Volkswagen:Rabatte anstatt Formel 1

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Bei VW muss infolge des schwachen Automobilmarktes einen Traum nach dem anderen begraben werden.

Von Meite Thiede

Es war ein starker Auftritt: Zu seiner letzten Hauptversammlung als Volkswagen-Vorstandschef fuhr Ferdinand Piëch am 16. April 2002 in einem Ein-Liter-Auto vor.

Das Gefährt erinnerte an einen Oldtimer - den Kabinenroller von Messerschmitt aus den fünfziger Jahren. Aber es war das erste verkehrstaugliche Ein-Liter-Auto der Welt. Hinter Piëch entstieg an jenem Apriltag in Hamburg sein Nachfolger Bernd Pischetsrieder dem Wagen. Eine hübsche Inszenierung.

Doch seither ward das futuristische Automobil aus Wolfsburg nicht mehr gesehen. Denn selbst ans Steuer mochte sich Pischetsrieder - rein symbolisch, versteht sich - dort nicht setzen.

Plötzlich nur noch Konzept

Heute redet man in Wolfsburg offiziell nur noch von einer Konzeptstudie, die nur das technisch Machbare zeigen sollte und nie wirklich habe gebaut werden sollen. Das stimmt so nicht.

Piëch hätte schon wollen, aber seit dem 17. April 2002 entscheidet Pischetsrieder in Wolfsburg. Und der kann sich solchen technischen Schnickschnack wie sein Vorgänger nicht mehr leisten.

Der technikverrückte Piëch wollte den VW-Konzern in seiner ganzen technologischen Breite spreizen: an einem Ende das Öko-Auto, am anderen die Luxus-Karosse Phaeton. Das Ein-Liter-Auto wog nur 290 Kilogramm und bestand aus Kohlefaser, Magnesium und Aluminium - Materialien, die aus dem Rennsport bekannt sind. Dieses Auto, so sagte Piëch damals, "ist die Formel 1 von VW".

Pischetsrieder hat mittlerweile ganz andere Sorgen: Alle wichtigen Automobilmärkte sind hartnäckig schwach, die Marke VW schreibt Verluste und muss sparen anstatt sich zu spreizen. Der ganze Konzern wird deshalb wieder auf Normalmaß gestutzt, manch schöne Idee muss wieder in der Schublade verschwinden.

Um die eigens für den schlecht laufenden Phaeton gebaute Gläserne Manufaktur in Dresden auszulasten, wird dort demnächst zusätzlich ein Bentley gebaut. Der Plan vom Microbus, der das Image der Nutzfahrzeuge aufpolieren sollte, ist stillschweigend begraben worden.

Und ausgerechnet der Volkswagen-Konzern, der so lange vom hohen Ross aus versichert hatte, sich an den Rabattschlachten des Wettbewerbs nicht beteiligen zu wollen, legt nun 2000 Euro drauf, wenn ein Kunde sein mindestens vier Jahre altes Auto gegen einen neuen Golf eintauscht. Wo soll da noch Geld für die "Formel 1" herkommen, wenn es im Tagesgeschäft nicht mehr rund läuft?

© SZ vom 15.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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