bruder sagt, die Vorwürfe seien falsch.

Vontobel teilte mit, aufgrund der Gesetzeslage zu möglichen Kunden nichts sagen zu können. Die Bank erklärte grundsätzlich, man nutze Dienstleister, die "mögliche Risiken in Geschäftsbeziehungen überwachen". Im Falle eines Strafverfahrens werde eine Bank "stets nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde handeln". Man verwahre sich gegen alle Vorwürfe, man sei den Pflichten, namentlich "Sorgfaltspflichten in Sachen Geldwäscherei", nicht nachgekommen.

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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