Verkehr:Privatisierung light für Deutschlands Autobahnen

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Baufirmen hoffen auf private Betreibermodelle — und fürchten die Bezahlung unmittelbar aus den Mautgebühren.

Von Elisabeth Dostert

Anfang kommenden Jahres soll sie nun endlich kommen: Die Maut für schwere Lastkraftwagen und mit ihr vielleicht auch ein kleiner Aufschwung für die seit Jahren darbende deutsche Bauindustrie.

Das Verkehrsministerium will erste Ausschreibungen für Mautautobahnen Anfang 2005 starten. Eines der Vorhaben könnte der sechsspurige Ausbau der A8 München-Augsburg sein. (Foto: Foto: ddp)

Sie hofft auf die Erweiterung und Sanierung des Autobahnnetzes über private Betreibermodelle, so genannte Private Public Partnerships (PPP).

Im öffentlichen Hochbau hat sich das Modell bereits bewährt, etwa bei der Sanierung von Schulen. Im Verkehrswegebau gab es bislang deutlich mehr Rückschläge als Erfolge. Das soll nun anders werden.

Zwölf Projekte geplant

Voraussichtlich Anfang 2005 sollen die ersten Aufträge für den Autobahnausbau vergeben werden. "Im ersten Halbjahr könnte das Bundesverkehrsministerium bereits vier bis fünf der insgesamt zwölf als PPP-Projekte vorgesehenen Autobahnteilstücke ausschreiben", sagt Heiko Stiepelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindusstrie und Geschäftsführer des Arbeitskreises Private Finanzierung, dem 40 Firmen angehören.

Alle zwölf Projekte zusammen gezählt handele es sich um 500 Autobahnkilometer mit einem Auftragsvolumen von circa 3,5 Milliarden Euro. Am pünktlichen Start der Maut zweifelt Stiepelmann nicht mehr, allerdings sei ein "gewisses Einführungschaos nicht ausgeschlossen", weil noch Erfassungsgeräte in den Lkws fehlen dürften.

Bei den ersten fünf PPP-Projekten für Fernstraßen handelt es sich dem Vernehmen nach um den Ausbau des Autobahnkreuzes Buchholz-Bremen an der A1, die A5 zwischen Baden-Baden und Offenburg, die A8 zwischen Augsburg-West und München, die A4 zwischen Düren und Kerpen und das Teilstück Waltershausen und Herleshausen einschließlich der Umfahrung Eisenach ebenfalls auf der A4.

Das Modell für das Autobahnnetz sieht vor, dass ein Bauunternehmer oder ein Konsortium vom Bundesverkehrsministerium die Konzession zum Ausbau, Betrieb und zur Unterhaltung eines Autobahn-Teilstückes erhält. Die vom Maut-Betreiber Toll Collect vereinnahmten Maut-Gebühren für den jeweilige Abschnitt fließen dann dem Bauunternehmen zu.

Konkurrenz aus dem Ausland

Die Differenz zwischen den voraussichtlich für den privaten Betreiber nicht kostendeckenden Maut-Einnahmen und den tatsächlichen Kosten für das Autobahnteilstück trägt der Staat als so genannte Anschubfinanzierung.

Den Wettbewerb um das Projekt entscheidet die Höhe der notwendigen Anschubfinanzierung. Den Zuschlag wird voraussichtlich die Baufirma, die am wenigsten Geld vom Staat braucht.

In der Liste der Bewerber dürften sich nicht nur Baukonzerne wie Hochtief, Bilfinger + Berger oder Walter Bau finden, sondern auch Konsortien mittelständischer Anbieter.

Etwa die niedersächsische Autobahngesellschaft MAG Nord, der Firmen wie Hastra Bau oder Kemna angehören, oder die Projektinitiative Mittelständischer Bauindustrie PMB aus Köln. Heftige Konkurrenz dürfte auch aus dem Ausland kommen.

Das Teilstück bei München könnte Stiepelmann zufolge schon im Februar ausgeschrieben werden. In einer so genannten Präqualifikationspha se, die sich etwa sechs Wochen hinziehen dürfte, werden vom Verkehrsministerium verschiedene Firmen angesprochen.

An der eigentlichen Ausschreibung dürften sich dann nur noch bis zu zehn Firmen beteiligen. Der Zuschlag dürfte dann innerhalb eines halben Jahres erfolgen. Der Ausbau der Autobahn zwischen Augsburg und München könnte demnach noch 2005 beginnen - wenn es da nicht noch einen Haken in den Konzessionsverträgen zwischen den Baufirmen und dem Bundesverkehrsministerium sowie dem Bundesfinanzministerium gäbe.

Ausfallrisiko liegt bei den Baufirmen

Die bislang vorliegenden Musterverträge sehen laut Stiepelmann nämlich vor, dass das alleinige Ausfallrisiko für Maut-Einnahmen die Baufirmen tragen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich eine unserer Mitgliedsfirmen auf einen solchen Vertrag einlässt", meint der Verbandsvertreter Stiepelmann.

Im konkreten Fall würde das bedeuten: Sollte es auf der Ebene des Maut-Betreibers Toll Collect zu Einnahmeausfällen kommen - etwa weil das System den Verkehr nicht richtig erfasst - stiege die Kostenbelastung der Baufirmen erheblich.

Dabei könnten sie keinen Einfluss auf die Maut-Erhebung nehmen, da sie selbst nicht vertraglich mit Toll Collect verbunden sind. Unter Führung der Kanzlei Norton Rose Vieregge würden derzeit projektbezogene Konzessionsverträge für die ersten vier Projekte erarbeitet, sagt Stiepelmann. Ob sie dem Wunsch der Bauindustrie entsprechen, das Ausfallrisiko für die Maut dem Bund anzulasten, ist noch völlig offen.

© SZ vom 10.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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