Volkswagen:"Das Werk müsste das Emblem vorne abschrauben"

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Das Wolfsburger Unternehmen drückt die Limousine Phaeton mit hohen Rabatten in den Markt.

Von Karl-Heinz Büschemann

Die Anzeige liest sich verlockend: "Einem Edelstein machen ein paar Monate nichts aus". So versucht der VW-Konzern sein Luxus-Auto Phaeton an den Markt zu bringen - gebraucht.

In Zeitungen wimmelt es von Angeboten mit Schleuderpreisen für das Fünf-Meter-Flaggschiff des Konzerns, das Ende 2001 auf den Markt kam, um gegen Mercedes, BMW und Audi anzufahren. Doch es verkauft sich nur schlecht.

Wie ein Passat

20.000 Stück des Luxusvehikels, das mindestens 60.000 Euro kostet, wollte der frühere VW-Chef Ferdinand Piëch pro Jahr verkaufen. Der ehrgeizige Versuch scheint misslungen.

Das 2,3 Tonnen-Vehikel, das fatale Ähnlichkeit mit dem Passat hat, verkauft sich nur schleppend. In Wolfsburg ist nur zu erfahren, dass 2004 mehr Phaetons verkauft werden sollen als die mageren 4500 Stück vom vergangenen Jahr.

Die Gläserne Fabrik für den Phaeton, die für 190 Millionen Euro in Dresden gebaut wurde, ist zu weniger als einem Viertel ausgelastet. Das Management denkt längst darüber nach, in dem Werk auch Modelle der britischen VW-Tochter Bentley zu montieren.

Der heutige Konzernchef Bernd Pischetsrieder räumt inzwischen selbst ein, dass dieser Ausflug ins Luxussegment ein Fehler war. Der Phaeton sei "nicht unverwechselbar genug".

Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Gelsenkirchen rechnet vor, dass VW über den Lebenszyklus des Phaeton mit dem Prestigeobjekt rund eine Milliarde Euro Verlust erleiden wird.

"Der Phaeton ist im Markt für Luxus-Autos kein Faktor", lästert ein Konkurrent. In Deutschland wurden 2004 bis Ende August nur 1700 der Autos neu zugelassen. Im ganzen vergangenen Jahr waren es 2900 Stück.

Mercedes verkaufte von seiner S-Klasse 2003 rund Jahr 10.000 Einheiten. Fachleute glauben zudem, dass ein großer Teil der Phaeton-Neuzulassungen vom Werk selbst oder von den Händlern vorgenommen wurden. VW bestreitet das.

Vom Werk subventioniert

Private Käufer finden sich für das technisch anspruchsvolle Fahrzeug offenbar nur wenige - und wenn, dann nur zu großzügigen Rabatten. Die Leasing-Raten für neue Phaetons entsprächen einem Preisnachlass von bis zu 30 Prozent, rechnen Fachleute vor.

Bestenfalls aus zweiter Hand findet die Karosse eine nennenswerte Zahl von Käufern. Zu Leasing-Preisen von unter 500 Euro im Monat rollen ehemalige Werkswagen, die nicht einmal zwei Jahre alt sind, von den Höfen der Händler. Mit Garantie wie für Neuwagen. Ein vergleichbarer Audi A 8 kostet 800 Euro.

"Der Phaeton wird vom Werk subventioniert", räumt der Geschäftsführer eines großen Händlers aus Nordrhein-Westfalen ein. Nach Ablauf der Leasing-Zeit bekommt der Händler für das zurückgenommene Auto vom Werk mehr bezahlt, als der Markt hergeben würde. "Das buchen die sonstwo hin", sagt der Händler.

Gern mache der Konzern auch Paketgeschäfte. Händler, die beliebte VW-Modelle wie das Beetle Cabrio oder Touareg-Geländewagen bestellen, würden bevorzugt behandelt, wenn sie sich noch ein paar Phaetons auf den Hof stellen.

Der erfahrende Auto-Händler sagt auch, was der größte Fehler des Wolfsburger Luxus-Autos ist: Das 14 Zentimeter große VW-Emblem am Kühler schrecke die Kunden ab. "Das Werk müsste das Emblem vorne abschrauben. Ich würde mich damit schämen."

© SZ vom 05.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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