Von Berlin nach Hamburg:Umzug der Bahn-Zentrale von langer Hand geplant

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Die Verhandlungen der Bahn mit Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust über ein verstärktes Engagement des Staatsunternehmens in der Hansestadt sind weiter gediehen als bislang bekannt. Kanzlerin Merkel und Verkehrsminister Tiefensee sollen bereits seit Wochen informiert sein.

Wie unternehmensnahe Kreise gegenüber der Berliner Zeitung bestätigten, bot Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) der Bahn für den Fall der vollständigen Verlagerung ihrer Zentrale von Berlin nach Hamburg an, stufenweise Mehrheitsbeteiligungen sowohl an der landeseigenen Hafen- und Logistik AG (HHLA) als auch an der Hamburger Hochbahn AG (HHA) zu übernehmen.

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust sitzt in Hamburg in einem Zug der Bahn. (Foto: Foto: dpa)

Unterdessen regt sich Kritik an der Vorgehensweise der Beteiligten. Experten monieren die direkte Vergabe der Unternehmen. Bevor die Hansestadt mit der Bahn einig werde, müsste sie sowohl HHLA als auch HHA öffentlich ausschreiben.

"Die öffentliche Hand ist gezwungen, bestimmte Verfahrensregeln einzuhalten. Dazu gehören Transparenz und die Nichtdiskriminierung möglicher anderer Interessenten", sagte Jan Endler, Partner der Kanzlei Linklaters gegenüber der Financial Times Deutschland. Ausnahmen von diesem Grundsatz müssten "ausführlich begründet werden". Wettbewerber gibt es bereits: Der Bahn-Konkurrent Connex käme als weiterer Interessent in Frage.

Kritik an Wowereit

Von Beust und der Hamburger Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) übten Kritik an der Haltung des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit im Standortstreit um die Bahn-Zentrale.

Peiner sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Senat und Bahn hätten die Eckdaten für den Kauf schon verabredet. "Wir stehen kurz vor einem 'Letter of Intent'", betonte er. Es seien nur noch die für eine langfristige Zusammenarbeit wichtigen Bedingungen auszuarbeiten.

Wowereits Aufforderung an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich die Pläne von Bahnchef Hartmut Mehdorn nicht gefallen zu lassen und gegen die Verlagerung des bundeseigenen Unternehmens von der Hauptstadt nach Hamburg einzuschreiten, nannte der Finanzsenator Ausdruck des Denkens von SPD und PDS in Berlin, "ausschließlich auf politische Beziehungen und Mitleid zu setzen". Das dürfe nicht "Parameter der Wirtschaftspolitik in Deutschland werden", meinte Peiner. Es gehe "um nichts weniger als die Privatisierungsfähigkeit der Bahn.

Unauffälliger Personalabbau

Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag und Landeschef der Hamburger CDU, Dirk Fischer, sagte der "Berliner Zeitung", wo die Bahn ihre Zentrale habe und ihre Mitarbeiter einsetze, sei "allein Sache des Unternehmens."

Von Beust riet seinem Kollegen Wowerweit im "Hamburger Abendblatt" zur "Mäßigung". Hamburg sei "auch nicht Amok gelaufen, als der HEW-Eigner Vattenfall mit seiner Zentrale nach Berlin ging und als uns Berlin Universal abgezogen hat. Im Gegenteil: Hamburg hat sich da ausgesprochen fair verhalten, und ich denke, das können wir auch erwarten".

Nach Informationen des Abendblattes waren Merkel und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bereits seit Wochen in die Pläne eingeweiht. Der Bahnvorstand habe Mehdorns Vorhaben ohne Gegenstimmen gebilligt. Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller sei ebenfalls informiert worden, berichtet die Zeitung weiter.

Hochbahn-Chef soll in Bahn-Vorstand aufrücken

Sollte das Geschäft zu Stande kommen, wird laut Berliner Zeitung der Vorstandschef der Hamburger Hochbahn, Günter Elste, in den Bahn-Vorstand aufrücken. Elste zählt zu den einflussreichsten SPD-Politikern der Hansestadt und hat sich als Präsident des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen in der Vergangenheit wiederholt für eine verbesserte Finanzausstattung der Nahverkehrsunternehmen wie auch der Bahn stark gemacht.

Der Bahn-Vorstand muss demnächst ohnehin ein Umzugskonzept beschließen, weil der Mietvertrag für den bisherigen Sitz im Bahn-Tower am Potsdamer Platz in Berlin im Jahr 2010 ausläuft. Weil hier die Mieten extrem hoch sind, favorisierte die Bahn bislang einen Umzug an den neuen Lehrter Bahnhof. Bei einer Verlagerung des Konzerns nach Hamburg könnte der von Mehdorn angestrebte Personalabbau in der Zentrale um knapp 400 der bislang 850 Stellen halbwegs geräuschlos abzgewickelt werden.

Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums hatte am Sonntag mitgeteilt, das Bundeskabinett werde sich am Dienstag mit einem möglichen Umzug der Deutsche-Bahn Zentrale von Berlin nach Hamburg befassen. Davor werde es noch Gespräche zwischen der Bundesregierung und der Bahn geben.

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