Verhaltenes Börsendebüt:"Von Euphorie kann keine Rede sein"

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Während sich Postbank-Chef Schimmelmann mit dem Start der Aktie zufrieden zeigte, waren die Investoren einfach nur erleichtert, dass die Preisdiskussionen nun ein Ende haben.

Von Gerhard Hennemann und Martin Hesse

An der Frankfurter Börse herrschte zum größten Börsendebüt seit mehr als drei Jahren ein Auftrieb, wie schon lange nicht mehr: "Das ist wie früher am Neuen Markt", sagte ein Händler.

Schimmelmann und Zumwinkel setzen für die Aktie auf "Fantasie nach oben". Foto: ddp (Foto: N/A)

Nur die Stimmung war nicht vergleichbar mit der Blütezeit des mittlerweile abgeschafften Wachstumssegmentes. "Es ist gut, dass der Börsengang über die Bühne gegangen ist. Aber von Euphorie kann keine Rede sein", fasste Fidel Helmer, Leiter des Aktienhandels bei Hauck & Aufhäuser, die Atmosphäre zusammen.

Börsenstart mit 29 Euro

Am Abend vorher hatte die Konzernmutter Deutsche Post mit den Konsortialbanken den Ausgabepreis auf 28,50 Euro und damit nahe am unteren Ende der reduzierten Zeichnungsspanne von 28 bis 32 Euro festgelegt.

Zu Handelsbeginn stieg der Kurs auf 29 Euro, bröckelte im Tagesverlauf ab, lag aber um 16 Uhr wieder bei 29 Euro.

Bei dem Börsengang nahm die Post nach eigenen Angaben rund 1,55 Milliarden Euro ein. Die Umtauschanleihe habe nochmals 0,98 Milliarden Euro eingebracht.

Die Post hatte eine Anleihe ausgegeben, um die Ausfälle aus der reduzierten Preisspanne und dem von 82 auf 55 Millionen Aktien verringerten Volumen auszugleichen.

Mehr als 20 Prozent der angebotenen Aktien gingen an Privatanleger. Institutionellen Investoren in Deutschland wie Fondsgesellschaften und Versicherungen seien rund 28 Prozent der Papiere zugeteilt worden, Investoren im Ausland hätten rund 48 Prozent der Papiere gezeichnet.

"Fantasie nach oben"

Der Vorstandsvorsitzende der Post, Klaus Zumwinkel, und Postbank-Chef Wulf von Schimmelmann zeigten sich zufrieden mit dem Börsenstart. Die Postbankaktie habe bereits mit ihrer Erstnotiz gezeigt, dass sie "Fantasie nach oben" besitze, sagte Zumwinkel.

Er freue sich, dass die Postbank in einem schwierigen Marktumfeld weltweit Investoren für die Postbank gefunden habe, was deren Wert innerhalb des Postkonzerns jetzt sichtbar mache.

Investoren eher verhalten

Auch Wulf von Schimmelmann erklärte, dass es gelungen sei, die internationalen Anleger von der Substanz und dem Wertsteigerungspotenzial der Postbank zu überzeugen.

Verhalten äußerten sich Investoren und Anlegervertreter. "Der Start ist genau so gelaufen, wie zu erwarten war", sagte Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Der Händler Helmer sagte, er sei nicht überrascht, dass die Aktie am unteren Ende der Zeichnungsspanne an den Markt gekommen sei.

Vorerst nicht in den Dax

Institutionelle Investoren hätten ihre Zeichnungsaufträge streng limitiert, nachdem klar geworden sei, dass die Postbank wegen einer zu geringen Marktkapitalisierung vorerst nicht in den Dax kommt.

In der Bewertung der Emission waren sich die Beobachter nicht einig. "Der Börsengang hat eine Signalwirkung für den deutschen Kapitalmarkt", sagte Rudolf Ferscha, Mitglied des Vorstands der Deutschen Börse.

Dagegen kritisierte Wolfgang Gerke, Professor für Bank- und Börsenwesen an der Universität Erlangen-Nürnberg, die Postbank-Emission habe ihre Eisbrecherfunktion nicht erfüllt. "Die Post war nicht bereit, sich den Gesetzen des Marktes zu unterwerfen und hat viel zu lange einen überhöhten Preis gefordert."

Deutsche Bank als Verlierer

Keinen Schaden für den Finanzplatz Deutschland sieht trotz der Preisdiskussion ein Sprecher der Fondsgesellschaft Union Investment: "Die Börse ist der Ort, an dem Preise für Unternehmen ermittelt werden. Es hat einen erzieherischen Nutzen, dass öffentlich diskutiert worden ist, welche Parameter den Preis bestimmen sollten."

Als Verlierer der turbulenten Vorbereitung sahen Anlegerschützer die Deutsche Bank. "Sie hat viel von ihrem Ruf als professioneller Konsortialführer verloren", sagte DSW-Vertreter Kurz.

Auch das Image von Postchef Zumwinkel als Pokerspieler habe gelitten, wenngleich die Post schließlich die angestrebte Summe eingenommen habe.

© SZ vom 24. Juni 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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