"Verkauft es an den Staat":Venezuela schmiedet neue Staatsbank

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Venezuelas Staatchef Chávez will eine der größten Banken des Landes verstaatlichen. Allerdings: Das Institut gehört der spanischen Santander-Gruppe.

In Venezuela wird offenbar eine der größten Banken des Landes verstaatlicht. Staatchef Hugo Chávez hat in einer Rundfunkansprache die spanische Santander-Gruppe, der die Banco de Venezuela gehört, zu Gesprächen über eine "freundliche Übernahme" aufgefordert.

Geht die Banco de Venezuela bald in Staatsbesitz über? Staatschef Hugo Chávez will eine neue Staatsbank schmieden. (Foto: Foto: Reuters)

Anstatt das Geldinstitut wie geplant an einen venezolanischen Bankier zu verkaufen, solle es lieber an den Staat gehen. Einige Stunden später erklärte der Präsident, die Regierung führe bereits Gespräche mit Santander. Die linksgerichtete Regierung in Caracas hatte in der Vergangenheit bereits andere Unternehmen verstaatlicht.

"Wir werden die Banco de Venezuela zurückholen, um sie in den Dienst der Venezolaner zu stellen, wir brauchen eine Bank dieser Größe dringend", sagte Chávez in einer Ansprache, die im Fernsehen und im Radio übertragen wurde.

"Verkauft es an die Regierung"

Chávez führte aus, er wisse, dass die Santander-Gruppe, die 96 Prozent an dem Finanzinstitut hält, derzeit mit einem venezolanischen Bankier über den Verkauf verhandele. Er verfüge über eine Kopie einer entsprechenden Vorvereinbarung. "Als Staatschef sage ich da: Nein. Verkauft es an die Regierung, den Staat", forderte Chávez.

Ein paar Stunden nach seiner Rede erklärte der Präsident, Gespräche mit Santander hätten bereits begonnen. Er hoffe zu einem fairen Preis "schnellstmöglich eine freundliche Übernahme zu vereinbaren", um einen Konflikt zu vermeiden. Seit 2007 ordnete Chávez bereits die Verstaatlichung von Öl- und Stahlkonzernen sowie von Unternehmen in den Bereichen Telekommunikation, Elektrizität und Zement an.

Laut Chávez bekundete der Staat sein Interesse an der Banco de Venezuela, als er erfuhr, dass Santander zum Verkauf bereit sei. Die spanische Finanzgruppe habe aber entgegnet, die Banco de Venezuela sei nicht vollständig zu verkaufen. Gerüchten zufolge ist der Besitzer der Banco Occidental de Descuento (BOD), Víctor Vargas, an der Banco de Venezuela interessiert. Vargas' Schwager gehört dem spanischen Königshaus an.

Wechselnde Eigentümer

Santander und die Banco de Venezuela gaben zunächst keine Stellungnahme ab. In einem Bericht aus dem vergangenen Jahr hatte Santander auf ein "erhöhtes Risiko" hingewiesen, "dass die venezolanische Regierung verstaatlicht oder ansonsten in die Geschäfte der venezolanischen Tochter eingreift".

Der venezolanische Staat hatte die Banco de Venezuela 1994 in Folge der Finanzkrise übernommen, 1996 ersteigerte Santander sie für 351,5 Millionen Dollar. Heute wird der Wert des Bankhauses mit seinen mehr als 300 Filialen auf 891 Millionen Dollar (571 Millionen Euro) beziffert. Der Gewinn im vergangenen Jahr belief sich auf 325,3 Millionen Dollar.

Chávez hatte vergangene Woche in Spanien König Juan Carlos und Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero besucht, um einen Streit beim Ibero-Amerika-Gipfel im November endgültig beizulegen. Er sagte Spanien die Lieferung von bis zu 10.000 Barrel Öl zu - zum günstigen Preis von 100 Dollar pro Fass. Im Gegenzug solle Spanien medizinische Ausrüstung und andere Güter nach Venezuela liefern. Zudem kündigte Chávez an, die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Venezuela und Spanien würden einer "tiefgreifenden Überprüfung" unterzogen.

© sueddeutsche.de/AFP/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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